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Und druff! John Isners Spiel war recht effektiv.

© Getty Images via AFP/AL BELLO

Tennis-Hüne John Isner hört auf: Das Ende der Aufschlagmonster

John Isners Rezept im Tennis war einfach: Den Ball hochwerfen und draufhauen. Er war einer der letzten seiner Art. Eine Würdigung.

John Isner hat das letzte Einzelmatch in seiner Tenniskarriere abgeschlossen, wie so häufig im Tiebreak. Der Grund ist ein einfacher: Der US-Amerikaner war im Tennis das, was gemeinhin und wenig schmeichelnd als „Aufschlagmonster“ tituliert wird. Über 14.000 Asse hat der 38-Jährige in seiner Karriere geschlagen, mehr als jeder andere vor ihm.

Sein Aufschlag war kaum zu returnieren. Allerdings gelang es dem vergleichsweise schwerfälligen 2,08 Meter großen Sportler wiederum nur selten, seinem Gegner den Aufschlag abzunehmen, was oft in den Tiebreak mündete.

Seine große Aufschlagstärke verhalf John Isner zu 16 Einzeltiteln auf der Tour. Das letzte Spiel verlor er am Donnerstag bei den US Open gegen seinen Landsmann Michael Mmoh 6:3, 6:4, 6:7 (3:7), 4:6, 6:7 (7:10). Danach vergrub er seinen Kopf in ein Handtuch und vergoss ein paar Tränen.

Das taten auch Tennis-Nostalgiker. Das Aufschlagmonster hat mit John Isner jetzt wohl endgültig die Tennis-Bühne verlassen. Es ist nicht so, dass es keine guten oder gar sehr guten Aufschläger mehr gäbe. Wenn zum Beispiel der Deutsche Alexander Zverev einen guten Tag erwischt, dann ist auch an sein Service nur schwer heranzukommen.

Ohne funktionierenden Aufschlag hätte er kein Match gewonnen

Der Unterschied zu Isner aber ist, dass Zverev sich nicht zwingend auf seinen Aufschlag verlassen muss, um ein Spiel zu gewinnen kann. Isner ohne funktionierenden Aufschlag dagegen hätte vermutlich nicht ein einziges Match auf der Profitour gewonnen.

Es hat mal eine Zeit im Tennis gegeben, da war das Aufschlagmonster hoch im Kurs. Noch in den Neunzigern bestand ein Punktgewinn nicht selten aus einem, manchmal aus zwei und maximal drei Ballwechseln. Die Stärke von Spielern wie Greg Rusedski, Mark Philippoussis, Goran Ivanisevic oder – noch etwas später - Andy Roddick bestand im Wesentlichen darin, den Ball hochzuwerfen und selbigen mit weit über 200 Kilometern pro Stunde ins Feld des Gegners zu knallen. Auf schnellen Belägen wie auf Rasen in Wimbledon führte das häufig zum Erfolg.

Tennis-Ästheten missfiel die Ballerei zusehends. So sind im Laufe der Zeit die Plätze langsamer geworden, die Bälle weicher und demzufolge die Ballwechsel länger geworden. Die dominierenden Spieler auf der Tour sind Laufwunder wie der Spanier Carlos Alcaraz, der Serbe Novak Djokovic oder der Norweger Casper Ruud.

John Isner mit seinen 2,08 Metern wirkte dagegen wie jemand aus einer anderen Sportart, vorzugsweise Basketball oder Volleyball. Es war nicht immer schön, wie er seine Spiele gewann oder verlor. Aber auf eine Art war diese Effektivität faszinierend. Den Ball hochwerfen und draufhauen. Nicht mehr und nicht weniger. Bei John Isner stand am Ende dieses sportlichen Purismus meist ein Ass.

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