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Fahren, fahren, fahren – wenn auch langsam. Zähfließender Verkehr auf der Berliner Stadtautobahn.

© Imago/Schöning

Fahren, fahren, fahren: Mehrheit der Deutschen ist für Autobahn-Ausbau

Erneut debattieren Volker Wissing und Steffi Lemke, ob Autobahnen schneller genehmigt werden sollen. Eine Mehrheit der Deutschen unterstützt dabei den Verkehrsminister.

Auch der zweite Anlauf brachte keine Einigung. Bei einem zweiten Krisengespräch mit Kanzler Olaf Scholz konnten sich Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) und Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) am Dienstagabend erneut nicht auf schnellere Planungsverfahren für Verkehrsprojekte einigen.

Seit Tagen streiten die beiden darüber, ob auch der Bau von neuen Autobahnen beschleunigt werden darf. Ein entsprechender Gesetzentwurf von Wissing ist deshalb schon länger blockiert.

Erschwert wird eine Einigung durch harte Festlegungen der Parteizentralen. Am Montag verabschiedete das Parteipräsidium der Liberalen ein Positionspapier, wonach die Dauer von Planungs- und Genehmigungsverfahren „für alle Verkehrsträger“ mindestens halbiert werden soll.

Daraufhin sagte die Grünen-Co-Vorsitzende Ricarda Lang, eine generelle Beschleunigung für Verkehrsprojekte sei mit ihrer Partei nicht zu machen. „Denn wer alles priorisiert, beschleunigt am Ende gar nichts.“ Der Fokus müsse auf dem Ersatz von Brücken, dem Ausbau der Erneuerbaren und auf den Stromnetzen liegen „statt beim Neubau von Fernstraßen“.

Wissing reagierte genervt. Im Koalitionsvertrag stehe, dass die Planungszeit für alle Infrastrukturprojekte halbiert werden solle – also auch für neue Straßen. „Da rücke ich nicht von ab.“ Es würden immer zwei Dinge vermischt: Beschleunigung im Fachplanungsrecht und Priorisierung von Projekten. Natürlich könnten nicht alle Infrastrukturprojekte prioritär angegangen werden, aber für alle müsse das Fachplanungsrecht vereinfacht werden.

Doch die Grünen werfen Wissing genau diese Priorisierung von Straßenbauprojekten vor. Denn sein Gesetzentwurf, der dem Tagesspiegel vorliegt, sieht für Straßenbauprojekte, die im Bundesverkehrswegeplan „fest disponiert“ sind, den Status im „überragenden öffentlichen Interesse“ vor. Sie müssten damit von Gerichten und Planungsbehörden vorrangig behandelt werden.

Wer alles priorisiert, beschleunigt am Ende gar nichts.

Ricarda Lang, Grünen-Co-Vorsitzende

Da geht Steffi Lemke nicht mit. Die Umweltministerin erklärte aber bei Twitter: Ein möglicher Kompromiss sei, „dass marode Brücken schnell durch neue ersetzt werden sollten“.

Kritische Brücken werden im Koalitionsvertrag – anders als Straßenneubauten – auch als mögliche „prioritäre Vorhaben“ genannt. Doch im Verkehrsministerium würde man viele kaputte Brücken gerne vergrößert wieder aufbauen. Damit wären sie allerdings ein Autobahn-Ausbau und könnten nach den Vorstellungen des Umweltministeriums nicht bevorzugt genehmigt werden.

Gestritten wird auch um einzelne Strecken

Der Verkehrsminister und die FDP wollen vor allem die A45 zwischen dem Ruhrgebiet und Frankfurt schnell sechsspurig ausbauen und dabei viele einsturzgefährdete Brücken ersetzen. Die Grünen möchten hingegen unbedingt verhindern, dass die Verlängerung der Stadtautobahn A100 in Berlin und die sogenannte Küstenautobahn A20 beschleunigt gebaut werden.

Anders als die Grünen hält die FDP den Bau neuer Autobahnen aber grundsätzlich weiter für sinnvoll. Es sei nicht sinnvoll, die demokratisch beschlossene A20 langsamer umzusetzen als nötig, sagte Parteivize Johannes Vogel am Mittwoch. Angesichts des Verkehrswachstums brauche es zusätzliche Fernstraßen, betonte auch Wissing. „Ich habe nicht den Auftrag, Deutschland in Engpässe zu schicken.“

Nach dem Verbrennungsmotor und dem Tempolimit erleben wir mit der Planungsbeschleunigung den nächsten ideologischen Dissens zwischen Grünen und FDP in der Verkehrspolitik.

Ulrich Lange, CSU-Fraktionsvize

Die Mehrheit der Deutschen weiß Wissing dabei hinter sich. In einer repräsentativen Civey-Umfrage im Auftrag von Tagesspiegel Background sprechen sich 43 Prozent der Befragten klar für den Bau neuer Autobahnen aus. 15 Prozent sind eher dafür. Eher oder klar dagegen sind nur 31 Prozent. In dünn besiedelten Gebieten sind sogar 64 Prozent für Autobahnen, aber auch in der Stadt sind es immer noch 50 Prozent. 

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Die Union will von dieser Stimmung profitieren. „Nach dem Verbrennungsmotor und dem Tempolimit erleben wir mit der Planungsbeschleunigung nun den nächsten ideologischen Dissens zwischen Grünen und FDP in der Verkehrspolitik“, sagte Fraktionsvize Ulrich Lange (CSU). Die Grünen wollten Straßen vorsätzlich zu Schlaglochpisten zurückbauen und riskierten den Zusammenbruch von Brücken.

Wissing argumentiert mit Antriebswende

Neue Straßenprojekte hält Wissing auch ökologisch für unbedenklich. Autos und Lkw sollten deshalb bald kein CO2 mehr ausstoßen, sagte er. Warum solle man also Infrastruktur für emissionsfreie Fahrzeuge verdammen?, fragte er. Die Grünen hingegen halten eine Antriebswende allein nicht für ausreichend. Sie drängen auf eine Änderung des Verkehrsmix‘ und wollen deshalb vor allem in die Schiene statt in Straßen investieren.

Einnahmen aus der Lkw-Maut wollen sie für den Schienenausbau verwenden. Volker Wissing äußerte sich dazu zurückhaltend. Für eine solche Zweckbindung seien unter anderem noch verfassungsrechtliche Fragen zu klären, sagte er.

Grundsätzlich ist sich die Ampel-Koalition bei der Beschleunigung von Schienenprojekten jedoch weitgehend einig. Nachdem eine Regierungskommission dazu am Dienstag einen Bericht vorlegte, brachte Wissing bereits am Mittwoch die Eckpunkte ins Kabinett ein.

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