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Ein Plakat in Freetown, Sierra Leone, weist auf die Gefährlichkeit von Ebola hin und gibt Ratschläge zur Hygiene zur Vermeidung der Verbreitung des Virus.

© dpa

Ebola in Westafrika mehr als ein Jahr nach dem Ausbruch: Schulen in Liberia nach Monaten wieder geöffnet

Vor mehr als einem Jahr brach Ebola in Westafrika aus. Experten hoffen, die Epidemie in den nächsten Monaten zu besiegen. Sorgen machen ihnen unter anderem die Langzeitfolgen der Krankheit.

Rund ein halbes Jahr später als geplant haben am Montag im westafrikanischen Liberia Zehntausende Schüler trotz der anhaltenden Ebola-Epidemie in ihre Klassenzimmer zurückkehren können. Vor Betreten der 5800 Schulen des Landes mussten sie jedoch ihre Hände desinfizieren und ihre Temperatur messen lassen, um mögliche Ebola-Fälle zu identifizieren und eine weitere Verbreitung zu vermeiden. Fieber ist gewöhnlich das erste Symptom der Seuche, an der in Westafrika seit letzten März bereits mehr als 9200 Menschen gestorben sind. In Liberia gab es zuletzt aber kaum Neuansteckungen.

Schüler, die sich den neuen Hygienemaßnahmen verweigern, werden nicht zum Unterricht zugelassen, wie der stellvertretende Bildungsminister Ramses Kumbuyah erklärte. Um eine mögliche Übertragung des Virus durch Körperkontakt unwahrscheinlich zu machen, gelte in den Schulen zunächst ein Verbot für Sportarten wie Fußball oder Basketball. Nach rund sieben Monaten ohne Unterricht hatte auch das Nachbarland Guinea im Januar die Schulen für mehr als 1,7 Millionen Kinder wieder geöffnet. Das ebenfalls stark von Ebola betroffenen Sierra Leone will die Schulen im März wieder eröffnen.

Fehleranalyse und Langzeitfolgen

Der Schock sitzt tief. „Wir dachten, so etwas könnte nur in einem schlechten Film passieren, nicht im wirklichen Leben“, sagt Iza Ciglenecki. „Aber es ist passiert.“ Die zierliche blonde Frau ist Projektleiterin bei der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen und hat vor Ort in Westafrika das ganze Ausmaß der Ebola-Epidemie mitangesehen. Auf einer Diskussionsrunde bei der Konferenz des weltgrößten Wissenschaftsverbands AAAS (American Association for the Advancement of Science) erzählt sie von ihren dramatischen Erlebnissen. Und wie das Behandlungszentrum der Ärzte ohne Grenzen in der liberianischen Hauptstadt Monrovia irgendwann so überfüllt war, dass Menschen auf der Straße davor starben.

Mehr als ein Jahr ist seit dem Ausbruch der Epidemie vergangenen. Insgesamt sind in den am schlimmsten betroffenen Ländern Guinea, Sierra Leone und Liberia seitdem nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) fast 23 000 Menschen an Ebola erkrankt, mehr als 9000 von ihnen starben. Die drei westafrikanischen Staaten wollen die Seuche bis Mitte April besiegen.

Auf der AAAS-Konferenz im kalifornischen San Jose gab es nun eine Bestandsaufnahme: Wie konnte es zu dieser Epidemie kommen? Welche Zeichen wurden übersehen? Was kann man es künftig besser machen? Bei einem sind sie sich alle einig: „Das war die bei weitem größte und schwierigste Ebola-Epidemie, die wir je beobachtet haben“, sagt der stellvertretende WHO-Generalsekretär Keiji Fukuda. Die betroffenen Länder waren geschwächt von jahrzehntelangen Konflikten und nicht angemessen vorbereitet.

„Wir waren nicht angemessen vorbereitet“

Der Ausbruch blieb mehrere Monate unentdeckt. Unter anderem aufgrund der lokalen Begräbniskultur, bei der viele Menschen in Kontakt mit der Leiche kommen, und weil viele Menschen die Grenzen zwischen den betroffenen Ländern ständig überqueren, konnte sich die Krankheit rasch ausbreiten. Als sie einmal da war, kam eine extrem hohe Furcht auf allen Seiten dazu.

„Wir waren nicht angemessen vorbereitet“, gibt Fukuda zu und seine Kollegen von anderen Organisationen sehen das ähnlich. „Die internationale Hilfe ist sehr spät angelaufen“, sagt Ciglenecki von Ärzte ohne Grenzen. Aber die Epidemie sei sehr speziell gewesen, betont der US-Immunbiologe Anthony Fauci. „Die meisten Ausbrüche vorher waren sehr stark isoliert. Bevor klar war, dass es sich bei diesem um einen weitreichenden Ausbruch handelt, war er schon sehr weit vorangeschritten. Es war alles sehr ungewöhnlich.“ Eine umfassende Fehleranalyse stehe noch aus, sagt Fukuda.

Aber eines sei klar geworden: „Die wichtigste Rolle spielen die Länder. Sie müssen die Fähigkeit haben, die Krankheit früh zu entdecken, und diese Information weiterzugeben. Derzeit besuchen wir alle Länder in Afrika, um ihre Fähigkeiten in dieser Hinsicht zu überprüfen, und stellen fest, dass sie vielerorts nicht so robust sind, wie wir gedacht hatten.“ 

Immunbiologe Fauci fordert, dass die Ebola-Helfer Afrika nicht verlassen dürften, ohne eine solide Infrastruktur vor Ort zu lassen. Auch an Impfstoffen müsse weiter gearbeitet werden. Aber auch wenn die Experten schon daran denken, wie weitere Epidemien verhindert oder zumindest schneller entdeckt werden können - die aktuelle Epidemie ist noch lange nicht vorbei. „Wenn wir auf null Neuansteckungen herunterkommen wollen, und das wollen wir, dann müssen wir das, was wir jetzt machen, weitermachen“, sagt Fukuda. Bis zu einem Ende der Epidemie sei es noch ein weiter Weg, warnt auch Ciglenecki. Eine Prognose, wann die Epidemie gestoppt sein könnte, wollen weder sie noch ihre Kollegen abgeben.

Und Ciglenecki hat noch eine weitere große Sorge: Langzeitfolgen. „Bislang haben wir denen nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt, weil wir zu überwältigt waren von den akuten Fällen. Aber frühere Ebola-Fälle haben gezeigt, dass zu den Langzeitfolgen unter anderem Gewichtsverlust, Schmerzen, Erblindung, Müdigkeit, Stigmatisierung und psychische Probleme gehören können. Und inzwischen kommen in den betroffenen Ländern auch schon Ebola-Überlebende zusammen und tauschen sich darüber aus.“ (dpa)

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