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Es passieren noch Zeichen und Wunder. England hat einen guten Torwart und gewann gegen Kolumbien im Elfmeterschießen.

© Victor R. Caivano/AP/dpa

WM-Kolumne: Liebesgrüße aus Moskau: Warum England die WM nicht gewinnen darf

Die Engländer könnten es in Russland weit bringen. Sollten sie die WM gewinnen, könnten ein paar Soziologen bei einem Glas Rotwein aber auf komische Ideen kommen. Eine Glosse.

Entgegen anders lautender Gerüchte ist die Fußballweltmeisterschaft immer noch im Gange. Angeblich sollen ein paar Versprengte die Angelegenheit in Russland weiter verfolgen. Unter uns: Ich zähle dazu. Sie auch?

Also: Wenn man davon ausgeht, dass die spielerisch und technisch stärkste Mannschaft den Sieger stellt, dann kann der Weltmeister nur Frankreich heißen. Aber wovon kann man schon ausgehen, bei dieser Weltmeisterschaft? Manche Favoriten waren gar nicht dabei, andere sind frühzeitig ausgeschieden.

Auch Frankreich verlor das jüngste Finale der Fußball-Europameisterschaft vor zwei Jahren im eigenen Land gegen ein viel schwächeres Portugal, das zudem noch nach 25 Spielminuten ohne Ronaldo auskommen musste, nachdem der sich verletzt hatte.

Auch England könnte noch Weltmeister werden. Die Engländer haben eine grundsolide, durchschnittliche Mannschaft, mit einem guten Teamspirit und einem noch besseren Torwart. Mit dieser Mixtur könnten Sie es diesmal wirklich weit bringen. Wer sich mit dieser Sportart nicht so auskennt: Die Engländer haben den Fußball erfunden, aber aus dieser Erfindung praktisch nichts gemacht.

Immer schieden sie in irgendeinem Viertelfinale im Elfmeterschießen aus. Oder sie waren schon vorher draußen, weil ihr Torwart durch eine slapstickartige Bewegung den Ball ins Tor rutschen ließ, was ja öfter vorkam.

Nur einmal war es anders, bei der Weltmeisterschaft im eigenen Land, 1966. Da landeten sie dann einen höchst zweifelhaften Finalsieg.

Ob England wegen des Brexits so gut spielt? Quark!

Ich weiß nicht mehr genau, gegen wen es damals ging und möchte auch absolut unparteiisch sein: Aber moderne Messungen haben ergaben, dass das Spielgerät beim Führungstreffer zum 3:2 zwei bis drei Meter vor der Linie auftrumpfte, mindestens!, aber das wollen sie bis heute nicht wahrhaben, auf der Insel. Stattdessen beklagen sie ihrerseits irgendeine Benachteiligung bei einem WM-Spiel in Südafrika, wo der Ball angeblich im Tor gewesen sein soll – aber ich kann mich an die Zusammenhänge nicht mehr genau erinnern, obwohl ich die Begegnung live miterlebt habe.

Wie dem auch sei. Zu Recht hat sich vor ein paar Tagen an dieser Stelle ein Kollege über die vermeintlichen Parallelen von Politik und Sport lustig gemacht. Auch mir hat es bis heute nicht eingeleuchtet, dass irgendeine Verbindung zwischen Willy Brandts Demokratieverständnis und Günter Netzers wehenden Haaren bestanden haben soll.

Sollten nun aber die Engländer gewinnen, wird das alles wieder von Neuem losgehen.

Dass England nämlich durch den Brexit zu nationaler Souveränität und Stärke zurückgefunden habe und all dieses Gequake. Während Flüchtlings-Deutschland nicht mal die Vorrunde übersteht. Von anderen Ländern wie Griechenland, Italien oder der Türkei ganz zu schweigen.

Man muss nur suchen, man findet immer was. Und so läuft das dann, wenn fußballaffine Soziologen bei einem Glas Rotwein auf der Sommerterrasse irgendwelche Verknüpfungen herstellen, die sich weder beweisen noch widerlegen lassen.

Verknüpfungen, die dann wie Khedira im Raum rumstehen.

Frank Lüdecke

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