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Brandenburg: Mutter stürzte sich mit Tochter in den Tod

36-Jährige sprang mit ihrem dreijährigem Kind von Hochhaus in Potsdam Oberbürgermeister will klären, ob die Familie vom Jugendamt betreut wurde

Familientragödie in Potsdam: Eine 36-jährige Frau hat sich gestern Morgen im Wohngebiet Schlaatz mit ihrer dreijährigen Tochter aus einem Hochhaus gestürzt. Die Frau war sofort tot. Das Kind wurde von einem Notarzt reanimiert, starb jedoch wenig später ebenfalls.

Nach Angaben der Polizei war die 36-Jährige am Morgen mit ihrer Tochter von ihrer Wohnung im Stadtteil Waldstadt in die Straße Schilfhof am Schlaatz gefahren. Von einem Balkon im 14. Stock eines der beiden 15-stöckigen Hochhäuser sprang sie mit dem Kind in die Tiefe. Eine Zeugin hatte den Sturz der beiden Menschen auf ein kleines Vordach gesehen und kurz nach acht Uhr Polizei und Rettungskräfte alarmiert, die mit mehreren Einsatzwagen an dem Hochhaus vorfuhren. Doch für Mutter und Tochter kam jede Hilfe zu spät.

Die 36-jährige, verheiratete Frau habe einen Abschiedsbrief hinterlassen, sagte Polizeisprecherin Angelika Christen. Zum Inhalt machte sie keine Angaben. Die Potsdamerin sei der Polizei aber bereits von einem Suizidversuch im August 2007 bekannt gewesen. Damals soll sie mit ihrer Tochter im Auto losgefahren sein und ihrem Mann per SMS angekündigt haben, von einem Hochhaus zu springen. Polizisten konnten sie damals jedoch in einer der oberen Etagen eines Hauses orten und die Tat in letzter Minute verhindern. Nach dem Selbstmordversuch sei die 36-Jährige in psychiatrischer Behandlung gewesen. Offenbar litt sie unter Depressionen.

Ob das Potsdamer Jugendamt über den ersten Suizidversuch informiert worden ist und die Familie betreut hat, soll „kurzfristig geprüft werden“, sagte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). Er habe veranlasst, dass untersucht werde, ob die Familie in der Verwaltung bekannt gewesen sei und „wenn ja, ob es Hilfsangebote gegeben hat“.

Nach Informationen des Tagesspiegels hatte die Frau keine weiteren Kinder. Jakobs drückte sein „größtes Bedauern“ aus, den Angehörigen gelte sein tiefstes Mitgefühl. Er hoffe, dass die Staatsanwaltschaft anhand ihrer Ermittlungen die Hintergründe schnell aufklären kann. Nach Angaben der Polizei werde zunächst die Kriminalpolizei ein Ermittlungsverfahren zum Todesfall einleiten.

Am Ort des tragischen Geschehens kamen gestern Nachmittag immer wieder Bewohner der umliegenden Häusern zusammen. Oft wurde gefragt, ob die Frau und das Kind aus der Nachbarschaft kamen. Am Vordach des Hochhauses hat die Wucht des Aufpralls der beiden eine tiefe Delle hinterlassen. „Das ist jetzt schon das dritte Mal hier passiert“, sagte ein Anwohner – und er wohne erst wenige Jahre in einem der zwei hohen Gebäude. In die beiden Häuser zu gelangen, ist offenbar nicht schwierig. Zudem sind die Türen ungesichert, die zu den gemeinschaftlich genutzten Balkonen auf jeder Etage führen. Von einem dieser Balkone soll gestern auch die 36-Jährige gesprungen sein.

Im Jahr 2006 haben sich in Potsdam laut dem jüngsten Statistischen Jahresbericht der Stadtverwaltung zehn Menschen das Leben genommen – sieben Männer und drei Frauen. Die Zahlen variieren jedoch von Jahr zu Jahr stark. So töteten sich im Jahr 2005 laut Statistik 21 Potsdamer selbst, 2003 waren es sogar 28 – im Gegensatz zu zwölf Menschen im Jahr 2001. Vor allem Männer wählten den Freitod. Deutschlandweit liegt die Selbsttötungsrate laut statistischem Bundesamt bei 14 Personen je 100 000 Einwohner – damit liegt Potsdam über dem Durchschnitt. Generell gilt die Selbstmordrate in den neuen Bundesländern als deutlich höher im Vergleich zum Gebiet der alten Bundesrepublik.

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