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Alphonso Davies von Bayern München im Zweikampf mit Rani Khedira von Union.

© Tobias SCHWARZ / AFP

Update

Spitzenspiel der Fußball-Bundesliga: Der 1. FC Union holt einen Punkt gegen Bayern München

Gegen kampfstarke Berliner ist der FC Bayern zwar feldüberlegen, Union hält aber gut dagegen und verdient sich das Remis.

Andras Schäfer lag nach einem Schlag am Kopf auf dem Boden. Neben ihm humpelte Julian Ryerson zur Seitenlinie und nahm dankend eine Wasserflasche entgegen. Nicht einmal eine Stunde hatten sie im Stadion an der Alten Försterei gespielt und schon sah es auf dem Spielfeld aus wie nach einer epischen Schlacht.

Von einem Spitzenduell hatte man im Vorfeld dieser Partie gesprochen. Und obwohl der theoretische Klassenunterschied zwischen den beiden Mannschaften zum Teil deutlich zu sehen war, wurde das Spiel dieser Bezeichnung am Ende gerecht. Im Köpenicker Sonnenschein trafen am Samstag zwei Teams in Topform aufeinander und trennten sich nach einer zumindest emotional mitreißenden Begegnung verdient mit 1:1.

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„Union hat genau das gemacht, was sie stark macht und ligaweit Respekt einbringt”, seufzte Thomas Müller nach dem Spiel. „Dementsprechend ist dieses Spitzenspiel auch unentschieden ausgegangen, und das muss man so akzeptieren”.

Ähnlich geschwärmt hat auch Union-Trainer Urs Fischer. „Wir haben ein Topspiel gezeigt. Obwohl Bayern 70 Prozent Ballbesitz hatten, wurden wir nie passiv. Wir haben immer versucht, gegen den Ball zu arbeiten und ließen uns auch nicht locken,” sagte der Schweizer.

Als das Duell zu Ende ging, wurde es in der Alten Försterei so laut wie es eigentlich nur in der Alten Försterei werden kann. Die Fans sehen sich hier mittlerweile gerne Siege an. Doch was sie wirklich begeistert, ist ein epischer Kampf. Und den bekamen sie geliefert.

Ein Spitzenspiel auf Augenhöhe

Verlieren konnte man in diesem Spiel ja trotzdem nicht. Rein tabellarisch ging Union auf Augenhöhe mit den Bayern in das Spiel. Nach vier Spieltagen hatten beide Mannschaften zehn Punkte auf dem Konto, die Berliner lagen nur wegen des leicht schlechteren Torverhältnisses hinter dem Rekordmeister. Mit einem Sieg, das wusste man vor dem Anpfiff nur zu gut, würde man die Tabellenführung übernehmen.

Erwartet hatte man jedoch eher wenig, und vor dem Spiel stapelte man in Köpenick charakteristisch tief. Im Programmheft wurde daran erinnert, dass der große FC Bayern bis vor Kurzem eigentlich nur zum Benefizspiel nach Köpenick kam, und auf den Rängen herrschte fast schon Pokal-Stimmung. „Wir werden siegen oder verlieren. Das ist egal, wir stehen zu Dir", hieß es auf der Fan-Choreo, die kurz vor Anpfiff das ganze Stadion in Rot-Weiß verhüllte. Nach der langen Erfolgsserie rechnete man hier schon ein bisschen mit dem ersten Rückschlag der Saison.

Den ersten Rückschlag musste Union zudem gleich vor Anpfiff hinnehmen. In der Startelf fehlten mehrere Spieler, die eine Woche zuvor beim 6:1 gegen Schalke brilliert hatten. Weil Janik Haberer bald Vater werden soll, spielte für ihn Andras Schäfer im Mittelfeld. Ebenso nicht im Kader stand der zuletzt so gefährliche Stürmer Jordan Siebatcheu, der wegen „muskulärer Probleme” durch Kevin Behrens ersetzt wurde. Auch Diogo Leite fiel verletzt aus, für ihn rückte Paul Jaeckel in die Dreierkette.

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Auch bei den Bayern wurde nach dem 5:0-Pokalsieg gegen Viktoria Köln heftig rotiert, doch mit den Ressourcen eines Rekordmeisters sieht die Rotation ja bekanntlich etwas anders aus. Thomas Müller und Serge Gnabry standen zwar nicht in der Startelf. Sadio Mané, Manuel Neuer und Jamal Musiala aber schon.

Trotzdem wirkte das Spiel in der Anfangsphase tatsächlich wie ein Spitzenspiel auf Augenhöhe. Die Gäste waren zwar spielerisch überlegen, doch Union kann mittlerweile jeden Gegner überfallen, und das taten die Köpenicker in der 12. Minute auch. Nach einem Foul an Andras Schäfer chippte Christopher Trimmel einen delikaten Freistoß in den Strafraum, den Sheraldo Becker fast nonchalant ins untere Eck leitete. Wie Becker nach dem Spiel zugab, war es eine auf dem Trainingsplatz geübte Variante. 

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Auf den Rängen löste das eine hemmungslose Euphorie aus, die allerdings nur einige Minuten dauerte. Bayern machte sofort Druck, bei Union wurde es in der Abwehr kurz hektisch und Joshua Kimmich sorgte mit einem empörten, zischenden Flachschuss für den schnellen Ausgleich.

Union zeigte sich mutig

Das hätte das Ende vom Spitzenspiel-Gefühl sein können, doch Union zeigte sich nach wie vor mutig und vor der Pause kam es auf beiden Seiten zu weiteren Chancen. Behrens und Trimmel sorgten im Bayern-Strafraum für Unruhe und Leroy Sané hatte zehn Minuten vor dem Seitenwechsel nach einem schönen Zuspiel von Musiala die Führung am Fuß. Nur, weil Frederik Rönnow überragend mit dem Fuß hielt, blieb es beim 1:1.

Auch in der zweiten Halbzeit glänzte Rönnow und war mehrmals souverän zur Stelle, als Union mit dem Rücken zur Wand stand. Einschüchtern ließen sich die Köpenicker aber immer noch nicht, und fast wären sie selbst wieder in Führung gegangen. Der für Becker eingewechselte Jamie Leweling scheiterte aber aus kurzer Distanz an Neuer.

Als ein Distanzschuss der Bayern in der Nachspielzeit am Tor vorbeiging, jubelte die Masse. Die Berliner hatten das Spitzenduell überlebt, und dabei auch eine Menge Respekt von ihrem Gegner verdient. „Dieser Klub ist cool. Das Stadion ist cool. Die Fans sind cool. Urs ist cool”, sagte Julian Nagelsmann, und machte damit nach einem schwierigen Arbeitstag endlich Feierabend. 

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