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Der Hans, der kann’s! Mit Stadtmöbeln und Werbeflächen baute Hans Wall eine Firma mit 700 Mitarbeitern auf, wurde Millionär und Mäzen. Foto: ddp

© dapd

Wall AG: Auf den Bus gewartet

Die Eingebung für die Unternehmensgründung kam an einer Haltestelle. Hans Wall feiert 70. Geburtstag.

Berlin - Launisch, unberechenbar und emotional – das sind nicht die Attribute, mit denen in BWL-Lehrbüchern erfolgreiche Unternehmer charakterisiert werden. Aber die wirklichen Typen passen ja auch in keine Schablone, die echten Kerle sind einzigartig.

Hans Wall, im schwäbischen Künzelsau geboren, lernt Schlosser. Als er einmal in Karlsruhe in einem „schauderhaften, dunklen Wartehäuschen“ auf den Bus wartet, hat der junge Mann eine Idee. Der Meister selbst spricht später von einem „magischen Moment: Ich wusste, das kann ich besser. Ich entwarf einen prächtigen Briefbogen und schrieb an hunderte Bürgermeister, ich würde kostenlos werbefinanzierte Wartehäuschen liefern und montieren.“ 1976 gründet Wall im badischen Ettlingen eine Firma zur Produktion von Stadtmöbeln und Werbeflächen, 1984 kommt er mit 18 Mitarbeitern nach Berlin. Heute beschäftigt die Wall AG fast 800 Leute, sitzt in einem schicken Haus an der Friedrichstraße und lässt Wartehäuschen, Toiletten, Kioske und Plakatwände in der eigenen Fabrik im brandenburgischen Velten produzieren. Hans Wall hat es geschafft. Und selbstverständlich eine Biografie auf den Markt gebracht mit dem Titel „Aus dem Jungen wird nie was“.

„Gute Ideen haben und Mut, darum geht es, das predige ich den jungen Leuten.“ Gute Noten sind dabei nicht entscheidend. „Ich hab’ noch nicht mal Abitur.“ Aber er ist bauernschlau und war immer lernfähig. „Ich weiß auch heute erst, welche Frau zu mir passt“, sagte er vor zwei Jahren im Interview. „Darum habe ich zwei gescheiterte Ehen hinter mir. Ich bin halt ein wenig doof in dieser Hinsicht. Meine Freundin nennt mich ,Sassedi’. Das heißt Dummkopf auf Chinesisch.“ Für die erste Freundin trat Wall als junger Bursche sogar den Zeugen Jehovas bei. Mit dem Glauben hatte er nichts am Hut, es ging ihm um die „Rosi, die schön war wie ein Engel. Und wenn man eine Frau liebt, macht man so einiges.“

Nachdem Wall Mitte der 80er in Berlin gelandet ist, baut er mit Raffinesse und guten Produkten seine Firma aus. Das Geschäftsmodell ist banal: Wall gibt der Stadt Produkte, die im öffentlichen Raum gebraucht werden, dafür erlauben ihm die Behörden die Aufstellung von Werbeflächen, die Wall dann vermarktet. Ein lukratives Geschäft, wie eine kleine Episode aus dem Jahr 2006 zeigt:

Die Berliner Verkehrsbetriebe wollen ihre Werbetochter VVR Berek verkaufen. Wall verliert die Ausschreibung gegen den französischen Milliardenkonzern Decaux. Die Franzosen zahlen 103 Millionen für ein Unternehmen mit 27 Millionen Umsatz und einem Jahresgewinn von knapp sieben Millionen Euro. Vor der Ausschreibung war in der Branche ein Preis von 50 Millionen Euro angesetzt worden. Doch die Franzosen zahlten den Mondpreis, weil sie unbedingt in Berlin auf den Markt kommen wollten. Und Wall? Der Platzhirsch war angeschossen und röhrte durch die Stadt, drohte mit Umzug nach Hamburg.

Und er beruhigte sich wieder. Wenige Jahre später verkaufte Wall seine Firma ausgerechnet an den einst verhassten französischen Konkurrenten für schätzungsweise 80 Millionen Euro. „Hans, spring über deinen Schatten“, habe er sich damals gesagt und an die Zukunft der Firma und die seines Sohnes gedacht. Daniel Wall ist nämlich Vorstandsvorsitzender und soll es auch bleiben. Jean-Francois Decaux sitzt im Aufsichtsrat – als Stellvertreter von Hans Wall, der als Aufsichtsratsvorsitzender „seiner“ Firma noch erhalten bleibt.

Ansonsten macht der Alte sich rar, nicht mal ein Büro hat er noch in der Zentrale. Er genießt das Leben und freut sich hier und da über eine gute Tat, die ihm sein Geld immer wieder mal ermöglicht hat im Laufe der Jahre. Zum Beispiel 90 000 Euro für den Turm der Parochialkirche in Mitte. Das „ehrliche Schlitzohr“, wie sich Wall einmal selbst beschrieb, hat heute Geburtstag. „Ich kann allen Berliner nur zurufen: Mit 70 ist man noch lange kein alter Knacker.“

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