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Verfahren gegen HRS: Bundeskartellamt nimmt Bestpreis-Klauseln ins Visier

Die Hotelplattform HRS verspricht ihren Kunden den besten Zimmerpreis – und ruft damit die Wettbewerbshüter auf den Plan. Auch Amazon steht unter Beobachtung.

Sie wollen dem Berliner Schmuddelwetter entfliehen und sich etwas Gutes gönnen? Wie wäre es da mit einem Wellnesswochenende in Bad Saarow, etwa am letzten November-Wochenende? 160 Euro kostet die Nacht im Doppelzimmer inklusive Frühstück für zwei im Esplanade, wenn man beim Hotel direkt bucht. 160 Euro sind es auch, wenn man das Zimmer im Internet über die Buchungsplattform Booking.com reserviert. Und 160 Euro verlangt auch die Hotelreservierungsplattform HRS – und bietet wankelmütigen Kunden sogar noch die Möglichkeit, bis zum Anreisetag, 18 Uhr, abzuspringen, ohne dafür einen Euro Strafe zahlen zu müssen.

Drei Anbieter, ein Preis? Das ist kein Zufall. Denn im Kampf um die Kunden kämpfen die Portale mit harten Bandagen. „Booking.com bietet Ihnen die besten Preise“, heißt es auf der Webseite. Und Deutschlands größtes Hotelportal HRS verspricht Verbrauchern, die im Internet ein billigeres Angebot finden, ihnen die Preisdifferenz zu erstatten.

Ob Booking.com, HRS oder Expedia, die großen Portale garantieren ihren Kunden die jeweils besten Preise. Die Touristen lieben das. Denn mit den Bestpreis-Garantien sparen die Reisenden nicht nur Geld, sondern auch Zeit, die sie sonst für Preisvergleiche aufwenden müssten. Doch nun droht das Bundeskartellamt, dem Spiel ein Ende zu machen. Bereits zwei Mal haben die Wettbewerbshüter HRS – stellvertretend für andere – wegen der Bestpreis-Garantie abgemahnt, bis zum Jahresende will man das Verfahren abschließen, heißt es bei der Bonner Behörde. Und man muss kein Prophet sein, um zu erahnen, in welche Richtung die Reise geht. Die Klauseln behindern den Wettbewerb, fürchten die Kartellwächter. „Mit ihren Garantien nehmen die Hotelportale anderen Plattformen die Möglichkeit, mit noch niedrigeren Preisen zu punkten“, sagt Behördensprecher Kay Weidner. Den Schaden hätten aber nicht nur mögliche Konkurrenten oder die Hotels, sondern auch die Verbraucher. Denn um die Bestpreis-Garantie zu erfüllen und zugleich die Provisionen für die Portale aufzutreiben, müssten die Hotels ihre Preise heraufsetzen – für jeden Kunden.

Was das bedeutet, hat der Präsident des Kartellamts, Andreas Mundt, einst am eigenen Leib zu spüren bekommen. Für den Urlaub mit der Familie hatte Mundt ein Hotel über das Internet gebucht – für 90 Euro das Doppelzimmer. Der Familie gefiel es am Chiemsee gut, Mundt wollte verlängern und sollte plötzlich fünf Euro mehr zahlen, obwohl das Haus leer war. Die billigen Preise, so erfuhr Mundt, gebe es nur über HRS, dazu sei man vertraglich verpflichtet. Mundt setzte seine Juristen auf den Fall an.

Inzwischen zieht der Streit um Bestpreis-Klauseln immer weitere Kreise. Auch gegen Amazon wird ermittelt. Der größte Onlinehändler der Welt bietet anderen Händlern seit längerem die Möglichkeit, ihre Waren über ihn zu verkaufen. Doch wer seine Produkte auf dem Amazon-Marketplace anbieten wollte, musste versprechen, das auf keiner anderen Internetplattform günstiger zu tun. Wie bei HRS befürchtet das Kartellamt, dass Amazon, das 2012 allein in Deutschland rund 6,5 Milliarden Euro umgesetzt hat, keinen Platz für Konkurrenten lässt – und unterm Strich die Preise hochtreibt. Auf den Druck aus Bonn hat Amazon reagiert. „Amazon wendet die Preisparitätsklausel nicht mehr an“, sagte ein Sprecher dem Tagesspiegel. „Unsere Kunden vertrauen darauf, dass sie dauerhaft niedrige Preise auf Amazon Marketplace-Sites finden, und wir sind zuversichtlich, dass die Verkäufer ihre Produkte zu wettbewerbsfähigen Preisen anbieten.“ Was heißt das? Das Kartellamt prüft weiter.

Auch HRS hat die umstrittene Klausel erst einmal ausgesetzt, betonte ein Sprecher auf Anfrage. Beim Hotelverband ist man dennoch wachsam. Die Preisdrückerei bewege sich oft „unterhalb des Wahrnehmungsradars“, gibt Hauptgeschäftsführer Markus Luthe zu bedenken. „Kaum ein Hotelier ist in der Lage, auf die Portale zu verzichten.“ Und für einen Platz unter den ersten zehn seien die Hotels bereit, Opfer zu bringen. Etwa Provisionen zu zahlen. Zwischen 15 und 25 Prozent kassieren die Hotelvermittlungsportale für ihre Dienste. Das müssten die Hotels einkalkulieren, gibt Luthe zu bedenken, „die Preise steigen“.
Nur eine Handvoll großer Ketten sei stark genug, mit den Portalen individuelle Verträge auszuhandeln. Vom HRS-Verfahren erhofft sich der Verband daher auch eine Signalwirkung für die anderen Portalbetreiber. An der Misere ist die Branche aber nicht ganz unschuldig. 36 000 Beherbungsbetriebe hat Deutschland derzeit, davon 21 000 Hotels. „Es gibt zu viele Hotels in Deutschland“, räumt Luthe ein.

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