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Air Berlin: Mehr Klasse statt Masse

Bei Deutschlands zweitgrößter Fluggesellschaft Air Berlin ist derzeit viel von einem „Strategiewechsel“ die Rede. Man könnte es auch neue Bescheidenheit nennen.

Berlin - Bei Deutschlands zweitgrößter Fluggesellschaft Air Berlin ist derzeit viel von einem „Strategiewechsel“ die Rede. Man könnte es auch neue Bescheidenheit nennen: Statt eines aggressiven Wachstums vergangener Jahre geht es jetzt um „Anpassung der Kapazitäten“. Künftig gibt es bei Air Berlin mehr Lissabon statt Los Angeles, mehr Basel statt Bangkok. „Wir müssen nicht um jeden Preis Mengen produzieren. Wichtiger ist, dass wir die Preise halten“, sagte Finanzvorstand Ulf Hüttmeyer am Dienstag bei der Vorlage der Zahlen zum zweiten Quartal. Damit erklärte er, warum die Auslastung der Maschinen von April bis Ende Juni um 2,7 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal gesunken ist, der Umsatz, den Air Berlin mit jedem Passagier gemacht hat, aber um fast zwölf Prozent gestiegen.

„Unsere Strategie, sich auf die Strecken zu konzentrieren, die eine höhere Profitabilität versprechen, hat sich ausgezahlt“, sagte Air-Berlin-Chef Joachim Hunold. Im zweiten Quartal legte der Betriebsgewinn um ein Drittel auf 17,6 Millionen Euro zu. Der Nettogewinn schrumpfte leicht von 7,8 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum auf 7,1 Millionen Euro, während der Umsatz um knapp vier Prozent auf 836,2 Millionen Euro zurückging. „Trotz eines herausfordernden Marktumfeldes ist es Air Berlin gelungen, ihre relative Marktstellung im Europaverkehr zu verbessern“, sagte Hunold. Er verwies darauf, dass es der Airline auch gelungen sei, ihre Eigenkapitalstärke und Liquidität zu verbessern und die Nettoverschuldung zu reduzieren.

Die Gesellschaft hatte erst vergangenen Donnerstag bekannt gegeben, dass sie eine Wandelanleihe begeben hat und so 125 Millionen am Kapitalmarkt einsammeln konnte. 55 Millionen davon investierte der Vorstand in den Rückkauf alter Anleihen. Die übrigen 70 Millionen will er vor allem in die Finanzierung künftiger Flugzeuglieferungen stecken, wie Hüttmeyer jetzt ankündigte. Durch die Transaktion, die aber erst im kommenden Quartalsbericht sichtbar werden wird, soll die Nettoverschuldung um 56 Millionen auf 582 Millionen Euro sinken.

Die im S-Dax notierte Aktie lag am Dienstagabend bei Börsenschluss zweieinhalb Prozent unter dem Vortagsniveau bei 3,90 Euro. Als Grund nannten Händler zum einen neuen Analystenbericht der DZ Bank, wonach das Geschäftsrisiko durch die Schweinegrippe und die jüngsten Terroranschläge in Spanien zunehmen werde. Air Berlin fliegt dort besonders viele Ziele an. Zum anderen war die Air-Berlin-Aktie im August um 17 Prozent gestiegen. Am Dienstag war also ein Tag der Gewinnmitnahmen.

Auch Per-Ola Hellgren, Luftfahrt-Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg, zeigte sich positiv überrascht von den Zahlen. „Die Kostenstruktur hat sich verbessert. Das muss man schon als Fortschritt sehen“, sagte er. Es gelinge Air Berlin immer besser, sich von den klassischen Billigfliegern wie Ryanair und Easyjet abzugrenzen und am Premium-Segment zu orientieren. Allerdings sieht Analyst Hellgren nicht, wie Air Berlin den Etablierten wie Lufthansa weiter große Marktanteile abnehmen will. „Mir fehlt ein wenig die Wachstumsperspektive“, sagte er.

Die neue Bescheidenheit im Vorstand spiegelt sich wohl auch in der Tatsache, dass Air Berlin nicht mehr darauf pocht, sich wechselseitig mit 19,9 Prozent der Anteile am Ferienflieger Tuifly zu verbinden. 9,9 Prozent genügten auch, sagte Vorstandschef Hunold. „Das soll ermöglichen, dass das Kartellamt nicht so viele Bauchschmerzen hat“.

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