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Berichte aus Rom: Papst Franziskus sieht Schwulen-Lobby im Vatikan

Eine Webseite veröffentlicht vertrauliche Gesprächsnotizen von Papst Franziskus. Darin klagt er über Korruption und die Existenz einer „Schwulen-Lobby“ im Vatikan.

Papst Franziskus hat nach Berichten katholischer Medien Korruption beklagt und die Existenz einer „Schwulen- Lobby“ im Vatikan bestätigt. „In der Kurie gibt es heilige Leute, wirklich, heilige Leute“, sagte der Papst nach Angaben des chilenischen Portals „Reflexión y Liberación“ bei einer Privataudienz mit sechs führenden Mitgliedern der Lateinamerikanischen Religiösen-Konföderation (Clar), „genauso gut gibt es aber auch einen Strom von Korruption, auch das gibt es. Das ist die Wahrheit“. Wie die Internetseite weiter berichtet, fügte Franziskus in der eigentlich vertraulichen Unterredung am 6. Juni hinzu, „man spricht von einer Schwulen-Lobby (,gay lobby’), und auch das ist wahr. Die gibt es“.

Hat Papst Franziskus damit einige viel beklagte Zustände in der römischen Kirchenverwaltung offiziell zugegeben? Vatikansprecher Federico Lombardi lehnte eine Stellungnahme ab: Es habe sich um eine private Audienz gehandelt, die „weder mitgeschnitten noch schriftlich festgehalten“ worden sei. Die Ordenskonferenz teilte mit, sie „beklage zutiefst die Veröffentlichung dieser aus dem Gedächtnis erstellten Gesprächs-Zusammenfassung“. Die Formulierung einzelner Sätze dürfe man dem Papst nicht zuschreiben, „wohl aber den allgemeinen Sinn“.

Ob Franziskus den streng geheimen, dickleibigen Ermittlungsbericht zu den Zuständen in der Kurie schon durchgesehen hat, den ihm Papst-Vorgänger Benedikt XVI. und dessen drei Kardinal-Kommissare hinterlassen haben, ist nicht bekannt. Dass der Bericht aber entsprechende, mit reichlich Detailmaterial belegte Passagen enthält, gilt in Rom als sicher. So sicher, dass sich die für den Bruch der Vertraulichkeit heftig kritisierte chilenische Website mit einem Jesus-Zitat aus dem Evangelium rechtfertigt: „Was man euch ins Ohr flüstert, das verkündet von den Dächern.“

Papst Franziskus fordert Kurienreform

Bemerkenswert ist auch, wie Franziskus in Sachen Kurienreform weitergesprochen hat: Vor dem Konklave, sagte er, hätten „fast alle Kardinäle eine Kurienreform verlangt. Ich auch. Aber ich schaffe sie nicht. Diese Management-Fragen … Ich bin sehr unorganisiert, ich war nie gut in so etwas“. Die acht Kardinäle aber, die er mit Vorschlägen beauftragt habe, sagte der Papst, „die treiben die Sache voran. Der Münchner etwa (Erzbischof Reinhard Marx), der ist sehr gut organisiert“.

Innerkirchlich brisant ist eine andere Passage. Zum wiederholten Male forderte Franziskus seine Kirche auf, aus der warmen Stube „hinauszugehen zu den Armen und den Ausgegrenzten, wohin das Leben eben ruft“. Gegenüber den lateinamerikanischen Ordensleuten, die in der Vergangenheit für ihr soziales Engagement viele Rüffel aus Rom bezogen haben, fuhr er diesmal fort: „Und macht euch keine Gedanken, wenn dann ein Brief von der Glaubenskongregation kommt, sie hätten dies und jenes angeordnet. Macht euch keine Sorgen. Erklärt ihnen, was ihr erklären müsst, aber geht weiter. Öffnet Türen. Mir ist eine Kirche lieber, die mal einen falschen Schritt tut, als eine, die vor lauter Abgeschlossenheit krank wird.“

Während Franziskus sich in derselben Audienz über allzu selbstgerechte Traditionalisten beklagt, die „ins Jahr 1940“ zurückwollten, legte er am Mittwoch in seiner Frühmesse auch den Vorwärtsdrängenden seine Zügel an: Den Heiligen Geist zu kontrollieren, sei schwer, sagte der Papst, es gebe in der Kirche aber auch einen „pubertären, unreifen Progressismus“, der von der heutigen Kultur mal dies, mal jenes übernehmen wolle: „Halbwüchsige wollen alles. Das ist eine große Versuchung! Aber am Ende rutscht man aus. Wie ein Auto von einer vereisten Straße rutscht. Das können wir nicht. Wir können weder rückwärtsgehen noch von der Straße abweichen.“

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