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Markus Dröge ist Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz.

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Bischof Markus Dröge: "Ich wünsche mir mehr Sachlichkeit"

Der Bischof über die Finanzierung von Kitas, Kliniken, Sozialstationen – und warum der Staat nicht alles machen kann.

Sonderstellung, staatliche Zuwendungen, Privilegien – die Kirchen haben zu viel Geld, lautet das bereits getroffene Urteil in der derzeitigen Debatte. Mehr Sachlichkeit wünsche ich mir. In den evangelischen Kirchen wird der Haushalt der Synode vorgelegt und ist öffentlich einsehbar. Da klingt der Vorwurf, dass die Kirche ihr Vermögen verschleiere, schon merkwürdig. Wir geben unser Geld in die kirchliche Arbeit. Mein Bischofsgehalt übrigens bezahlt meine Kirche und nicht der Staat. Warum fragen Journalisten nicht nach, bevor sie Vorurteile anderer einfach abschreiben?

Krankenhäuser, Kindergärten oder Schulen, die von Diakonie oder Kirchengemeinden betrieben werden, finanzieren sich zuallererst durch die Versicherungsleistungen der Patienten und Bewohner oder aus Beiträgen der Nutzer. Der Anteil an staatlicher Unterstützung, der gezahlt wird, entspricht dem, mit dem der Staat auch andere freie Träger fördert, etwa die Arbeiterwohlfahrt oder das Rote Kreuz. Und dies ist deutlich weniger, als es kosten würde, wenn der Staat selbst diese Aufgaben wahrnehmen würde.

Das Grundgesetz wirkt darauf hin, dass der Staat außerhalb seiner engeren Hoheitsbereiche nur dann selbst etwas tun soll, wenn Bürger oder gesellschaftliche Organisationen es nicht in eigener Verantwortung tun können. So erklärt sich der schwierige Begriff des Subsidiaritätsprinzips. Auf diesem Grundsatz ruht unser vielfältiges, plurales Gemeinwesen.

"Die Kirchensteuer ist keine Leistung des Staates"

Und auch wenn es oft behauptet wird, bleibt es trotzdem falsch: Die Kirchensteuer ist keine Leistung des Staates an die Kirche, sondern ein Mitgliederbeitrag, der vom Finanzamt eingezogen und an die Kirchen weitergegeben wird. Verschwiegen wird häufig: Die Kirchen bezahlen dafür. Das Land Berlin erhält so 2,5 Prozent des Kirchensteueraufkommens, mehr als im automatisierten Verfahren der Aufwand für die Finanzämter ausmacht.

Und die Staatsleistungen aufgrund der 200 Jahre alten Verträge? Ein juristischer Grundsatz besagt, dass Verträge auch dann ihre Gültigkeit behalten, wenn sie alt sind. Wenn sie aufgelöst werden, hat dies einvernehmlich zu geschehen. Eine solche Möglichkeit sieht das Grundgesetz vor. Der Ball liegt beim Bund und bei den Ländern. Viele Landeskirchen sind bereit, mit einer angemessenen Einmalzahlung die Staatsleistungen abzugelten.

Wenn die Fallhöhe durch den eigenen Anspruch der Kirchen und besonders die vermeintlich unzulässigen Zuschüsse zusammenkommt, wird es medial interessant. Aber ich erwarte mehr Redlichkeit und eine differenzierte Auseinandersetzung.

"Wären wir reicher ohne die Kirchen?"

Die Kirchen bringen sich mit Gottesdiensten und Konzerten, Kindergärten und Seniorenheimen, Sozialstationen und der Kältehilfe, mit ihrer Zuwendung zu Menschen in Not, mit Notfall- und Polizeiseelsorge und vielem mehr in die Gesellschaft ein. Sie zeigen damit, dass Gott die Ehre zu geben und dem Nächsten zu dienen für die christlichen Kirchen unmittelbar zusammengehören.

Sicherlich werden dabei auch immer wieder Fehler gemacht, die korrigiert werden müssen. Aber würde unsere Gesellschaft reicher werden, wenn die Kirchen diese Aufgaben nicht mehr erfüllen?

Markus Dröge ist Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz.

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