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Sport: Spuren sichern

Die Staatsanwaltschaft stößt immer weiter in das kriminelle Umfeld vor – und gewährt dem DFB keine Akteneinsicht

Berlin - Sie waren fünf Jahre zusammen, sind es seit zwei Jahren nicht mehr. Seine frühere Freundin sagt: „Er ist ein guter Mensch.“ Er heißt Milan S., ist Inhaber des Café King in Berlin. Nach der Durchsuchung des Cafés durch die Berliner Polizei ist der 39-Jährige in Haft. Es besteht der Verdacht auf gewerbs- und bandenmäßigen Betrug im Zusammenhang mit dem Skandal um manipulierte Spiele des Schiedsrichters Robert Hoyzer.

Wie berichtet, wurden gegen Milan S. und zwei seiner Brüder Haftbefehle erlassen. Der Geschäftsführer der Kneipe kam frei. Von ihren Verteidigern bekamen die Männer offenbar den Rat, zu schweigen. „Bislang haben sich die Verdächtigen nicht zu den Vorwürfen geäußert“, sagt Oberstaatsanwalt Rüdiger Schmidt.

Milan S. lebt nach Aussage seiner Ex- Freundin seit seinem sechsten oder siebten Lebensjahr in Deutschland. Seine kroatischen Eltern seien als Gastarbeiter gekommen. Sein Vater sei mittlerweile tot, die Mutter habe alle drei Söhne allein aufgezogen. „Ich stehe unter Schock“, sagt die Ex-Freundin. Milan S. habe schon während ihrer Beziehung einen Mercedes SLK gefahren. „Er hat viel Geld verdient mit dem Café und dem Automatenaufstellen.“ Ihr gegenüber hätte er nie von krummen Geschäften geredet.

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft konzentrieren sich mehr und mehr auf den Tatbestand der Geldwäsche. Das ist ein Universaldelikt, es wird wie Menschen- oder Waffenhandel auf der ganzen Welt bestraft. Wenn wegen Geldwäsche ermittelt wird, müssen Banken (auch in der Schweiz) Konten offen legen, Telefone dürfen überwacht werden, und das betroffene Land, das um Rechtshilfe gebeten wird, muss Ermittlungen anstellen. „Der Fall Hoyzer ist nicht nur ein sportliches Ereignis, sondern ein krimineller Akt, der in unserer Gesellschaft spielt“, sagt Theo Zwanziger, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB).

Genau deshalb erhält der DFB in der Manipulations-Affäre keinen Einblick in die Unterlagen der Staatsanwaltschaft. Nach Informationen des Tagesspiegel verweigern das die Ermittler. „Auskünfte werden nur erteilt, wenn sie unsere Ermittlungen nicht beeinträchtigen“, sagt Oberstaatsanwalt Schmidt. DFB-Chef Zwanziger bestätigt auf Nachfrage: „Derzeit führen wir informelle Gespräche mit der Staatsanwaltschaft. Einblick haben wir nicht bekommen.“ Es gebe auch noch keinen Zeitpunkt dafür. Ermittler fürchten, dass Spuren beseitigt werden könnten, wenn Spekulationen an die Öffentlichkeit gelangen. Der DFB hatte um Einsichtnahme gebeten, um Vorwürfen gegen Spieler und Vereine nachzugehen.

Vergangene Woche war Hoyzer von Staatsanwaltschaft und Kripo gemeinsam vernommen worden. Zuvor hatte er die Manipulation von Spielen eingestanden und weitere Enthüllungen angekündigt. Gegenüber der Öffentlichkeit und offenbar auch seinem Anwalt Stephan Holthoff-Pförtner hatte er lange alles abgestritten. „Er hat innerhalb einer Schonfrist zur Wahrheit gefunden“, räumt Holthoff-Pförtner auf Nachfrage ein.

Bislang konnte Hoyzer nach Angaben der Ermittler nicht nachgewiesen werden, dass er bei der Vernehmung auch Unschuldige benannt hat, um sich selbst zu entlasten. „Dazu ist es noch zu früh“, sagt Oberstaatsanwalt Schmidt.

Nach dem Geständnis Hoyzers wurde nicht nur das Café King in Berlin durchsucht, sondern auch Hoyzers Wohnung in Salzgitter. Außerdem wurde ein „ehemaliger Gewerbebetrieb von Milan S.“ in der Berliner Urbanstraße und dessen Eigentumswohnung durchsucht. Im Café King wurden Wettscheine in Millionenhöhe gefunden. Zudem wurden drei Nobelautos vom Landeskriminalamt beschlagnahmt. Sie stehen nun in einer bewachten Sicherstellungshalle der Polizei.

Um die mutmaßlichen Hintermänner des Schiedsrichterskandals hat sich eine illustre Schar Berliner Strafverteidiger geschart. Die Verdächtigen lassen sich unter anderem von Robert Unger, Klaus Gedat und Johannes Eisenberg vertreten. Unger ist auch als Anwalt von Egon Krenz aufgetreten, Presse-Experte Eisenberg vertritt die Tageszeitung taz und Gedat hat unter anderem den Zuhälter Boris B. verteidigt, dessen Geschäfte Michel Friedman in Verlegenheit brachten.

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