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Wirtschaft: Die richtige Wahl

Mit der Gesundheitsreform ändert sich einiges für Privat- und Kassenpatienten. Ein Überblick

Wenn Bundespräsident Horst Köhler nicht noch seine Unterschrift verweigert, wird die Gesundheitsreform zum 1. April in Kraft treten. Viele Regelungen greifen aber erst ab 2009. Was auf privat und gesetzlich Versicherte zukommt und was die Neuerungen konkret bedeuten, lesen Sie hier:

GESETZLICHE VERSICHERUNG

Einheitsbeiträge: Ab 2009 wird der Beitragssatz bundeseinheitlich festgeschrieben, Wettbewerb findet dann nur noch anderweitig statt: über Wahltarife, den Service und das Leistungsspektrum sowie die sogenannte Zusatzprämie. Die kann dann jede Kasse erheben, wenn sie mit den Beiträgen ihrer Versicherten nicht auskommt. Die Zusatzprämie darf aber ein Prozent des beitragspflichtigen Einkommens nicht übersteigen. Schlecht für Geringverdiener: Bis zu einer Pauschale von acht Euro monatlich entfällt die Einkommensprüfung, mit dieser Summe sind sie also auf jeden Fall dabei. Allerdings: Sobald ein Zusatzbeitrag angekündigt wird, kann der Versicherte die Kasse wechseln. Und Mitglieder von gut wirtschaftenden Kassen können auch Beiträge zurückerstattet bekommen.

Wahltarife: Sie ermöglichen besser als bisher die Wahl einer Krankenkasse, die zu den eigenen Bedürfnissen passt. Wer selten zum Arzt geht, kann eine Selbstbeteiligung wählen, die den Beitrag verringert. Wer höhere Ansprü che hat, wählt die Kostenerstattung, mit der er auch in den Genuss von Privatleistungen kommt (die er dann aber selber bezahlen muss). Und wer ohnehin lieber erst mal den Rat seines Hausarztes einholt, kann mit einem Hausarzttarif Geld sparen. Der Nachteil: Der neue Tarifdschungel ist unübersichtlich. Und wer alt oder chronisch krank ist, hat nichts davon und wird quasi bestraft: Er muss höhere Beiträge bezahlen als Junge und Gesunde.

Mehr Leistungen: Empfohlene Schutzimpfungen und Mutter-Kind-Kuren werden Regelleistungen. Alte und Pflegebedürftige erhalten einen Anspruch auf Rehabilitation. Schwerstkranke haben Anspruch auf Sterbebegleitung im häuslichen Umfeld. Und Menschen mit seltenen oder schweren Krankheiten wie Krebs oder Aids werden künftig auch ambulant in Kliniken versorgt.

Allerdings sind bei „selbst verschuldeter Behandlungsbedürftigkeit“ auch Leistungskürzungen möglich. Gemeint sind nicht Raucherlunge und Fettleibigkeit, sondern Komplikationen nach Schönheitsoperationen oder Tä towierungen.

Zuzahlungen: Chronisch Kranke sollen künftig zwei statt einem Prozent ihres Jahresbruttoeinkommens zuzahlen, wenn sie sich nicht „therapiegerecht“ verhalten. Das betrifft nicht nur Krankheiten wie Diabetes oder Bluthochdruck. Um später nicht zur Kasse gebeten zu werden, müssen Frauen ab dem 20. und Männer ab dem 45. Lebensjahr auch regelmäßig zur Krebsvorsorge. Das Problem: Wer sich nicht kümmert, ist im Krankheitsfall doppelt gestraft.

Arzneimittel: Der Nutzen von Medikamenten wird künftig im Verhältnis zu den Kosten bewertet, und für risikoreiche Arzneien muss der Arzt eine Zweitmeinung einholen. Das erhöht die Patientensicherheit. Gewöhnungsbedü rftig aber dürfte es für manchen werden, wenn er sein gewohntes Mittel nicht mehr erhält. Die Kassen dürfen nun nämlich mit Herstellern günstigere Preise aushandeln. Die Apotheken sind dann verpflichtet, die rabattierte Arznei auszugeben – wenn der Arzt das nicht eigens ausgeschlossen hat.

PRIVATE VERSICHERUNG

Basistarif: Ab 2009 müssen alle Versicherer einen Basistarif anbieten, dessen Leistungsumfang in etwa dem der gesetzlichen Kassen zu entsprechen hat und der den gesetzlichen Höchstsatz (derzeit etwa 520 Euro) nicht übersteigen darf. Abgelehnt werden, etwa wegen eines hohen Krankheitsrisikos, darf niemand. Der Tarif ist vor allem als Rückkehrmöglichkeit für Ex-Mitglieder gedacht. Aber auch freiwillig gesetzlich Versicherte kommen hinein. Doch Vorsicht: Wer bereits privat versichert ist, darf nur in der ersten Jahreshälfte 2009 in einen der vielen Basistarife wechseln. Danach ist dies nur noch Versicherten über 55 und Bedürftigen erlaubt, und Wechselwillige dürfen nur noch in den Basistarif des eigenen Versicherers. Neukunden können weiter zwischen allen Anbietern wählen. Das Gute am Basistarif: Er ermöglicht denen, die finanziell überfordert sind, den Wechsel in einen günstigeren Tarif. Wer nachweislich hilfsbedürftig ist, muss sogar nur die halbe Prämie bezahlen. Von Nachteil könnte der Billigtarif aber für normal Versicherte sein. Die Versicherer haben als Folge des Basistarifs bereits Preiserhöhungen von zehn Prozent angekündigt.

Wechselmöglichkeiten: Künftig können Versicherte beim Wechsel zu einem anderen Privatversicherer ihre Altersrückstellungen mitnehmen. Ansonsten bliebe ein späterer Wechsel aus Kostengründen weiter so gut wie ausgeschlossen. Wer bei seinem Versicherer vom Volltarif in den Basistarif wechselt, darf die Rückstellungen komplett mitnehmen, wer das Unternehmen wechselt, bekommt sie zumindest im Umfang des Basistarifs übertragen. Die Neuerung bringt also auch Privatversicherten, die den Beitragserhöhungen ihres Versicherers bislang hilflos ausgeliefert waren, ein wenig Wettbewerb. Allerdings argumentieren die Unternehmen wie beim Basistarif: Die Zeche für die Wechselmöglichkeiten zahlen die Nichtwechsler. Möglicherweise führt der neue Wettbewerbsdruck aber auch zu maßvolleren Beitragssteigerungen. Der Wechsel von gesetzlich zu privat hingegen wird erschwert. Er ist jetzt nur noch möglich, wenn das Jahresarbeitsentgelt in drei aufeinander folgenden Jahren die Versicherungspflichtgrenze (derzeit 47 700 Euro) überstiegen hat.

Versicherungsschutz für alle. Erstmals sind ab 2009 alle Bürger verpflichtet, eine Krankenversicherung abzuschließen. Und wer den Versicherungsschutz verloren hat, darf in seine letzte Versicherung zurückkehren, egal ob privat oder gesetzlich. Wer sich weigert, muss im Krankheitsfall Beiträge und einen Säumniszuschlag nachzahlen. Ehemals gesetzlich Versicherte sind schon ab April 2007 versicherungspflichtig. Früheren privat Versicherten steht es frei, ob sie ab Juli 2007 in bestehende Standardtarife oder erst ab 2009 in einen Basistarif eintreten.

Haben Sie Fragen zur Reform? Dann rufen Sie heute an. Alle Einzelheiten zu unserer Telefonaktion lesen Sie unten auf der Seite.

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