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Wem gehören die Daten, die die Autos produzieren? Und wie schützt man sie?

© Illustration: Sabine Israel

Elektromobilität und Datenschutz: Das gläserne Auto

Mit der Vernetzung erzeugen Fahrzeuge immer mehr Daten. Doch wem gehören sie und wie sicher sind sie vor Hackern?

Wenn Autoverkäufer oder die Manager der großen Hersteller neue Modelle anpreisen, fällt neben Motorleistung und Fahrassistenten ziemlich sicher auch das Wort vom „Smartphone auf Rädern“. Längst sind auch die Autos vernetzt und sollen es in Zukunft immer noch mehr werden. So ist seit 31. März das E-Call-System Pflicht in allen Neuwagen: Bei schweren Unfällen, wenn beispielsweise der Airbag auslöst, wird damit automatisch ein Notruf abgesetzt und dabei unter anderem der Standort des Autos durchgegeben. Doch etwa ein Drittel aller Deutschen, die ein „connected car“ besitzen, nutzen die Funktionen gar nicht, ergab eine Studie von Kantar TNS. Schlimmer noch: 19 Prozent wissen nicht einmal, über welche tollen Funktionen ihr Fahrzeug verfügt.

Dabei versprechen sich die Autohersteller daraus eine neue Einnahmequelle. So will VW 2025 mit Diensten rund ums vernetzte Auto rund eine Milliarde Euro Umsatz pro Jahr machen. Dazu plant das Unternehmen eine ganze Reihe neuer Angebote. Gemeinsam mit IBM und deren Computerprogramm Watson werden beispielsweise neue Mobilitätsdienste unter dem Namen „We Commerce“ entwickelt. Gemeinsam mit Tankstellenketten, Hotels oder Restaurants sollen die Fahrer Angebote bekommen. Eine Idee: Wenn der Tank zur Neige geht, blendet das Auto nicht nur ein, welche Tankstellen in der Nähe sind, sondern auch wie lang dort die Schlangen sind. Und wenn gerade an einer Tankstelle nichts los ist, kann sie Autofahrer mit Gutscheinen für eine Autowäsche locken.

Die Kosten bremsen noch den Nutzen

2020 sollen weltweit mit Dienstleistungen um das vernetzte Auto 100 Milliarden Euro umgesetzt werden. Doch die Kosten bremsen derzeit noch die Nutzung. Mehr als die Hälfte der Fahrer ist nicht bereit, für zusätzliche Infotainment-Dienste zu bezahlen. Sie bevorzugen ihre bekannten Apps via Smartphone. Wer künftig die neuen Geschäfte im Auto macht ist die große Frage. Dabei kommt es auch zu neuen Allianzen: So hat sich Apple mit VW verbündet um seinen Musikstreamingdienst zu vertreiben. Wer einen Wagen mit CarNet und CarPlay-Funktion erwirbt, erhält Apple Music sechs Monate kostenlos.

Doch neben der Frage der Kosten schreckt viele Nutzer auch die Vielzahl an Daten, die dabei über sie erhoben werden. „Die Apps der Autohersteller sind Datenschnüffler“, schrieb „Stiftung Warentest“ bei einem Test im vergangenen Jahr. Das Fazit sei ernüchternd: Der Datenschutz bleibe bei allen Herstellern mehr oder weniger auf der Strecke. Alle Apps sendeten mehr Daten als nötig. So verwundert es kaum, dass sich laut einer Befragung des internationalen Automobilverbandes FIA neun von zehn deutschen Autofahrern um die Nutzung ihrer Daten sorgen, 96 Prozent würden gar die Kommunikation lieber ganz abschalten.

Die europäischen Automobilclubs fordern deswegen in der Kampagne MyCarMyData – MeinAutoMeineDaten, dass die Hersteller transparent machen, welche Daten sie erheben und weitergeben. „Das bedeutet, dass die Verbraucher vollständig darüber informiert sein müssen, welche Daten übermittelt werden und zu welchem Zweck“, sagt ein ADAC-Sprecher. „Die Fahrer sollten das Eigentum an den Daten behalten, die ihr Auto produziert, und kontrollieren, wie sie verwendet werden, solange sie das Fahrzeug besitzen“, fordert der Automobilclub zudem. Auch sollten Fahrer nicht zwingend in das System des Herstellers eingebunden sein, sondern zwischen den Diensten unterschiedlicher Anbieter wählen dürfen.

Autoherstellen wollen noch nicht alle Daten teilen

Dabei werden bislang gar nicht so viele Daten weitergegeben wie manch einer fürchtet – im Gegenteil. „Oft sind die Autohersteller noch nicht bereit, ihre Daten zu teilen“, sagt Nicolaus Gollwitzer, Chef von Telefonica Next. Die Tochter des Mobilfunkkonzerns stellt selber umfangreiche Bewegungsdaten seiner Handykunden zur Verfügung und arbeitet dabei mit Nahverkehrsunternehmen und Carsharingfirmen zusammen. Die Daten werden dabei anonymisiert und Telefonica Next bietet die entsprechende Technologie und seine Plattform auch den Autoherstellern an. Doch künftig werden die Datenmengen noch deutlich steigen. Denn autonome Autos sollen mit der Umgebung und miteinander kommunizieren und so Informationen über Hindernisse und Gefahren in Echtzeit austauschen. Der Mobilfunker Vodafone testet beispielsweise eine neue Technologie namens V2X, bei der die Autos sich per Mobilfunk gegenseitig „warnen“ können.

„Es gibt derzeit zwei gegensätzliche Visionen wie autonome Autos künftig kommunizieren“, sagt David Silver, der bei der Online-Universität Udacity einen Studiengang für Ingenieure selbstfahrender Autos leitet. Eine Variante sei die direkte Kommunikation in sogenannten Mesh- Networks – oder aber indirekt über das Internet, beispielsweise mit dem neuen 5G-Mobilfunkstandard. „Das wäre allerdings etwas langsamer und teurer“, sagt Silver. Man müsse abwarten, was sich dabei durchsetzt.

So oder so steigt dadurch auch die Sorge, dass Hacker künftig auch Fahrzeuge manipulieren oder gar kapern. Die Absicherung der Daten sei ein bekanntes Problem, dass alle Internetunternehmen haben. „Viele Unternehmen beschäftigen sich derzeit aber mit einer neuen Bedrohung“, sagt Silver. Denn autonome Fahrzeuge werden wahrscheinlich oft für Ridesharing benutzt. „Da können aber auch Personen mit bösen Absichten einsteigen, die versuchen, direkt im Fahrzeug Daten auszulesen oder das Auto physisch zu manipulieren“, sagt Silver.

Weitere Artikel zur Mobilität der Zukunft finden Sie auf unserer Themenseite.

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