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Streit um Uferweg: Grundstücksenteignung als letztes Mittel

Für den öffentlichen Uferweg am Griebnitzsee legte Potsdam den Entwurf eines neuen Bebauungsplans vor. Das Projekt soll nahezu 13 Millionen Euro kosten und spätestens im Juni 2012 beschlossen werden.

Im Konflikt um den Griebnitzsee startet Potsdam einen neuen Anlauf. Die Stadt legte am Mittwoch den Entwurf für einen Bebauungsplan vor, der den öffentlichen Weg auf dem ehemaligen Postenweg der DDR-Grenzer sichern soll. Die Kosten dafür beziffert die Verwaltung auf knapp 13 Millionen Euro: 3,5 Millionen Euro für den Kauf der benötigten Grundstücke, 3,8 Millionen Euro für Entschädigungen der privaten See-Anrainer, 4 Millionen Euro für den Bau des Wegs, 1,5 Millionen Euro Gerichtskosten und Rechtsanwaltshonorare.

Das Stadtparlament werde den Uferplan im besten Fall im Oktober 2011 und spätestens im Juni 2012 beschließen können, sagte Baubeigeordneter Matthias Klipp (Bündnisgrüne). Bis der Uferweg gebaut wird, dauere es wahrscheinlich bis 2015 – denn die Stadt geht fest davon aus, dass private Anrainer erneut gegen den Bebauungsplan klagen. Erweist er sich als juristisch korrekt, müssten sich die Anrainer dem Vorhaben der Stadt fügen, ein Wegerecht einräumen oder die Flächen für den Weg an die Stadt verkaufen. Lehnten sie beides ab, werde Potsdam zum „letzten Mittel“ Enteignungen greifen, sagte Klipp.

Den ersten Uferplan Potsdams hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) Ende Mai 2009 kassiert: Die Stadt habe die Bedeutung des Privateigentums missachtet, indem sie einen Uferpark über Privatgrund durchsetzen wollte. Daraufhin sperrten ein Dutzend Anrainer den Weg über ihre Grundstücke und legten Gärten an. Seitdem ist das Ufer kaum mehr öffentlich zugänglich.

Mit dem neuen Uferplan will die Stadt so wenig Privatland wie möglich in Anspruch nehmen. Auch geht es nicht mehr um einen Uferpark, sondern einen vier Meter breiten Uferweg. Auf 330 Metern – zehn Prozent der Länge – soll er sogar über Schwemmland führen, das der Wasserstraßenverwaltung gehört. Mit der Bundesbehörde habe Potsdam sich darauf geeinigt und werde einen Vertrag abschließen, sagte Baubeigeordneter Klipp. Der Uferweg sei dort ein „Steg ohne Steg“ vor den Privatgrundstücken, ihn anzulegen, sei aufwendig und teuer. Es müssten Spundwände gezogen werden. Als Zugeständnis an die Anrainer will die Stadt außerdem für jedes der 40 Seegrundstücke ein Bootshaus genehmigen, dazu 17 Stege. Im ersten Uferplan waren Bootshäuser nur dort erlaubt, wo sie „historisch nachweisbar“ waren. Das OVG hatte dies als Ungleichbehandlung kritisiert. Ob die Anrainer die Bootshäuser und Stege wollen, ist unklar. Bei der ersten Auslegung des Planentwurfs habe es keinerlei Stellungnahmen von Seeanrainern gegeben, sagte der Baubeigeordnete.

Der Potsdam-Mäzen, SAP-Gründer und Milliardär Hasso Plattner, der eine Villa am Griebnitzsee besitzt und den Uferweg bereits für die Öffentlichkeit hergerichtet hat, muss sich laut Klipp mindestens bis Oktober 2011 gedulden, um sein Bootshaus zu bauen. Vorher könne die Stadt es nicht genehmigen. Plattner hatte vor drei Monaten angekündigt, gegen die Stadt vors Verwaltungsgericht zu ziehen, weil er keine Genehmigung bekam. Dazu ist es nach Angaben von Stadtsprecher Stefan Schulz nicht gekommen. Hintergrund der Nichtgenehmigung sei eine Formsache gewesen: Plattner habe seinen Antrag erst vollständig eingereicht, als der alte Bebauungsplan schon kassiert war.

Einen Strich durch die Potsdamer Rechnung könnte der Bund machen: Verkauft er die 51 ehemaligen Mauergrundstücke in seinem Besitz – sie umfassen 31 700 Quadratmeter – nicht an Potsdam, sondern an die privaten Anrainer, wäre der Bebauungsplan Makulatur. Den Uferweg dann trotzdem durchzusetzen, würde laut Klipp „ein Mehrfaches“ der jetzt kalkulierten 13 Millionen Euro kosten.

Die Entscheidung über den Verkauf der Bundesgrundstücke trifft der Haushaltsausschuss des Bundestags, der Termin dafür wurde immer wieder verschoben. Die Rede ist jetzt von Januar 2011. Bisher hat das federführende Bundesfinanzministerium den Parlamentariern keinen Vorschlag gemacht. Grund sei, dass die Bundesanstalt für Immobilien noch immer das von ihr im Spätsommer durchgeführte Bieterverfahren auswerte. Dabei hatte es für die 51 Grundstücke mindestens 30 Gebote gegeben; angeboten hatte der Bund die Flächen mit und ohne Wegerecht. Der Erlös des Verkaufs fließt in den Mauerfonds und damit in die neuen Bundesländer. Potsdam hält das Bieterverfahren für rechtswidrig. Bürgermeister Burkhard Exner (SPD) erneuerte am Mittwoch die Ankündigung, im Falle eines Verkaufs an Private gegen den Bund zu klagen. Um keine Chance auszulassen, hatte die Stadt ein Gebot über 3 Millionen Euro abgegeben. Seeanrainer sollen 3,6 Millionen Euro geboten haben.

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