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ICE on ice. In den vergangenen Wintern fielen viele Züge aus. In diesem Jahr bereitet die Bahn ihre Züge schon seit dem Sommer auf Eis und Schnee vor.

© dpa

Die Bahn macht sich winterfest: Angst vor der Eiszeit

Zugwerkstätten, Bahnhöfe, Infrastruktur: Die Deutsche Bahn setzt alles daran, nicht wieder ein Schnee-Chaos zu erleben. Doch ein Problem bekommt sie trotz aller Anstrengungen nicht in den Griff.

Jetzt geht es den Managern ans Geld. „Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit müssen Markenzeichen der Bahn sein“, haben die Unterhändler von Union und SPD in einem Entwurf für ihren Koalitionsvertrag geschrieben. „Vorstandsboni sollen an das Erreichen der genannten Ziele gebunden sein“, heißt es weiter. Im Moment könnte das zu gewissen Einbußen für Rüdiger Grube und seine Kollegen führen. Im Fernverkehr sind die ICEs und ICs derzeit nur zu knapp 75 Prozent pünktlich, also spätestens sechs Minuten nach dem Fahrplan am Ziel. Wenn erst der Winter kommt, könnte es noch einmal deutlich schwieriger werden, das wissen alle im Staatskonzern spätestens seit dem Winter 2010/2011. Eis und Schnee bremsten damals die Züge aus, Tausende Fahrgäste schoben Frust und froren.

Das wollen sie bei der Bahn nicht noch einmal erleben, deshalb fangen sie schon nach den Sommerferien damit an, sich auf den Winter vorzubereiten – in den Zugwerkstätten, auf den Bahnhöfen, bei der Infrastruktur. Im vergangenen Winter ist der Konzern damit ganz gut gefahren – allerdings gab es auch kaum Eisregen oder gar Schneestürme. Kommt diesen Winter einer, ruft die Bahn-Leitzentrale in Frankfurt am Main einen „schweren Wintertag“ aus. Das bedeutet: Es wird ernst.

Ingulf Leuschel, der Bevollmächtigte der Bahn für Berlin, kann Zahlenkolonnen darüber herunterbeten, wie sich sein Unternehmen wappnet. Es gebe nun mehr beheizte und mit Abdeckungen vor Eis und Schnee geschützte Weichen, berichtete er am Dienstag in Berlin. Gut 2300 Kräfte zum Schneeräumen stünden in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern parat, vor allem von Fremdfirmen. Und in den Werkstätten habe man die ICE-Waschstraßen so umgebaut, dass sie nun auch Enteisungsmittel versprühen können.

„Damit stehen wir besser da als in früheren Wintern“, findet Leuschel. In Frankfurt am Main läuft zudem ein Pilotversuch, bei dem Frostschutzmittel auf die Achsen gesprüht wird, damit die wichtigen Teile gar nicht erst einfrieren. Auch einige Züge hat die Bahn umgebaut – die Kupplungen der ICE-2-Züge werden nun beheizt. Sie sollen besser funktionieren, wenn auf der Linie Richtung Ruhrgebiet aus einem langen Zug zwei kurze gemacht werden.

Den störenden Schnee auf den Gleisen will die Bahn mit einer Armada von Maschinen bekämpfen: Schneepflüge, -fräsen und -schleudern stehen parat und Wärmekanonen in den Werkstätten, damit die Mechaniker die Züge rechtzeitig warten und auf Schäden prüfen können. Denn das geht bei tiefgekühlten Wagen nicht.

Die vielen Helfer muss auch jemand bedienen. Damit dabei nichts schief geht, hat es überall Besprechungen und Einweisungen gegeben – „Winterworkshops“, „Winteraudits“ und „Winterübungen“ heißt das bei der Bahn.

Ein Problem bekommt das Unternehmen aber nicht in den Griff – den Mangel an Zügen. Siemens hat noch immer keinen der 16 neuen ICEs geliefert, auch bestellte 27 Doppelstock-ICs vom Bombardier stehen noch aus. Die Lage sei weiter „äußerst angespannt“, sagt Personenverkehrs-Vorstand Ulrich Homburg.

Leuschel weiß, woran die Bahn gemessen wird, wenn alles schief geht – an den Uralt-Plakaten von 1966. „Alle reden vom Wetter – wir nicht“, stand darauf. „Wir leben in anderen Zeiten, in denen wir viel empfindlicher sind, weil wir Hochleistungstechnik in Zügen und Stellewerken haben“, sagt er. Und bekennt: „Eine Pünktlichkeit von 85 Prozent ist ein Wert, den wir gerne haben wollen – der aber im Winter nicht immer erreichbar ist.“

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