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Föderalismusstreit: Wie weit darf die Kooperation zwischen Bund und Ländern bei den Unis gehen?

Wird es am Wochenende tatsächlich zu einem Durchbruch im Föderalismusstreit um die Bildung kommen? Daran, wie ein Kompromiss aussehen könnte, scheiden sich die Geister. Auch in der SPD. Der Vorschlag des rheinland-pfälzischen Wissenschaftsministers Jürgen Zöllner (SPD) sei „ein Schritt in die richtige Richtung, aber noch nicht zufriedenstellend“, sagte Jörg Tauss, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, gestern dem Tagesspiegel.

Zöllner hatte Ende Mai in der Expertenanhörung im Bundestag vorgeschlagen, den umstrittenen Artikel 91b folgendermaßen umzuformulieren: „Bund und Länder können aufgrund eines Bundesgesetzes, das einer qualifizierten Mehrheit des Bundesrates bedarf, zur Weiterentwicklung der Gesamtstruktur des Wissenschaftssystems zusammenarbeiten.“ Danach könnten Bund und Länder Programme für die Lehre an den Unis finanzieren. Allerdings müsste auch im Schulwesen eine Zusammenarbeit möglich sein, meint Tauss. Zwischen Union und SPD in der Diskussion sei weiterhin auch Artikel 104b des Grundgesetzes, in dem ein explizites Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern formuliert ist.

Während viele Sozialdemokraten dafür kämpfen, dass der Bund sich auch weiterhin für die Schule engagieren kann, geht manchen CDU-regierten Ländern bereits die vorgeschlagene Öffnung bei den Hochschulen zu weit. Peter Frankenberg, Wissenschaftsminister in Baden-Württemberg, sagte, ein Kompromiss sei noch nicht endgültig gefunden. Er könne sich allenfalls eine „leichte Öffnung“ des Kooperationsverbots bei den Hochschulen vorstellen. Diese Öffnung dürfe nicht zu Initiativen des Bundes führen, bei denen die Länder nichts zu sagen hätten. Es müsse vielmehr „klar sein, dass die Länder für die Hochschulen zuständig sind“. In die Lehre dürfe der Bund allenfalls dann direkt investieren, wenn sie „forschungsbasiert“ sei – wie etwa bei Graduiertenschulen. Das Kooperationsverbot auch für die Schulen aufzuheben, wäre jedenfalls „völlig falsch“.

Nur einen halben Schritt statt eines ganzen gehen zu wollen, wirft Priska Hinz, wissenschaftspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, der Koalition vor. Das Kooperationsverbot müsse auch für die Schule aufgehoben werden, etwa, damit Bund und Länder sich für die Lehrerfortbildung engagieren könnten.

Peter Strohschneider, der Vorsitzende des Wissenschaftsrats, begrüßt die sich im Föderalismusstreit abzeichnende Einigung, bleibt aber skeptisch. „Wenn es tatsächlich um zusätzliches Personal für die Lehre geht, wäre das der für die Wissenschaft entscheidende Punkt“, sagte Strohschneider dem Tagesspiegel. Könnten Bund und Länder – wie von Minister Zöllner offenbar vorgeschlagen – „zur Weiterentwicklung der Gesamtstruktur des Wissenschaftssystems zusammenarbeiten“, eröffne das neue Perspektiven für den Hochschulpakt 2020, so Strohschneider. Der Bund könnte dann speziell auf die Lehre ausgerichtete Professuren fördern. Wünschenswert seien dabei auch zusätzliche, befristete Professuren für Nachwuchswissenschaftler – und „Professuren im Rahmen der Gleichstellungsförderung: „Gerade, nachdem auswärtige Gutachter in der Exzellenzinitiative kritisiert haben, dass die deutsche Wissenschaft zu wenig tue, um den Frauenanteil unter den Professuren zu erhöhen, wäre das nur sinnvoll“, sagte Strohschneider.

Margret Wintermantel, die Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz, forderte die Politiker auf, auch die neuen Regeln zum Hochschulbau noch einmal zu überdenken. Nach den bisherigen Plänen sollen 70 Prozent der Bundesmittel für den Hochschulbau auf die Länder übergehen, nach 2013 sind die Länder nicht mehr gezwungen, das Geld für die Hochschulen auszugeben. Vor allem in der Medizin drohe Deutschland den Anschluss an die internationale Spitze zu verlieren, wenn der Bund nicht mehr Hochschulbauten finanzieren dürfe, warnte auch Peter Hommelhoff, Rektor der Universität Heidelberg. Deutschland habe einen „gewaltigen Nachholbedarf“, was den Neu- und Umbau von Unikliniken angehe.

Hommelhoff forderte, mit einer neuen gesetzlichen Grundlage müssten Bund und Länder auch ein neues Gesamtkonzept für den Hochschulpakt 2020 vorlegen, mit dem der Studentenberg bewältigt werden soll. Das Geld aus dem Pakt dürfe jetzt nicht mehr – wie bisher vorgesehen – allein in die Forschung gehen. „Jetzt muss direkt in die Lehre investiert werden“, sagte er. Auch Wintermantel forderte, solide finanzielle Grundlagen für den Hochschulpakt zu schaffen. Zahlen des Wissenschaftsrats, nach denen der Studentenberg bis zu 2,2 Milliarden Euro jährlich kosten könnte, seien nach der Schätzung der Hochschulrektoren „an der unteren Grenze“ – es müsse mit noch höheren Kosten gerechnet werden.

Jan-Hendrik Olbertz, Wissenschaftsminister in Sachsen-Anhalt, wünscht sich einen neuen Hochschulpakt, der ostdeutschen Ländern im Rahmen eines „wettbewerblichen Programms“ Geld für die Forschung anbietet, wenn diese ihre Studienplätze nicht abbauen, sondern Studierenden aus dem Westen anbieten. Für diese Lösung werde er bei Bundesbildungsministerin Annette Schavan werben.

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