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Bestechung, Schwarzgeld, Raffgier - Fußballfans müssen beim Blick in die Zeitung so einiges durchmachen.

© Reuters

Willmanns Kolumne: Skandale, Randale und kein bisschen Frieden

Im immerwährenden Almanach der Bösartigkeit, Korruption und Raffgierigkeit belegt unser geliebter Fußball in jedem Fall einen der vorderen Plätze, findet unser Kolumnist Frank Willmann. Bei einem Blick in die Zeitungen, bleibt nichts als Schaudern und blankes Entsetzen.

Ein Herr Breno, Kicker bei Vizemünchen, steht aktuell vorm Kadi. Weil er sein Haus angezündet haben soll. Breno hat sich den Titel "Ewiges Talent" in den letzten Jahren hartnäckig erarbeitet. Er stammt aus einfachen Verhältnissen, posierte gern vor schnellen Autos und ging in der Melange aus großem Geld, Unterschichtenherkunft, Sportverletzungen und dem drögen Alltag eines Profifußballers unter. Irgendwann kulminierte die Geschichte. Der tragische Höhepunkt ein familiärer Streit, die Frau flüchtet mit den Kindern, er zündet die Bude an. Bayern hat seinen Vertrag nun nicht verlängert, ein bitteres Schicksal, aber Breno ist halt zum Kicken verpflichtet worden.

Arglist und Korrumpelei. Neben diverser Skandale um Fifa-Boss Blatter und dem Gewimmel blatterscher schwarzer Schäfchen, sticht außer der Türkei augenblicklich ganz besonders der italienische Fußball hervor. Alles Mafia, oder was? Ist der italienische Fußball nur dazu da, um Schwarzgelder zu waschen, zu mehren und mit illegalen Methoden neue Schweinereien zu realisieren? Der chronische Bestechungsskandal in Italien wird von Herrn Rossi, seines Zeichens abgedankter, doch verdienter Balltreter, als  "Markenzeichen des italienischen Fußballs" bedichtet. Der Herr muss es wissen, stand er doch Jahrzehnte im Auge des Sturm. Mama Mia, möchte man greinen, wenn als Höhepunkt der italienischen Oper Italiens Ministerpräsident Mario Monti donnert: "Man muss sich fragen, ob eine zwei- bis dreijährige Aussetzung nicht vorteilhaft wäre". Monti meint damit die Aussetzung der italienischen Meisterschaft. Italien ohne Erstligafußball, das Land würde in Chaos und Anarchie versinken. Ein durchaus reizvolles Szenario, diese Mischung aus Mad Max, die letzten Tage im Führerbunker und Herr der Ringe.

Fußball-Berlin keucht die nächsten Wochen unter Herthas Dauerhaschmich. Obzwar die schlauen Mitglieder inzwischen den Abstieg akzeptieren, hält sich in der halsstarrigen Chefetage die Meinung, vom DFB verschaukelt worden zu sein. Rein Schiri technisch. Klar hat sich der Pfeifenmann nicht sehr clever verhalten, aber deshalb gleich die Käseglocke der gigantischen Unschuldsengelei zu schütteln? Wäre es nicht aus geschäftlichen Gründen angesagt, sich mit den Tatsachen zu arrangieren und die neue Saison zu planen? Ich freue mich auf die Derbys gegen den 1. FC Union Berlin und Energie Cottbus. Glühende Herzen, volle Stadien, einzigartige Choreographien, lokales Gedöns mit gepflegtem Bims dahinter.

Wäre da nicht unser Innenminister, der plötzlich und unerwartet die Peitsche des gestrengen Vatis schwingt. Er hat die Stehplätze als Grund allen Übels und aller Randale im Stadion erkannt. Und ignoriert aufs Vortrefflichste die eigentliche Lage des Problems. DFB und DFL müssen den Dialog mit den Fans wieder aufnehmen. Man muss sich auf Seiten der Fußball-Funktionäre und der Fußball-Geschäftemacher endgültig von der Mär verabschieden, es mit unmündigen Konsumenten zu tun zu haben, die man mit einer Klatschpappe abspeisen kann.

Wir leben im Jahr 2012, die Fans sind organisiert und vernetzt, da können Entscheidungen nur im Dialog fallen. Vor zwanzig Jahren war für Vereine und DFB Pyrotechnik kesse Masche, nun soll sie Gefahr für Leib und Leben sein. Beide Parteien müssen einen Schritt aufeinander zugehen. Die nachdenklichen, gemäßigten Kandidaten nach vorn.

Wenn Generalbundesanwalt Range in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 25.05.  allerdings tönt: „ Notorische Hooligans, die als Rowdys bekannt sind, könnten eine elektronische Fußfessel bekommen. Die müssen dann zu Hause bleiben.“, frage ich mich, auf welchem Planeten ich lebe.

Seine Forderung entspricht weder der gegenwärtigen Gesetzeslage, noch ist sie Konsens der gegenwärtigen Regierungsparteien. Die elektronische Fußfessel, unter Fachmännern: Elektronische Aufenthaltsüberwachung genannt, ist aufgrund des erheblichen Grundrechteeingriffs nur unter strengen Voraussetzungen für wenige Einzelfälle der Schwerstkriminalität rechtlich zulässig. Wen die „elektronische Fußfessel“ ziert, der ist rund um die Uhr dauerüberwacht. Diese mögliche Grundrechteeinschränkung von Fußballfans trägt den Muffelgeruch repressiven DDR-Denkens.

Höchste Zeit für die Sommerpause möchte man unken, doch da naht ja schon mit gruseligem Gegröle die Fußball-Europameisterschaft der Männer. Wär`s die der holden Maiden, kein Weg könnte näher sein als der Fluchtweg auf eine einsame Insel ohne Internet. Doch old Schweinebacke, Polnishman Poldi & den Exschalker Manu wollen wir Banausen des Frauenfußballs schon kicken sehn. Zu tief sitzt der Schmerz des vergeigten Champions-League Finales der Bayern in der deutschen Fußballseele. Robben, du armer Wicht! Warum hat dein greiser Trainer dich den Elfmeter treten lassen? Eine Frage für die Ewigkeit. Früher, als alles besser war und wir gegen englische Mannschaften noch jedes Elfmeterschießen gewannen, genügte ein fieser Wimpernschlag und all die englischen Schützen machten sich in die Hose.

Elfmeterschießen ist reiner Herzinfarkt, Fußball von seiner unmenschlichsten Seite. Das wollen wir!!! Dramen in Osteuropa, Null zu Null oder Eins zu Eins Spiel bis zur 120. Minute. Dann dies Schmachten vor der Glotze, der Versuch sich hinter der Chipstüte oder der Bierflasche zu verstecken! ARRRRGH! Macht schon mal die Notoperationssäle klar.

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