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Wirtschaft: Das Rätsel Mehrwertsteuer

Die Erhöhung schadet – aber wie sehr?

Berlin - 1,7 Prozent Wachstum im kommenden Jahr – oder doch nur 0,8? Ein weiterhin starker Aufschwung – oder doch ein Zurückfallen in die zähe Stagnation der vergangenen Jahre? Die Einschätzungen über die Konjunktur 2007 gingen stark auseinander, als sich die Forscher der sechs großen Wirtschaftsinstitute vor zwei Wochen an die Arbeit für das Herbstgutachten machten. Geeinigt haben sie sich nun auf einen Mittelweg: Um 1,4 Prozent wird die deutsche Wirtschaft im kommenden Jahr wachsen, heißt es in der Expertise. Es wird weiter aufwärts gehen – aber mit gebremster Energie.

Was die Institute verunsichert, ist die Erhöhung der Mehrwertsteuer zum Jahreswechsel. Noch nie ist sie um gleich drei Prozentpunkte angehoben worden, auch nicht in einem anderen Land der Welt. Insgesamt entzieht der Staat 2007 Bürgern und Firmen 21,7 Milliarden Euro. Ist der Aufschwung mit 2,3 Prozent Wachstum in diesem Jahr stark genug, um das zu überstehen? „Das ist schwierig abzuschätzen“, räumt Gebhard Flaig ein, der Konjunkturchef des Münchener Ifo-Instituts. Alle ausgefeilten Analysen und Modelle sagen bislang nichts darüber aus, wie stark die Verbraucher ihren Konsum einschränken werden. Klar scheint immerhin: Das Vorziehen von Käufen auf dieses Jahr wird das Wachstum 2007 um einen Viertelpunkt drücken, schreiben die Fachleute.

An Korrekturen ihrer Prognosen sind die Wissenschaftler indes gewöhnt: Im Vergleich zum Frühjahr revidierten sie ihre Annahme für das laufende Jahr um 0,5 Prozentpunkte nach oben. Die Berechnungen für 2007 fielen jetzt um 0,2 Punkte günstiger aus. Dies liege im vertretbaren Rahmen, sagte Ifo-Forscher Flaig. Immerhin werde die amtliche Statistik, auf der die Berechnungen fußten, auch regelmäßig im Nachhinein in dieser Größenordnung verändert. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mochte dagegen nicht so nachsichtig sein. Sie lästerte wenige Stunden vor Bekanntgabe des Gutachtens, „ein bisschen Vorsicht und ab und zu eine Fehlerangabe“ würde den Instituten „auch ganz gut tun“.

Stützen kann sich die Wirtschaft nächstes Jahr auf eine weiterhin starke Nachfrage aus dem Ausland. Der Export wird nach Ansicht der Institute um 6,2 Prozent zulegen – nach einer Rate von zehn Prozent in diesem Jahr. Auch bei den Investitionen, der stärksten Säule der Inlandsnachfrage, sieht es gut aus: Die Ausgaben der Firmen für Maschinen und Anlagen würden um 5,8 Prozent zulegen nach 6,8 Prozent in diesem Jahr. Für den Bau stünden die Zeichen ebenfalls gut, sodass die lange Krise überwunden werden könne.

Für den Jobmarkt bedeutet das insgesamt einen langsameren Abbau der Arbeitslosigkeit als in diesem Jahr: Von 10,4 Prozent wird die Quote auf 9,9 Prozent sinken, im Jahresschnitt wird die Zahl der Beschäftigungslosen bei 4,31 Millionen liegen.

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