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Leisetreter. Der Fußball ist in der Bundesliga nicht mehr so laut wie früher.

© Thomas Faehnrich/dpa

Wie sich Sport ohne Zuschauer anhört: Hertha, wir hören nichts!

Bundesliga-Fußball klingt jetzt neu, doch was ist mit den anderen Sportarten? Das Virus lehrt uns hinzuhören, dazuzulernen und unser Gehör zu schulen.

Es ist fast geschafft, ein Bundesliga-Spieltag ohne Störgeräusche, Proteste oder neue Coronavirus-Fälle. Und resümieren wir mal wohlwollend: Viele Beteiligte und Fernsehzuschauer stellen erleichtert fest, dass Fußballspiele ohne Zuschauer besser sind als keine Fußballspiele.

Dass aber die Bundesliga an ihrem Rückkehrwochenende ohne die Stimmung von den Rängen akustisch ungewohnt und daher scheinbar seelenlos daherkommen würde, war klar. Die Fernsehzuschauer konnten das Spiel sehen und lesen, riechen konnten sie es nicht. Nur mit etwas Vorstellungsvermögen war klar: In den Stadien roch es am Wochenende nicht nach Bier und Bratwurst, sondern nach Desinfektionsmittel und frischer Frühlingsluft. Doch was gab es zu hören: Den dumpfen Klang, wenn der Ball getroffen wurde. Die Rufe der Spieler, das Klatschen der wenigen Menschen, die Rummelplatz-Mucke-Einspieler nach den Toren – und das Jubeln der Profis von Hertha BSC, die sich so herzlich herzten, als habe es nie eine Krise gegeben. Sonst hätten wir ja schon vor dem Schirm gedacht oder gesungen: Hertha, wir hören nichts!

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So klingt nun die Bundesliga, wir werden uns dran gewöhnen, denn wir gewöhnen uns ja an vieles, um zu überleben. Vor drei Monaten hätte noch kaum ein lebenslustiger Mensch geglaubt, dass ein Leben ohne Restaurantbesuch auch möglich sein kann. Auch wenn es für die meisten Berliner nicht schön ist, wie sich am Wochenende mit der Wiedereröffnung der gut frequentierten Gaststätten in der größten Stadt des Landes ablesen ließ.  

Was aber nun, wenn wir nun doch länger dem Sound of Sport lauschen müssen, der sonst im Gejohle und Gejubel der Zuschauer übertönt wird? Es könnte eine lohnende Erfahrung sein, auch außerhalb des Fußballs.

Wie klingt Schach?

In der Formel 1 zum Beispiel ist das akustische Erlebnis, das uns bei der avisierten Fortsetzung der Saison erwartet, nicht schwer zu prognostizieren. Der Fernsehfan wird nicht aus der Gewohnheit gerissen. Es wird so laut wie immer, das Motorengeräusch dröhnt auch im Normalfall die Rufe von 100.000 Menschen nieder. Den Gestank denken sich die treuen Formel-1-Fans, die nicht ins Stadion dürfen, bitte nur dazu..

Auch im Tennis wird es einfach, da müssen die Zuschauer während der Ballwechsel ja eh den Mund halten, das Geploppe der Bälle und das Gestöhne der Spielerinnen und Spieler kennen wir ja schon. Und abseits der Ballwechsel – nun ja, da wird ein Wimbledon-Endspiel wie eine Trainingssession im Aorangi Park klingen.

In der Halle dagegen können wir uns auf ungetrübte Quietschgeräusche der Handballer-, Basketballer- und Volleyballer-Schuhe freuen. Dazu kommt dann der stumpfe Ton bei der Landung der Protagonisten, im Volleyball wahrscheinlich besonders laut. Die Bälle, in diesen Sportarten geworfen oder gehauen, werden auch charakteristische, stumpfe Klangteppiche erzeugen. Klingt alles etwas nach Schulsport und sofort haben wir alle den Turnhallenmief in der Nase..

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Am Sound sollte übrigens auch der Radiohörer nach etwas Schulung leicht erraten können, wer denn da durch die Luft hüpft. Andere Töne werden ja sogar noch einfacher zuzuordnen sein: Wenn ein Hammer an eine Plexiglasscheibe knallt? Eishockey. Stöhnende Geräusche von Sandsäcken, die aufeinanderprallen? American Football. Plitsch platsch? Schwimmen oder bei mehr platsch Turmspringen. Nichts zu hören? Schach.

Wir lernen also womöglich dazu, schulen unser Gehör. Coronavirus sei Dank. Vielleicht werden wir das ein oder andere Geräusch des Sports sogar vermissen, wenn wieder Zuschauer im Stadion sind. Oder auch nicht.

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