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Streiks wahrscheinlich: Bald endet der Frieden bei der Deutschen Bahn

Über ein Jahr liegen die Streiks bei der Bahn zurück. Auf eine Wiederholung würden die meisten Kunden wohl gern verzichten. Doch die Tarifrunde bei der Deutschen Bahn beginnt und Streiks sind wahrscheinlich.

Berlin - Schon 423 streikfreie Tage liegen hinter den Kunden der Bahn. Das ist nicht wenig, doch vermutlich kommen nur noch 17 oder 18 Tage hinzu – dann dürften neue Arbeitskämpfe bei dem Staatskonzern anstehen. Denn Ende Januar läuft die Friedenspflicht für 150 000 Beschäftigte aus, an diesem Mittwoch beginnen in Berlin die Verhandlungen. Was Streiks bei der Bahn bedeuten, dürfte den Deutschen noch gut im Gedächtnis sein: ausgefallene Züge und S-Bahnen bei eisiger Kälte, immer neue Ultimaten und Drohungen von beiden Seiten. Über ein Jahr hatte sich daher der letzte Konflikt hingezogen.

Dass es zumindest Warnstreiks geben wird, darauf deuten die Positionen beider Lager hin – sie liegen meilenweit auseinander. Zehn Prozent mehr Geld fordert die Verhandlungsgemeinschaft der Gewerkschaften Transnet und GDBA, 6,5 Prozent mehr will die Lokführerorganisation GDL. „Wir werden uns nicht mit Marginalien abspeisen lassen“, hatte der neue Transnet-Vorsitzende Alexander Kirchner kürzlich im Tagesspiegel-Interview gesagt. Er verweist auf die annähernd zwei Milliarden Euro Gewinn vor Zinsen und Steuern, die die Bahn in den ersten neun Monaten 2008 verdient hat.

Damit kann die Bahn nichts anfangen – und beteuert, Ende des Jahres habe sie der Abschwung mit voller Wucht getroffen. Vorstandschef Hartmut Mehdorn hat klargemacht, dass er 2009 nicht mehr so spendabel sein will wie bei der letzten Runde. „Wer mitten in der schlimmsten Wirtschaftskrise seit 80 Jahren zu hohe Lohnsteigerungen fordert, riskiert Arbeitsplätze“, drohte er vor Weihnachten.

In der Bahn-Zeitung „DB Welt“ legte er nun nach. „Wir sind alle gefordert, unseren Beitrag zu leisten“, sagte er an die Adresse der Gewerkschaften. Im Güterverkehr seien die Personalkosten der Konkurrenz um 20 Prozent niedriger, im Personenverkehr um 30 Prozent. „Wenn wir diese Schere nicht schließen, werden wir kaum noch neue Aufträge und Ausschreibungen gewinnen.“ Demonstrativ verordnete Mehdorn sich und seinem Vorstand für 2009 eine Gehalts-Nullrunde. Immerhin: Ein erstes Angebot traf nach Tagesspiegel-Informationen noch am Dienstagabend bei den Gewerkschaften ein.

Doch auch abgesehen vom üblichen Gegeneinander zwischen Arbeit und Kapital bergen die Verhandlungen reichlich Zündstoff. Transnet-Chef Kirchner muss in seiner ersten Runde als Spitzenmann ein respektables Ergebnis herausholen. Und das ausgerechnet im Angesicht von Norbert Hansen, der bis Mai 2008 selbst noch die Gewerkschaft führte, nun aber als Personalvorstand bei der Bahn auf der anderen Seite des Tisches sitzt.

Hinzu kommt der jahrelange Clinch im Arbeitnehmerlager. Beim letzten Mal hatte die GDL den Konkurrenzorganisationen die Show gestohlen und deutlich mehr Geld für ihre Leute herausgeholt. Darauf hat Kirchner dieses Mal keine Lust. Aus der Hoffnung, die Forderungen aufeinander abzustimmen, wurde aber nichts. Nur ein Minimalziel, die bessere Planbarkeit von Schichten, verfolgen GDL und Transnet / GDBA gemeinsam. Die GDL gibt sich sogar auffallend generös. Man wolle dieses Mal „auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung“ Rücksicht nehmen, ließ der Vorsitzende Claus Weselsky verlauten – während Kirchner in alter Gewerkschaftstradition auf die Kaufkraft der Beschäftigten verweist, die es zu stärken gilt. Offenbar will er der Transnet die Rolle des Scharfmachers überlassen – und nicht schon wieder für tagelange Streiks verantwortlich gemacht werden.

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