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Made in Europe. UVR benutzt Stoffe aus Frankreich, Italien und Portugal.

© promo

Mode und Berlin: UVR connected - einen Zacken besser

Nicht „Made in China“: „UVR connected“ ist ein solides, mittelständisches Berliner Label, das Stoffe aus Italien, Portugal und Frankreich benutzt.

Vor Verwunderung möchte man sich die Augen reiben. „UVR connected“ ist ein richtiges mittelständisches Modeunternehmen. Mitten in Berlin! All die Design-Scheinriesen, die mit einer großen Schau während der Fashion Week für Aufsehen sorgen, müssen ansonsten mit zwei Praktikanten auskommen, weil sie ihre Kleider nur in kleinsten Mengen verkaufen. UVR hat eine richtige Infrastruktur: Buchhalterin, Produktleiterin, Designerin und dazu eigene Näherinnen, die in der Uckermark auf einem ausgebauten Bauernhof arbeiten. Dort, und nicht hier in Kreuzberg, hat alles begonnen.

Das war 1998, als Udo Aydt und Dirk Siever den Bauernhof kauften und endlich so richtig ernst machten mit ihrem Label. Den Namen hatten sie sich schon ein paar Jahre zuvor ausgedacht, er ist an ein Lied der Band Stereo MCs angelehnt. „In der Uckermark gab es keine Partys, da hatten wir Zeit“, sagt Udo Aydt. Als er Dirk Siever kennenlernte, nähte er Hosen, die er auf Kommission in ein paar Läden hängen hatte – nur leider wusste er nicht mehr genau, wo. „So kann man doch kein Geld verdienen“, sagte Dirk Siever. Von da an kümmerte er sich um das Geschäftliche.

Das tut er heute noch. Er war es, der mit den ersten Produkten von UVR connected im Kofferraum durch Deutschland fuhr und sie Einzelhändlern anbot. Irgendwann war klar: „So kommen wir nicht weiter. Die Händler bezahlten nicht, und wir waren nicht liquide“, erzählt Siever. „Wir brauchten unsere eigenen Läden.“ Also kehrten sie nach Berlin zurück und eröffneten ein winziges Geschäft in Friedrichshain. Der Laden hat vom ersten Tag an funktioniert. Inzwischen haben sie noch drei weitere: in Mitte, Kreuzberg und Schöneberg. Damit sind sie nah an den Kundinnen und wissen, was die wollen. Mit den Einzelhändlern, die sie von Flensburg bis zum Bodensee mit ihrer Ware beliefern, machen Aydt und Siever vor allem die Masse, die sie brauchen, um bei Stofflieferanten und ihrer polnischen Produktionsstätte gute Konditionen zu bekommen und ernst genommen zu werden. Wie sich die beiden so am Schnitttisch gegenübersitzen und die Köpfe über die seltsamen Sitten in der Modebranche schütteln, sieht man ihnen an, wie lange und gut sie zusammenarbeiten. Wenn sie die Etiketten fremder Ware anschauen, steht überall „Made in China“ oder „Bangladesh“ drauf. Dann wundern sie sich, wie sie das überhaupt mit ihrem Unternehmen hinbekommen. „Ich hätte längst meinen eigenen Chauffeur“, sagt Udo Aydt. Aber sie fahren lieber selber nach Stettin, dort arbeiten sie mit einer Produktion schon seit so vielen Jahren zusammen, dass die Näherinnen ihnen zu Ostern Eier mit Pailletten bekleben, zu Weihnachten Christbaumkugeln umhäkeln und für sie eine spontane Modenschau veranstalten, wenn die Chefin mal außer Haus ist.

So lange es Familienbetriebe wie die im italienischen Ort Prato gibt, will Udo Aydt sie unterstützen

Ach, und nach Italien fährt Udo Aydt auch so gern. Dort im Industrieort Prato, wo viele traditionelle Betriebe ihren Sitz haben, sind sie mindestens zweimal in der Saison. Hier werden ihre Pullover und Jacken gestrickt – und jetzt gibt es auch Schuhe aus Italien. Da kommt Aydt ins Erzählen: Wie er durch den Ort geführt wurde, dem man ansieht, dass sie hier mal sehr gut leben konnten von der Mode. All die kleinen Manufakturen, denen man anmerkt, dass sie bessere Tage hatten, die aber trotzdem noch gute Arbeit abliefern. So lange es die Familienbetriebe gibt, will er sie unterstützen. Das hat er jetzt auch mit einem Nachwuchsdesigner vor. „Ich gebe total gerne Tipps, wäre doch schade drum“, sagt Aydt. „Es macht Spaß, etwas aufzubauen. Am Ziel anzukommen, ist langweilig.“ Eine Jury wählt fünf bis zehn junge Designer aus. Dann soll die Community entscheiden, mit welchem Aydt und Siever eine Kollektion entwickeln, die nächstes Frühjahr verkauft wird. Abendroben interessieren die beiden nicht, die Sachen sollen tragbar, bezahlbar und verkäuflich sein. „Vielleicht entsteht mit dem Nachwuchsdesigner ja auch eine längere Geschäftsbeziehung“, sagt Siever. Sie finden es irgendwie ganz selbstverständlich, dass sie die Sache andersherum aufgezäumt haben als viele Designer, die mit ihren Entwürfen größer wirken, als sie sind, und dann doch nichts verkaufen. Jetzt haben sie zum ersten Mal einen richtigen Wintermantel in der Kollektion. Weil jetzt Anna Schieber bei ihnen ist. Die Designerin arbeitete schon während ihres Studiums in ihren Läden und hilft seit Kurzem, die Damenkollektion noch etwas erkennbarer und spezieller zu machen. Sie arbeiten sich an den Lieblingsteilen ihrer Kundinnen ab – Blusen, Kleider, Tops und immer mehr Röcke – das läuft bei UVR. Jede Saison kommen etwa ein Drittel neue Schnitte dazu. Ihre Mode macht wie die Macher kein großes Aufhebens um sich, sie ist alltagstauglich und mit Preisen zwischen 40 Euro für ein T-Shirt und 100 für eine Hose absolut bezahlbar. Das ist ein Allerweltsbegriff in der Mode, aber bei UVR trifft er zu. Die Sachen sind nicht auffällig, aber eben einen Zacken besser verarbeitet als die Ware der Massenhersteller; die Stoffe stammen aus Frankreich, Italien und Portugal. Und sie mögen Muster: kleine Streublumen, Streifen, bunte Passen und geometrische Formen. „So eine Bluse kann man zur Jeans tragen oder abends zum Rock, und schon sieht sie ganz anders aus“, sagt Udo Aydt und hält eine dunkelblaue Tunika mit Knopfleiste und kleinem Kragen in die Höhe. Das ist zwar keine neue Idee, aber sie funktioniert bei UVR connected erstaunlich gut.

- Mehr Infos, auch zum Wettbewerb, unter: uvr-connected.de. Der Laden in der Rosenthaler Straße 1 hat das größte Angebot.

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