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© ddp

Potsdam: Zurück aufs Schloss

Acht Attika-Figuren auf dem Gebäude der Humboldt-Uni sollen Potsdams Landtag schmücken.

Berlin/Potsdam - Die steinernen Damen und Herren oben auf der Humboldt-Universität Unter den Linden empfangen selten Gäste. Studentenschaft wie Lehrkörper sind nur zu geistigen Höhenflügen angehalten, der Besuch des Daches ihrer Alma Mater ist ihnen verwehrt – anders als den Arbeitern, die im Sommer 2008 das Dach reparierten. Ähnlich hemdsärmeliger Besuch könnte dort in absehbarer Zukunft wieder auftauchen, und dann wäre mit der Attika-Pracht teilweise erst mal Schluss. Die jeweils vier Figuren auf dem westlichen und östlichen Seitenflügel standen nämlich ursprünglich auf dem Potsdamer Stadtschloss und kehren mit dessen Wiederaufbau als Sitz des Landtags möglicherweise zurück.

Das alles ist in den beteiligten Institutionen, der Universität, der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG), der Denkmalpflege und vor allem der Brandenburger Landesregierung seit langem Thema, gewann jetzt aber durch den demnächst anstehenden Baubeginn in Potsdam und die Antwort von Brandenburgs Finanzminister Helmuth Markov (Linke) auf eine Kleine Anfrage der CDU-Abgeordneten Saskia Ludwig neue Aktualität. Die acht Figuren in Berlin seien nur eine „Leihgabe“, und die Generaldirektion der SPSG prüfe, ob diese im Zusammenhang mit dem Neubau zurückgeführt werden können, heißt es darin.

Das heutige Universitätsgebäude war 1748/49 für Heinrich von Preußen, den jüngeren Bruder Friedrichs II., gebaut worden, der junge Goethe, im Frühjahr 1778 im Gefolge seines Landesherrn Herzog Carl August von Weimar in der Stadt, war dort zum Essen geladen. Damals waren die insgesamt 14 Figuren, allesamt Liebespaare aus der griechischen Mythologie, noch komplett und unversehrt – bis zu den Bombenangriffen des Zweiten Weltkriegs, dem sie weitgehend zum Opfer fielen. Die sechs Attika-Figuren des Mittelteils wurden 1952/53 in der Dresdner Zwingerbauhütte neu geschaffen und wieder auf dem Dach postiert. Auf die beiden Kopfbauten stellte man dagegen acht Figuren aus Potsdam, ehemals Schmuck des dortigen Stadtschlosses, das im Krieg ebenfalls schwer beschädigt und 1959/60 nach langer Debatte abgerissen worden war.

Die Potsdamer Figuren seien 1966 „als Leihgaben“ in Berlin aufgestellt worden, schrieb vor einigen Monaten Angelika Keune, Kustodin der Humboldt-Uni, in einer hauseigenen Publikation. Jeweils vier seien den berühmten friderizianischen Barockbildhauern Joachim Gottlieb Heymüller und Leonhard Storch zuzuordnen. Seit 2007 liege ein Katalog der SPSG zum Skulpturenschmuck des Stadtschlosses vor, der die Aufstellung der originalen, in Berlin befindlichen Figuren in Potsdam empfehle. „Es ist also höchste Zeit, dass Universitätsleitung, Denkmalpflege und SPSG ins Gespräch kommen.“ Christoph Markschies jedenfalls, Präsident der Universität, ist offensichtlich gesprächsbereit über die Zukunft des steinernen Schmucks. Seine Sprecherin Mirja Behrendt verwies gestern auf seine Stellungnahme vom Freitag, wonach sich die Universität „konstruktiven Lösungen niemals verweigern“ werde.

Allerdings wären die Figuren aus Berlin für das Potsdamer Stadtschloss nur ein Anfang. Ursprünglich zierten 76 überlebensgroße Sandsteinfiguren den Bau, der von 1744 bis 1752 durch Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff zum Barockschloss umgebaut worden war. Nur 17 Figuren, einschließlich derer in Berlin, sind erhalten, von weiteren 18 gibt es Fragmente. In seiner Antwort auf die Anfrage wies Minister Markov darauf hin, dass die Replatzierung des alten Bauschmucks, also auch der Attika-Figuren, nicht Bestandteil des zwischen dem Land und dem holländischen Bau-Konsortium BAM geschlossenen Projektvertrages sei, sondern durch Spenden finanziert werden müsse. Allerdings werde die Firma die Postamente in der Rampenbrüstung vorbereiten, „die Aufstellung der Attika-Skulpturen wird also möglich sein.“ Andreas Conrad

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