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Zum Tod von Paolo Rossi: Addio campione

Vor der WM 1982 ging es nur um Diego Armando Maradona und um Zico. Doch der Superstar dieses Turniers wurde: Rossi. Paolo Rossi!


Als am 11. Juli 1982, um kurz vor zehn in einer warmen spanischen Sommernacht, der letzte Pfiff des Schiedsrichters ertönt; als Paolo Rossi, 25 Jahre alt, die Gewissheit hat, dass er gerade das Höchste erreicht hat, was man als Fußballer erreichen kann – da schießen ihm zwei Gedanken durch den Kopf. Zwei Gedanken, die nicht zusammenpassen, sich im Grunde sogar widersprechen. Zum einen ist da ein Gefühl tiefer Erfüllung, dass er jetzt Weltmeister ist. Vor seinen Augen läuft noch einmal der Film seines Lebens ab, Bilder seiner Kindheit, Szenen aus seiner Karriere. So hat es Paolo Rossi vor einigen Jahren einmal erzählt. „Anderseits war ich enttäuscht, dass es vorbei ist. Das Glück währt nur einen Augenblick. Dann ist es vorbei.“

Obwohl Paolo Rossi schon mit 30 seine Karriere beenden musste, hat er als Fußballer auf eine lange Liste an Erfolgen zurückschauen können. Er war Torschützenkönig in der Serie B und der Serie A. Er ist mit Juventus Turin Meister und Pokalsieger geworden, hat mit dem Klub zudem den Europapokal der Landesmeister und den der Pokalsieger gewonnen. Aber seine Erfolge als Vereinsfußballer standen immer hinter dem großen Triumph als Nationalspieler zurück. Rossis ganze glänzende Karriere ist vor allem auf einen Augenblick reduziert worden: auf die Fußball-Weltmeisterschaft 1982 in Spanien.

In den Wochen vor dem Turnier ging es vornehmlich um die Frage, wer wohl als Superstar des internationalen Fußballs aus dieser WM hervorgehen werde: Diego Armando Maradona aus Argentinien oder doch der Brasilianer Zico? Die Antwort lautete: Rossi. Paolo Rossi!

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Schon vier Jahre zuvor, bei der WM in Argentinien, hatte der schmächtige Stürmer drei Tore erzielt, er galt als große Hoffnung des italienischen Fußballs – und wurde zu seinem gefallenen Helden. Weil Rossi in den Bestechungsskandal Totonero verwickelt gewesen sein soll, ist er Anfang der achtziger Jahre für zwei Jahre gesperrt worden. Er selbst hat seine Beteiligung an Spielmanipulationen immer bestritten; trotzdem darf er erst im April 1982 auf den Platz zurückkehren, wenige Wochen vor der WM in Spanien.

Und die ganze Welt weinte mit

Das Turnier beginnt gar nicht gut, weder für die Squadra Azzura noch für Rossi. Italien beendet die Vorrunde mit drei Unentschieden, qualifiziert sich zwar für die zweite Finalrunde, trifft dort aber in einer Dreiergruppe auf die beiden Turnierfavoriten Argentinien und Brasilien. Im letzten Spiel gegen Italien reicht den Brasilianern ein Unentschieden zum Einzug ins Halbfinale, doch weil die Südamerikaner als Apologeten des Jogo Bonito auch in dieser Partie auf Teufel komm raus stürmen, werden sie am Ende vom Killer mit dem Engelsgesicht erlegt. 3:2 siegen die Italiener, Paolo Rossi schießt alle drei Tore.

Dieser 5. Juli 1982 ist für Zico bis heute der Tag, „an dem der Fußball starb“ – weil die Zweckmäßigkeit über die Schönheit siegte. „Ich habe Brasilien zum Weinen gebracht“ – so hat Rossi seine Autobiografie genannt. Und die ganze Welt weinte mit.

Das 1:0 gegen Brasilien ist Rossis erster Treffer für die Nationalmannschaft seit drei Jahren. Und es ist nur der Anfang. Im Halbfinale gegen Polen erzielt Paolo Rossi beide Tore zum 2:0, und im Endspiel bringt er seine Mannschaft gegen Deutschland nach einer knappen Stunde mit 1:0 in Führung. Im Fünfmeterraum ist er mit der Stirn einen Tick vor seinem Bewacher Karlheinz Förster am Ball. „Dieses Tor definiert wie kein anderes, das ich erzielt habe, meine Qualität“, hat Rossi später gesagt. „Weil ich dem Verteidiger diese wertvolle Zehntelsekunde gestohlen habe.“

Weltmeister, WM-Torschützenkönig, Ballon d’Or: 1982 ist das Jahr in der Karriere des Paolo Rossi. Ein besonders intensiver Augenblick des Glücks. Nach langer, schwerer Krankheit ist er nun mit 64 Jahren gestorben.

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