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Unter Druck: Brandenburgs Justizminister Volkmar Schöneburg

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Update

Vorwurf des Amtsmissbrauchs: Woidke verlangt Aufklärung von Schöneburg

Brandenburgs Justizminister Volkmar Schöneburg hat die geplante Verlegung eines Häftlings aus dem Gefängnis in Brandenburg/Havel persönlich gestoppt. Das bringt ihn nun in erhebliche Bedrängnis. Ministerpräsident Woidke erwartet Aufklärung.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat seinen angeschlagenen Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) aufgefordert, Vorwürfe wegen angeblicher Begünstigung eines Häftlings auszuräumen. „Ich habe mit dem Justizminister gesprochen und gehe davon aus, dass der Justizminister die im Raum stehenden Vorwürfe aufklären und entkräften kann“, sagte Woidke am Freitag in Potsdam.

Zuvor hatte die Landesregierung auf höchster Ebener über die Angelegenheit gesprochen. Woidke und Finanzminister Helmuth Markov (SPD) kamen nach Tagesspiegel-Informationen zu einem Krisentreffen in Potsdam zusammen. Grund sind die Vorwürfe gegen Schöneburg, der am Donnerstag eingeräumt hatte, dass er sich für einen früheren Mandaten in der Haftanstalt Brandenburg/Havel eingesetzt hat. Markov verließ am Freitagmittag eiligst die Sitzung des Aufsichtsrats der Flughafengesellschaft, um nach Potsdam zu eilen und mit Woidke über die Krise zu beraten.

In der SPD, die Schöneburgs liberaler Politik bei der Reform des Strafvollzugs ohnehin kritisch gegenübersteht, mehren sich Stimmen, dass Schöneburg nicht mehr zu halten ist. Beim kleineren Koalitionspartner Die Linke dagegen versucht man Schöneburg im Amt zu halten.

Schöneburg war zuvor wegen der Begünstigung eines Häftlings, der jahrelang sein Mandant als Strafverteidiger war, erheblich unter Druck geraten. Schöneburg musste am Donnerstag zunächst einräumen, dass er entgegen der Voten seiner Fachleute im Ministerium und der Führung der Justizvollzugsanstalt Brandenburg/Havel die Sicherungsverlegung des als hochgefährlich und brutal eingestuften Sexualstraftäters Detlef W. gestoppt hat.

Mitgefangene erpresst, mit Drogen gehandelt

Zuvor hatte der Tagesspiegel über das Eingreifen des Ministers berichtet. Statt den Schwerverbrecher, der nach Erkenntnissen der Vollzugsbeamten Mitgefangene erpresst und im Gefängnis mit Drogen handeln soll, Donnerstagfrüh nach Cottbus zu verlegen, wurden die Zellen von W. und dessen mutmaßlicher Gehilfen lediglich durchsucht.

Der wegen Mordes und Vergewaltigung von Kindern einsitzende W. darf auf Weisung Schöneburgs und gegen den Willen der Fachleute weiter in dem Gefängnis bleiben, in dem ihm Erpressung, Drogenhandel und Gewaltdelikte angelastet werden. „Er ist einer unserer brutalsten und schwersten Fälle“, sagte ein Insider dem Tagesspiegel. „So jemanden nicht verlegen zu dürfen, um die Mitinsassen und auch unser Vollzugspersonal zu schützen, grenzt an Begünstigung im Amt.“

Zudem bestehen in der Justizverwaltung starke Zweifel an Schöneburgs Darstellung, er habe keinen direkten Kontakt zu W. gehabt. Schöneburg hatte am Donnerstag auf einer Pressekonferenz versucht, die Nähe seines Ex-Mandanten zu ihm zu relativieren: Dieser habe ihm nur auf die Handy-Mailbox gesprochen, er habe diese teils abgehört, aber nie reagiert. Es sei ein Fehler gewesen, sein Handy nicht für diese Anrufe aus der Haftanstalt zu sperren.

Der Straftäter rief auf Schöneburgs Privathandy an

Nach Tagesspiegel-Informationen hatte der Straftäter über einen längeren Zeitraum mehrmals wöchentlich Schöneburgs Privathandy angerufen – vom Telefon der JVA, für das jeder Insasse eine eigene Pin-Nummer hat. Die Telefonlisten weisen unter W.s Zugangsnummer über lange Zeiträume mehrere Anrufe pro Woche beim Minister aus – darunter auch Verbindungen über mehrerer Minuten. Zudem brüste sich W. häufig mit den Anrufen bei Schöneburg oder drohe, „sonst den Volkmar anzurufen“.

Die Sicherungsverlegung von W. sollte dem Schutz der Mitinsassen dienen. Stattdessen, so Justizangestellte, habe Schöneburg  die Autorität seines Ex-Mandanten gestärkt. Nach Tagesspiegel-Informationen ist der Minister auch im eigenen Justizapparat isoliert. „Der Minister hat sich damit öffentlich gegen die Bediensteten der JVA und seine eigenen Fachleute gestellt“, sagte ein hoher Beamter dem Tagesspiegel.

In der kommenden Woche sollte Schöneburg nun auf Antrag der CDU im Landtag in einer Sondersitzung des Rechtsausschusses zu den Vorwürfen Stellung nehmen. Er müsse den Verdacht ausräumen, Sexgangstern Sonderbehandlungen gewährt zu haben, sagte CDU-Fraktionschef Dieter Dombrowski. Die FDP im Landtag forderte den Rücktritt des Ministers.

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