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Als Team funktionieren die Volleys bislang gut. Einen Leader, der auch mal vorangeht, gibt es allerdings in dieser Saison nicht.

© IMAGO/Nordphoto

Wenn keiner vorangeht : Das Volleys-Problem mit dem Leader

Bei den BR Volleys fehlt in dieser Saison jemand, der vorangeht. Das bietet zwar Chancen, könnte aber auch noch zum Problem werden.

Ein bisschen war am Mittwochabend der Wurm drin. Denn so richtig wollte es beim ersten Heimspiel der BR Volleys in diesem Jahr gegen die SVG Lüneburg über weite Strecken nicht klappen. Zwar gelang den Berlinern am Ende ein 3:1-Sieg, diesen mussten sie allerdings hart erkämpfen. Während die Lüneburger, die in der Tabelle auf Platz fünf liegen, sich auf beeindruckende Weise gegenseitig pushten und jeden Punkt lautstark bejubelten, hatten die Berliner teilweise Schwierigkeiten, die Stimmung hochzuhalten.

Erst im dritten Satz begann Außenangreifer Timothée Carle das Zepter zu übernehmen und einen Ball nach dem anderen mit voller Wucht ins gegnerische Feld zu hämmern. Mit seiner Stärke schien er auch den Rest des Teams anzuspornen und ein Stück weit mitzuziehen. Dennoch spiegelte der Abend auf treffende Weise ein Phänomen wider, das bei den BR Volleys seit Beginn der Saison immer wieder auftaucht: Das Problem mit dem fehlenden Leader, also einem Spieler, der vorangeht, der das Team aus schwierigen Situationen mental herausholt und in entscheidenden Spielsituationen antreibt.

Irgendwie kommt das Team zwar zurück, auf seine Art und das muss man akzeptieren.

Kaweh Niroomand

„Das ist eine Sache, die wir ein bisschen vorausgesehen haben“, sagt Volleys-Manager Kaweh Niroomand. „Irgendwie kommt das Team zwar zurück, auf seine Art und das muss man akzeptieren. Aber die klassische Formation, wie man sie aus Sportmannschaften kennt, bei der es ein oder zwei Spieler gibt, die vorangehen, haben wir in der Tat nicht.“ In der vergangenen Saison übernahm diese Rolle vor allem der russische Zuspieler Sergej Grankin, der die Mannschaft allerdings im Sommer verließ. Durch seine internationale Erfahrung und seine Reife gelang es ihm vor allem jüngere Spieler mitzuziehen und anzutreiben. Aber auch Ex-Diagonalangreifer Benjamin Patch trieb seine Teamkollegen durch seine motivierende und fröhliche Art an und half ihnen aus mental herausfordernden Situationen..

Das neue Profil bietet Chancen

In dieser Saison sollte die Rolle des Leaders wohl der spanische Nationalspieler und Zuspieler Ángel Trinidad übernehmen. Der verletzte sich allerdings an der Hand, musste sich einer Operation unterziehen und seither pausieren. Die Rolle des Kapitäns übernahm seither Ruben Schott und Johannes Tille unterstützte das Team als Zuspieler. „Wir haben keine Spieler, die Alphatiere sind“, sagt Niroomand, „sondern wir mussten neue Wege finden und es als Mannschaft machen. Bislang ist uns das als Gemeinschaft, als Kollektiv gut gelungen.“

Trainer Cédric Énard, der nach dem Sieg sichtlich erleichtert aussah, zufolge könnte es aber auch zum Problem werden, dass sein Team über keinen Leader verfüge. „Vor allem, dann wenn es in die entscheidenden Spiele geht und wir mal keinen guten Tag erwischt.“ Dennoch habe sein Team in der ersten Hälfte der Saison gelernt, ohne einen großen Leader wie Grankin auszukommen und stattdessen gemeinsam auf schwierige Situationen zu reagieren. „Es geht um Teamwork und darum, gemeinsam alles zu geben. Unser Profil ist anders, aber das ist okay.“

Tatsächlich gelang es den Volleys immer wieder sich zurückzukämpfen, wenn sie zwischenzeitlich zurück lagen, auch in herausfordernden Duellen auf europäischer Ebene. In der vergangenen Saison war es eher so, dass die Volleys entweder 3:0 gewannen oder aber unterlagen. Und auch im Pokal scheint das neue Profil nicht unbedingt einen Nachteil darzustellen, im Gegenteil: Erstmals seit 2019 stehen sie wieder im Finale und haben die Möglichkeit, alle nationalen Titel abzuräumen. Insofern könnte das neue Profil auch Chancen bieten – ein Motivationsschub von Carle oder Schott kann aber sicher von Zeit zu Zeit trotzdem nicht schaden.

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