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Im Gerippe. Klaus Wowereit (SPD), Christina Emmerich, Bezirksbürgermeisterin in Lichtenberg, und Stadler-Chef Michael Daum besichtigen den Rohbau eines Zuges.

© dpa

Standort Berlin: Bahnhersteller Stadler eröffnet zwei neue Werke

Trotz aktuell ordentlicher Wirtschaftsdaten ist es in Berlin bemerkenswert, wenn ein Investor für zehn Millionen Euro eine Fertigung hochzieht. Bahnhersteller Stadler erfreut damit den Regierenden Bürgermeister.

Viel besser kann es eigentlich nicht laufen in einem Wahlkampf. Ein Unternehmen, das gleich zwei neue Werke in der Hauptstadt eröffnet, den Standort Berlin über den grünen Klee lobt, für die kommenden zwei Jahre 300 frische Arbeitsplätze ankündigt, und das auch noch in der Industrie, Berlins jahrelanger Schrumpfsparte – davon träumen Politiker. Und all das zwei Wochen vor dem entscheidenden Urnengang. Da lacht Klaus Wowereit (SPD). „Wunderbar“ sei das hier, strahlt er am Montag in die Runde der Beschäftigten, „rekordverdächtig“ sowieso.

Trotz aktuell ordentlicher Wirtschaftsdaten ist es in Berlin immer noch bemerkenswert, wenn ein Investor für zehn Millionen Euro eine Fertigung hochzieht. Gerade in Hohenschönhausen zwischen angegammelten Plattenbauten und den Gewerbebrachen der Gehrenseestraße. Michael Daum sagt dennoch, es könne besser nicht sein für ihn. Er ist Chef des Eisenbahnherstellers Stadler Pankow. Man habe „ein Produkt, das in die Zeit passt“ und einen Standort, an dem „Ausdehnung für lange Jahre“ möglich sei. „Ich glaube an eine gute Zukunft“, versichert Daum.

Sein Optimismus wirkt nicht aufgesetzt. Die Produkte seines Arbeitgebers – Straßenbahnen, Regionalzüge, S-Bahnen – sind weltweit gefragt. Das Werk Pankow, das seit 2000 zum Schweizer Unternehmen Stadler Rail gehört, war deshalb an seine Kapazitätsgrenze gekommen, neue Fabriken mussten her. In Reinickendorf übernahm Stadler ein Werk der Firma Dangelmayr Oberflächentechnik samt Mitarbeitern, dort werden nun Rohbauten von Waggons geschweißt und lackiert. In Hohenschönhausen mietete Stadler ein ehemaliges Plattenbauwerk an. Dort findet nun die Endmontage aller fünf Stadler-Baureihen statt: Die andernorts gefertigten Teile, vom Motor über die Klimaanlage bis zum Drehgestell, werden hier zusammengefügt. Das erste fertige Produkt, eine für Potsdam gebaute Straßenbahn, verließ am Montag das Werk. Das ging natürlich nicht ohne den obligatorischen roten Knopf – Wowereit durfte ihn drücken.

Stadler gilt als eines der am stärksten expandierenden Unternehmen der Branche. Die Renaissance der Eisenbahn spielt allerdings auch eine Rolle: Weltweit bauen Schwellenländer ihre Infrastruktur aus, Industriestaaten setzen angesichts des Klimawandels wieder stärker auf den Schienenverkehr. Gestartet war Stadler hierzulande vor zehn Jahren mit knapp 200 Leuten. Heute sind es 830, bis 2013 sollen es 1100 sein. Sie verteilen sich auf mittlerweile vier Werke – neben Pankow, Hohenschönhausen und Reinickendorf gibt es noch das Test- und Servicezentrum im brandenburgischen Velten.

Die Bahnbranche spielt eine immer wichtigere Rolle in Berlin und Brandenburg. Rund 30 namhafte Firmen produzieren in der Region – neben Stadler der direkte Konkurrent Bombardier mit seiner größten Fabrik in Hennigsdorf und der Weltzentrale in Kreuzberg. Auch Siemens lenkt sein Eisenbahngeschäft seit einem Jahr aus der Hauptstadt. Hinzu kommen die Betreiberfirmen – neben der Deutschen Bahn deren Konkurrenten Veolia oder Keolis. Berlin habe als Bahnstandort „eine große Tradition“, findet Wowereit, und überhaupt in Sachen Industrie wieder eine Chance. Auch dank der Schienenbranche spielt die Fertigung in Berlin nach langen Jahren des schmerzhaften Abbaus wieder eine Rolle. „Ich denke, dass wir die Marke von 110 000 Arbeitsplätzen wieder anpeilen können“, hofft er.

Da will Stadler-Mann Daum nicht nachstehen, er lobt die  Fachkräfte als „klaren Standortvorteil“. Dass er so schöne Worte übrig hat, liegt vielleicht auch daran, dass er gut Wetter machen will für einen großen Auftrag. 2017 braucht die Stadt neue S-Bahnen, die Entscheidung darüber fällt bald nach der Wahl. Und der Regierende dürfte ein wenig Einfluss darauf haben, wer den Zuschlag bekommt.

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