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Krise: Banken teilen Schaeffler auf

Es ist nur wenige Monate her, da lieh eine Gruppe von sechs europäischen Großbanken den Schaefflers aus Herzogenaurach rund zwölf Milliarden Euro, um den deutlich größeren Autozulieferer Continental zu übernehmen. Diese Banken, inzwischen selbst in Nöten, bestimmen nun die Zukunft der Schaefflers.

Am dicksten steckt die Commerzbank samt ihrer neuen Tochter Dresdner Bank drin: mit fünf Milliarden Euro. Damit ist der Fall schon hoch politisch, bevor nur ein Cent Staatshilfe geflossen ist. Denn die Commerzbank gehört bald zu einem Viertel dem Bund. Gnade leitet sich daraus offenbar nicht ab – und daher könnte es so kommen, dass der Bund die Schaefflers mittelbar über die Commerzbank in die Insolvenz treibt, dann aber mit Milliardenhilfen in die Bresche springt.

Die Unternehmensberatung Deloitte arbeitet an einem Konzept der Banken, die Konkurrenz von Ernst & Young ist im Auftrag der Schaefflers tätig. Ein Szenario sieht den Tausch der Kredite in Anteile der Schaeffler-Conti-Gruppe vor. Christian Wulff, CDU-Ministerpräsident des Conti-Lands Niedersachsen, empfiehlt, den Firmenanteil von Maria-Elisabeth Schaeffler und ihres Sohnes Georg auf „um die zehn Prozent“ zu beschränken.

Doch weil das Unternehmen als Kommanditgesellschaft firmiert, könnten die Schaefflers auch dann noch bis zu 70 Prozent der Stimmrechte halten und damit weiterhin den Ton angeben. Aus ihrem Umfeld heißt es, es seien sogar weniger als zehn Prozent der Anteile denkbar. „Es gibt keine Untergrenze.“ Doch scheuten die Banken diese Lösung, weil dann das Insolvenzrisiko auf sie überginge.

Ein zweites Szenario wird unter dem Stichwort „Rückabwicklung“ diskutiert: Die Banken könnten alle Conti-Anteile der Schaefflers übernehmen. Die Idee ließ den Aktienkurs des Hannoveraner Unternehmens am Montag zeitweise um mehr als 13 Prozent in die Höhe schnellen. Doch in Finanzkreisen gilt diese Variante als unwahrscheinlich, weil sie voll juristischer und steuerlicher Fallstricke steckt. Die Familie Schaeffler würde zudem relativ gut wegkommen, weil sie entschuldet würde. „Dann wären wir wieder im Frühjahr 2008 und Schaeffler in der besten aller denkbaren Welten“, kritisiert ein mit der Sache vertrauter Finanzexperte. Schaeffler selbst dementiert, dass diese Lösung schon beschlossene Sache sei. „Die Gerüchte, Schaeffler habe zugestimmt, die Conti-Aktien an Banken abzugeben, sind nicht zutreffend“, sagt Schaeffler-Sprecher Detlef Sieverdingbeck. Aus dem Umfeld der Schaefflers heißt es, vermutlich werde es zu einer Mischlösung kommen: Die Banken müssten einen Teil der Forderungen abschreiben und einen Teil in Anteile umwandeln, während der Staat Bürgschaften übernehme. Dass ein externer Investor auftaucht, gilt als unwahrscheinlich.

Doch auch die Banken sprechen nicht mit einer Stimme. Zweitgrößter Gläubiger ist die Royal Bank of Scotland mit rund 2,5 Milliarden Euro. Das mittlerweile größtenteils verstaatlichte Kriseninstitut, das 2008 mit 24 Milliarden Pfund den größten Verlust in der britischen Wirtschaftsgeschichte verzeichnete, hat kein Interesse an Standortsicherung in Deutschland. Auch die Hypo-Vereinsbank, die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) und die UBS sind selbst in Schwierigkeiten geraten.

Entscheidend ist die Conti-Aufsichtsratssitzung am Freitag. Eigentlich soll Schaeffler-Rechtsberater Rolf Koerfer bei dem Treffen zum neuen Chef des Aufsichtsgremiums gewählt werden. Da zunehmend die Banken den Ton angeben, sei aber denkbar, dass sie einen anderen Vertreter entsenden, heißt es im Umfeld des Aufsichtsgremiums. In Herzogenaurach weist man das zurück: „Wir gehen davon aus, dass Koerfer gewählt wird“, sagt Sprecher Sieverdingbeck.

Schaeffler hatte die Übernahme von Conti stets damit begründet, dass die beiden Konzerne sich technologisch ergänzen. Auch die IG Metall hält den Zusammenschluss aus industriepolitischer Sicht für sinnvoll. Er sei „von systemrelevanter Bedeutung“ für die Automobilindustrie, heißt es in dem gemeinsamen Papier, auf das sich Gewerkschaft und Unternehmen kürzlich verständigt haben.


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