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Smidt (Bildmitte) erzielte im ersten Spiel gegen Hoffenheim gleich das 1:0 für ihr Team.

© Camera4/Imago

Turbine Potsdams Karoline Smidt: Von der Reha-Patientin zur Kapitän

Zwei Jahre war sie verletzt, jetzt startet Karoline Smidt bei Turbine Potsdam endlich durch – und das gleich spektakulär.

Wenn Karoline Smidt ihr ganz eigenes Fußball-Abc buchstabiert, landet sie immer wieder beim „K“. K wie Knie, Knorpel oder Kapitänin. Im Sommer 2018 kam die Dänin von ihrem Heimatverein Fortuna Hjørring zum 1. FFC Turbine Potsdam. Was für die damals 24-malige dänische Nationalspielerin der nächsten Karriereschritt sein sollte, wurde der Beginn einer Leidenszeit.

Noch bevor sie ihr ersten Spiel bestreiten konnte, zog sich Smidt einen Knorpelschaden im linken Knie zu. Statt die Stadien und Plätze der Bundesliga kennenzulernen, entdeckte sie das Potsdamer Umland. Fast täglich pendelte sie zwischen Potsdam und Fichtenwalde, wo sie „sehr, sehr viel Training“ mit einem Physiotherapeuten absolvierte. Als sie nach fast zwei Jahren im vergangenen Februar im Heimspiel gegen die SGS Essen für die letzten drei Minuten eingewechselt wurde, „war das ein unglaublicher Moment“, sagt sie und meint: „Mir hätten auch 20 Sekunden gereicht.“

Ein halbes Jahr später ist vieles anders. Turbine hat mit dem früheren Hertha-Profi Sofian Chahed einen neuen Trainer, Fußballspiele finden unter strengen Hygienevorschriften statt und Karoline Smidt ist Kapitänin des Traditionsklubs, der im nächsten Jahr 50 Jahre alt wird.

Dass Chahed die Mittelfeldspielerin zur Spielführerin bestimmt hat, habe sie schon „ein bisschen überrascht“, sagt Smidt. Doch der Trainer habe während der Vorbereitung schnell die Führungsqualitäten und die positive Art zu kommunizieren der Dänin identifiziert, die mit 26 Jahren bereits zu den älteren Spielerinnen im Turbine-Team zählt. „Meine Einstellung zum Spiel oder zum Training ändert das nicht“, beschreibt Smidt die Wirkung des Kapitänsamtes.

Im zweiten Saisonspiel verletzte sie sich schon wieder - diesmal an der Schulter

Sie ist ein absoluter Teamplayer, stellt sich nicht über, sondern immer in den Dienst der Mannschaft. Und ihr - um fast zwei Jahre verspäteter Start in die Bundesliga glückte vielversprechend: Beim 3:1-Auftaktsieg gegen Hoffenheim und beim 2:2 gegen Meppen gelang ihr jeweils ein Treffer. Doch im zweiten Spiel verletzte sie sich an der Schulter, was sie für vier Wochen zur Kapitänin außer Dienst macht.

Das Heimspiel am Mittwoch gegen den SC Freiburg (17 Uhr, Karl-Liebknecht- Stadion) und die Partie am kommenden Samstag beim MSV Duisburg wird sie noch verpassen. Aber Warten hat sie gelernt. „Oft ist es besser, etwas geduldiger zu sein", sagt Smidt. Zeit sei bei einer Verletzung das wichtigste Heilmittel. Dabei blieben die zwei Jahre nach ihrer Knorpelverletzung nicht frei von Zweifeln. „Wenn es so lange dauert, nagen schon Fragen, ob es noch einmal wird“, gesteht sie.

Aber in ihrer DNA ist Fußball fest verankert. Ihre Mutter Lone Smidt Nielsen spielte 57 Mal für die dänische Nationalmannschaft, Vater Niels Nielsen ist gleichfalls ein ehemaliger Fußballer und Trainer. „Ich war immer verrückt nach allem was rund ist“, erzählt Smidt. Mit vier Jahren begann sie Fußball zu spielen, „ich habe nie etwas anderes gemacht.“ Mit 18 gab sie 2012 ihr Debüt im dänischen Nationaltrikot, im Jahr darauf spielte sie bei der Europameisterschaft.

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Für den 1. FFC Turbine Potsdam gab es keinen Zweifel, die Mittelfeldspielerin nach der zweijährigen Verletzungspause zu behalten. Im Sommer verlängerte der Klub den Vertrag um ein weiteres Jahr. Und Karoline Smidt ist sehr gern geblieben. „Potsdam“, sagt sie, „ist inzwischen eine sehr familiäre Geschichte.“

Sportlich bietet ihr die Bundesliga genau das Level, um wieder fit zu werden und sich weiterzuentwickeln. Die Rückkehr ins dänische Nationalteam ist ihr Ziel, das sie von Potsdam aus anvisiert. Auch wenn der sechsfache Deutsche Meister und zweimalige Europapokalsieger seit mehreren Jahren den potenten Liga-Größen des VfL Wolfsburg und des FC Bayern München den Rang abgetreten hat und die internationale Bühne der Champions League von anderen Klubs bespielt wird, fühlt sich Karoline Smidt genau richtig an der Havel. „Für mich ist Champions League nicht alles“, sagt sie, wobei das Ziel durchaus greifbarer wird: In dieser Saison werden sich die ersten drei Teams der Bundesliga für die europäische Königsklasse qualifizieren.

„Unser Ziel ist der dritte Rang“, formulierte dieser Tage Trainer Chahed das Saisonziel und vermutet, dass sich Turbine mit Eintracht Frankfurt, der TSG Hoffenheim und auch der SGS Essen um diese Position duellieren wird. Die ersten vier Spiele hätten bereits einen guten Eindruck vermittelt, wie sich die Saison entwickelt. Nach drei Siegen und einem Unentschieden steht Turbine aktuell auf dem vierten Tabellenplatz.

Für Karoline Smidt wird es erst in der übernächsten Woche weitergehen, wenn mit dem FC Bayern München ein Titelaspirant ins heimische Karl-Liebknecht-Stadion kommt. Bis dahin wird sie tun, was sie gelernt hat: sich gedulden. Nur bei einer Sache geht es ihr offenbar nicht schnell genug. Ein Instagramfoto, auf dem sich langsam eine Tasse mit Espresso füllt, hat sie unterschrieben mit „Ungeduldig warten!“ „Ich mag Kaffee sehr“, sagt sie. Noch ein „K“, das zum Bild der Dänin gehört.

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