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Unterwegs. Zalando bereitet seinen IPO vor, nennt aber keine Termine.

© picture alliance / dpa

Börsengänge 2014: Casting fürs Parkett

In diesem Jahr wollen viele interessante Unternehmen an die Börse – auch aus Berlin. Voraussetzung ist eine gute Stimmung an den Märkten.

2014 könnte ein guter Jahrgang für Börsengänge werden. Risikofreudigen Anlegern bieten sich zahlreiche Gelegenheiten, an der Börsenplatzierung von Firmen – englisch initial public offering, kurz IPO – Geld zu verdienen. Allein für das erste Quartal 2014 erwartet die Unternehmensberatung Ernst & Young (EY) weltweit 250 bis 300 Börsengänge mit einem Volumen von 35 bis 45 Milliarden Dollar. Die Zahl der Neuemissionen wäre damit erstmals wieder auf das Vorkrisenniveau vor 2008 gestiegen.

An Deutschland, befürchtet IPO-Experte Martin Steinbach von EY, könnte der Boom jedoch vorbeigehen. Gerade einmal zehn bis maximal 15 Börsengänge erwartet er hierzulande. Etwas optimistischer ist die Hamburger Kirchhoff Consult, die für 2014 eine starke Belebung des deutschen IPO-Marktes erwartet: Allein im Prime Standard könnten danach zehn IPOs mit einem Emissionsvolumen von drei Milliarden Euro platziert werden, also doppelt so viel wie 2013.

Gutes Geld jedenfalls ließ sich 2013 mit den meisten Börsengängen verdienen. Wer beispielsweise im Juli Aktien der Siemens-Abspaltung Osram zum Emissionspreis von 24 Euro ergattert hatte, hat damit keine sechs Monate später 70 Prozent Gewinn eingefahren. 69 Prozent liegt im Plus, wer im April Aktien der Bertelsmann-Tochter RTL Group gezeichnet hatte. Europas größter Gabelstapler-Hersteller Kion, Ende Juni im Prime Standard der deutschen Börse platziert, brachte knapp 30 und das Immobilienunternehmen Deutsche Annington neun Prozent. Leicht im Minus notiert nur der Wohnkonzern LEG Immobilien, der im Februar 2013 als europaweit drittgrößte Emission des Jahres an den Start gegangen war.

Weltweit wagten sich 2013 insgesamt 864 Unternehmen aufs Börsenparkett, das war ein Plus von vier Prozent gegenüber 2012. Aufsehen erregte vor allem das IPO des Internetdienstes Twitter im November. Anders als beim missglückten Börsengang von Facebook ein Jahr zuvor explodierte die Twitter-Aktie von 26 auf inzwischen fast 64 Dollar. Erstzeichner konnten ihr Geld also fast verzweieinhalbfachen.

Auch im neuen Jahr werden sich wohl einige bekannte Marken aufs Parkett wagen. Erwartet wird unter anderem der Börsengang eines Unternehmens, das erst vor fünf Jahren als Berliner Start-up begonnen hatte, das inzwischen in 14 Ländern aktiv ist und dessen Name 95 Prozent der Deutschen ein Begriff ist: Zalando. Der Online-Händler soll 2013 etwa zwei Milliarden Euro umgesetzt haben und wurde in den Bilanzen der Eigner zuletzt mit 3,7 Milliarden Euro bewertet. Zalando gehört mehrheitlich der schwedischen Beteiligungsgesellschaft Kinnevik, der Berliner Rocket Internet und dem dänischen Modeunternehmer Pavslen, der auch Eigentümer von Marken wie Jack & Jones oder Vero Moda ist. Mit einem IPO, für den es allerdings noch keine konkreten Pläne und noch keinen Zeitpunkt gibt, könnten die Wagniskapitalgeber das derzeit optimale finanzielle und konjunkturelle Zeitfenster nutzen und zumindest teilweise Kasse machen.

Insgesamt erwartet die französische Großbank Société Générale 2014 „fünf bis sechs größere Neuemissionen“ in Deutschland. Neben Zalando gilt vor allem der Berliner Einzelhandel-Immobilien-Investor Acrest als Börsenkandidat. Den zunehmend dynamischen Emissionsmarkt und die günstige Situation an den Börsen nutzen will auch ein Mann, der bisher in Europa wenig bekannt ist: Li Ka-Shing, Tycoon aus Hong Kong und der wohl reichste Mann Asiens, will seine bis zu 25 Milliarden Dollar schwere Einzelhandelskette Watson an die Börse bringen. Bisher ist die Kette Teil von Lis Mischkonzern Hutchison Whampoa, einem der größten Unternehmen an der Börse Hong Kong, mit 220 000 Mitarbeitern in 56 Ländern. Auch an Berliner Konsumenten verdient Li Ka-Shing, denn Watson gehören 40 Prozent der Anteile an der Drogeriekette Rossmann. Mit dem Börsengang wird bereits in der ersten Jahreshälfte 2014 gerechnet.

Ein dritter großer Name, der für 2014 als Börsenkandidat gehandelt wird, ist Chrysler. Das Unternehmen, das mehrheitlich dem italienischen Fiat-Konzern und zu gut 40 Prozent der gewerkschaftlichen US-Treuhandgesellschaft Veba gehört, hatte einen Börsengang im Spätherbst 2013 wegen Unstimmigkeiten der beiden Gesellschaften verschoben. Chrysler war bereits früher börsennotiert, wurde aber 1998 nach der Fusion mit Daimler von der Börse genommen. In der Finanzkrise musste Chrysler, der drittgrößte US-Autokonzern, Insolvenz anmelden, konnte jedoch Fiat als Investor gewinnen. Inzwischen schreibt Chrysler wieder schwarze Zahlen. Veba will ihr Investment reduzieren, doch der stets klamme Fiat-Konzern bietet zu wenig, so dass ein Börsengang abhelfen soll.

Weitere Kandidaten für eine Börsenemission im laufenden Jahr sind etwa Shazam, ein Musik-Identifikationsdienst mit 300 Millionen Nutzern weltweit, ferner der Spezialchemiekonzern H. C. Starck, der früher zum Bayer-Konzern gehörte und heute in der Hand von Finanzinvestoren ist. Der Reisekonzern Tui will 2014 seinen 22-prozentigen Anteil an der Reederei Hapag-Lloyd an die Börse bringen. Auch der Haupteigner, die Stadt Hamburg, möchte das investierte Geld der Steuerzahler wenigstens teilweise versilbern, heißt es. Angesichts der Krise der Schifffahrt wird der Börsengang frühestens im späteren Jahresverlauf 2014 über die Bühne gehen, vermutet Aufsichtsratschef Jürgen Weber, der frühere Chef der Lufthansa.

Ob und mit welchem Erfolg 2014 Unternehmen an die Börse gehen und ob Anleger mit Kursgewinnen profitieren können, hängt nach Meinung der Société Générale vor allem von der Entwicklung der Börsen ab. Entwickeln sich die Märkte ebenso dynamisch wie 2013, blieben die Zinsen weiter niedrig, so könnten mutige Investoren mit guten Gewinnen rechnen. Allerdings nur, wenn die Zahlen und die Story hinter dem Börsengang stimmten.

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