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Kompliziert: Anleger, die Aktien nicht direkt kaufen, sondern stattdessen Fondsanteile, müssen sich seit zwei Jahren mit neuen Steuerregeln beschäftigen.

© imago images/McPHOTO

Chaos mit der Fondssteuer hält an: "Ihre Jahressteuerbescheinigung ist leider fehlerhaft"

Seit 2018 werden Investmentfonds neu besteuert. Das macht noch immer Probleme. Alte Steuerbescheinigungen werden auch Jahre später noch korrigiert.

So viel Post von ihrer Bank hat Paula Schneider selten bekommen. Am 19. November schickte das Geldinstitut der Kundin, die ihren echten Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, zwei Briefe: Der eine enthielt eine korrigierte Jahressteuerbescheinigung für das Jahr 2018, das andere Schreiben eine korrigierte Bescheinigung für das Jahr 2019. "Ihre Jahressteuerbescheinigung ist leider fehlerhaft", schrieb die Bank jeweils. Das Institut forderte Schneider auf, die jetzt falschen ursprünglichen Unterlagen zurückzugeben und sich mit ihrem Finanzamt in Verbindung zu setzen.

Doch Schneider ließ sich Zeit, und das war auch gut so. Denn am 3. Dezember trudelten wieder zwei dicke Umschläge ein. Sie enthielten neue korrigierte Jahressteuerbescheinigungen für 2018 und 2019, sozusagen Korrekturen der Korrekturen. Was Schneider verblüffte: Die neue Bescheinigung für 2018 entsprach nach der Korrektur genau der ursprünglichen Originalbescheinigung, die sie vor Jahren dem Finanzamt geschickt hatte.

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Chaos um die Investmentsteuer hält an

Was nach Unvermögen der Bank aussieht, ist in Wirklichkeit dem Chaos geschuldet, das die neuen, seit 2018 gültigen Steuerregeln für Investmentfonds ausgelöst haben. Bis Ende 2017 galt in Deutschland noch das steuerliche Transparenzprinzip: Das Finanzamt griff nur auf der Ebene der Fondsanleger zu. Diese mussten Fondsausschüttungen, thesaurierte Erträge und Veräußerungsgewinne aus dem Verkauf von Fondsanteilen, die sie nach 2008 gekauft haben, versteuern. Seit Anfang 2018 müssen Publikums- und Indexfonds bereits auf Fondsebene auf bestimmte Erträge Steuern inklusive Solidaritätszuschlag bezahlen. Für thesaurierende Fonds, die Erträge gleich wieder anlegen, wurde eine Vorabpauschale eingeführt.

Bund der Steuerzahler kritisiert großes Durcheinander

Viele Fondsgesellschaften waren mit dem Systemwechsel überfordert und lieferten ihre Berechnungen erst mit deutlicher Verzögerung. Die Unsicherheiten sind noch immer nicht völlig behoben, wie der Fall von Paula Schneider zeigt. Von einem „großen Durcheinander“ spricht die Steuerexpertin des Bundes der Steuerzahler, Isabel Klocke. Dafür sind jedoch nicht nur die Fondsgesellschaften verantwortlich, sondern auch neue, rückwirkende Anordnungen des Bundesfinanzministeriums, gibt der Bundesverband deutscher Banken zu bedenken.

Bescheid sagen: Sparer müssen korrigierte Jahressteuerbescheinigungen jetzt noch ihrem Finanzamt zuleiten. Künftig geht das automatisch.
Bescheid sagen: Sparer müssen korrigierte Jahressteuerbescheinigungen jetzt noch ihrem Finanzamt zuleiten. Künftig geht das automatisch.

© dpa

Was müssen die Betroffenen tun?

Was heißt das aber praktisch? Paula Schneider hat längst ihre Steuererklärungen für die Jahre 2018 und 2019 gemacht, die Steuerbescheide sind bestandskräftig. Bei der Bank heißt es, wenn Sparer die korrigierten Bescheide nicht zurückgeben, informiere man das Finanzamt. Allerdings nur darüber, dass es eine Korrektur gibt, nicht aber über die Inhalte.

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Was weiß das Finanzamt?

Steuerbescheinigungen und deren Änderungen werden bisher nur den Kunden zugesendet, nicht dem Finanzamt, betont Kerstin Altendorf vom Bankenverband. Bei Änderungen müssten die Anleger die ursprüngliche Steuerbescheinigung an die Bank zurückgeben. Nach dem Jahressteuergesetz 2020 erhält die Finanzverwaltung jedoch künftig die Originaldaten und automatisierbare Korrekturmeldungen. Dann kann das Finanzamt von sich aus tätig werden. Bis dahin müssen die Sparer ihr Finanzamt allerdings von sich aus informieren, wenn es Korrekturen gibt. Ob die Behörden Steuerbescheide noch einmal ändern, entscheiden sie. Im Fall von Paula Schneider geht es um Differenzen von gerade einmal 20 Euro.

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