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Die Aktivisten von "Strike Debt" erlassen Schulden, anstatt sie einzutreiben.

© AFP

"Bailout" in den USA: Schuldenerlass fürs Volk

Kredite für Studiengebühren, Hauskauf und Behandlungskosten im Krankenhaus: Die Bevölkerung in den USA ist privat hoch verschuldet. Einige Amerikaner haben nun begonnen, den Gläubigern diese Kredite abzukaufen - doch anstatt die Beträge einzufordern, erlassen sie die Schulden.

Vier Jahre ist es nun her, dass die US-Regierung den großen Banken aus der Krise helfen musste. Nach der Pleite der Lehman-Brothers-Bank, die den Beginn der weltweiten Finanzkrise markierte, häuften sich die sogenannten "Bailouts". Mittlerweile sind auch Millionen Amerikaner in finanzielle Schwierigkeiten geraten: Ihnen reicht das Geld nicht aus, um Grundbedürfnisse wie Unterkunft, Ausbildung und Gesundheitsversorgung zu bezahlen. Also nehmen sie Kredite auf: für Häuser, das Studium oder medizinische Behandlungen. Viele müssen sogar für den Lebensmittelkauf die Kreditkarte benutzen. Insgesamt stehen die amerikanischen Haushalte mit mehr als 11 Billionen Dollar in der Kreide.

Für sie schnürte bislang niemand ein Rettungspaket. Doch eine amerikanische Aktivisten-Gruppe namens "Strike Debt" will das ändern. Dazu schlägt sie das amerikanische Finanzsystem mit seinen eigenen Mitteln.

In den USA können Schulden gebündelt und weiterverkauft werden. Gläubiger tun das vor allem mit den Krediten, deren Inhaber in Zahlungsschwierigkeiten geraten sind. Verkauft werden diese Darlehen dann weit unter ihrem Wert: Das ist vor allem lohnenswert für Spekulanten, da zwar das Risiko besteht, das Geld zu verlieren - treibt man die Schulden jedoch ein, winkt ein saftiger Gewinn. Diese Praxis hat unter anderem erst zur Immobilienblase und der weltweiten Finanzkrise geführt. Doch die "Strike Debt"-Aktivisten machen sich das Prinzip zu Nutze: "Was wir tun, ist genau dasselbe, was auch ein normaler Schuldenkäufer tun würde", sagte Thomas Gokey, ein Künstler und Lehrer, zur New York Times. "Doch anstatt diese Schulden zu sammeln, werden wir sie einfach ausradieren."

Das Projekt nennt sich "Rolling Jubilee" - in Anlehnung an die biblische Tradition eines "Jubilee"-Jahres, bei dem alle Schulden erlassen werden und Sklaven ihre Freiheit erhalten. Die Idee wurde unter den Mitgliedern der "Occupy Wallstreet"-Bewegung geboren, die seit dem vergangenen Jahr auf soziale und wirtschaftliche Ungleichheit aufmerksam macht. Vor allem die klaffende Schere zwischen Arm und Reich, die durch horrende Schulden noch verstärkt wird, erschien den Aktivisten in den USA als drängendes Problem. Und so entstand "Strike Debt". Die Mitglieder der Gruppe wollen mit ihrem Projekt einen "Bailout" für das Volk organisieren.

Zunächst testeten die Aktivisten ihre Idee, indem sie für 500 Dollar Kredite aufkauften - mit der Folge, dass sie 14 000 Dollar an Schulden eliminieren konnten. Nach einer Benefizveranstaltung am Donnerstagabend hat die Gruppe mittlerweile knapp 270 000 Dollar gesammelt - das reicht, um 5,4 Millionen Dollar auszuradieren. Dabei wollen die "Strike Debt"-Aktivisten zunächst bei Darlehen aus medizinischen Behandlungen ansetzen, da nach ihren Informationen 62 Prozent aller Privatinsolvenzen in den USA durch Krankheiten entstehen. Später sollen auch Studienkredite folgen. Diese haben landesweit mittlerweile eine Billion Dollar überschritten.

"Rolling Jubilee" ist trotz allem kein Projekt, das gezielt einzelnen Personen helfen kann. "Es gibt keinen Weg, jemanden auszuwählen und dessen Schulden auszuradieren." Bevor sie Kredite aufkauften, gäbe es nämlich nur wenige Informationen darüber, wer die Schuldner seien, schreiben die Organisatoren auf ihrer Webseite. Ihr ultimatives Ziel sei es aber, ein alternatives Wirtschaftssystem zu kreieren. Davon sollen am Ende alle profitieren - nicht nur die finanzielle Oberschicht der Amerikaner.

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