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Wirtschaft: „Gott hat es gut mit uns gemeint“

Dubai schließt bis 2009 viele Megabauprojekte ab – und setzt auf den Export seines Erfolgsmodells

Der Burj Dubai, das höchste Gebäude der Welt, soll Ende 2008 eingeweiht werden. Das neue Stadtzentrum, das um den Burj herum südlich der Stadt Dubai entsteht, ebenfalls. Die im Bau befindlichen Hotels sollen bis 2009 die Zimmerkapazitäten der Metropole am Golf von 40 000 auf 80 000 erhöhen und 16 Millionen Besucher jährlich anziehen. Die ersten Häuser auf der künstlichen Insel „Palm Jumeirah“ sind bereits bezogen. Die neue U-Bahn soll ab September 2009 dafür sorgen, dass man auf den Highways wieder fahren und nicht nur im Schritttempo kriechen kann. Der neue Großflughafen nimmt 2008 den Teilbetrieb auf. „90 Prozent der Großprojekte werden 2009 fertiggestellt“, sagt Mohamed Abdul Mannan von der Dubaier Tourismus- und Wirtschaftsmarketingbehörde DCTM. „Die Phase der Superlative im Bauwesen kommt damit zu einem Ende.“

Im Tourismus, der 30 Prozent des Bruttosozialproduktes von Dubai ausmacht, gilt es dann, bei verdoppelter Zimmerzahl die Auslastung von 98 Prozent im gesamten Jahr zu halten – die höchste weltweit nach New York. Dazu sollen neue Touristensegmente angesprochen werden. Bisher reisen vor allem Geschäftleute und Touristen, die einen Strandurlaub mit einer Einkaufsreise verbinden wollen, nach Dubai. Doch eine neue Sport-City soll internationale Wettkämpfe anziehen, eine eigene Stadt für Gesundheitsversorgung den Medizin-Tourismus ankurbeln, und neue Konferenzzentren sollen die Stadt zu einem Mittelpunkt für internationale Tagungen machen. „Das sind die drei Gebiete, auf die wir uns in den kommenden Jahren konzentrieren“, erklärt Mannam.

Die Freihandelszone Jebel Ali (Jafza) südlich der Stadt Dubai stößt bereits an ihre physischen Grenzen. „2009 sind wir fertig ausgebaut, dann umfasst die Zone zusammen mit dem Frachthafen 90 Quadratkilometer“, sagt der Finanzchef der Freihandelszone, Asim al Abbasi. Weiter expandieren kann die Zone, die direkt an den Frachthafen, die Autobahn und den neuen Flughafen grenzt, nicht. Seine Warteliste hat Abbasi geschlossen, weil er mit dem Ausbau nicht hinterherkommt. 1700 Unternehmen stehen derzeit auf der Liste. Zwar sind noch kleinere, spezialisierte Freihandelszonen wie der Techno-Park, der alternative Umwelttechnik anziehen soll, oder die Dubai- Auto-Zone geplant. Aber die weitere Expansion sieht der Finanzchef im Export des Dubaier Modells. „Entwicklungs- und Schwellenländer wenden sich an uns, damit wir ihnen beim Aufbau ähnlicher Zonen helfen“, erklärt der Emirati die nächste Expansionsphase. „Unser Projekt, die Freihandelszone direkt an Hafen, Flughafen und Straße anzubinden und in enger Kooperation mit den Schwesterunternehmen zu managen, ist ein Erfolgsmodell.“ Im afrikanischen Djibouti konnten die Dubaier Hafengesellschaft DP World und die Freihandelszone Jafza den Frachtverkehr in den vergangenen Jahren von 100 000 Tonnen auf zwei Millionen Tonnen steigern. Seither hätten sich viele weitere Länder Afrikas, darunter Marokko, an Dubai gewandt. In 19 Ländern betreibt DP World bisher Großhäfen. „Gott hat es gut mit uns gemeint“, sagt der Finanzchef.

Da das Bauland in Dubai langsam rar wird, hat auch der Stadtentwickler Emaar, der das neue Zentrum um den Burj Dubai baut, längst damit begonnen, sein Konzept zu exportieren. In 17 Schwellenländern Asiens und Afrikas entwickelt das Unternehmen Luxusquartiere und komplette neue Stadtviertel. 2010 sollen 70 Prozent der Einkünfte aus dem internationalen Geschäft kommen.

Dubai will darüber hinaus noch massiver den internationalen Waren- und Personenverkehr anziehen. Der stellvertretende Delegierte der deutschen Wirtschaft bei der Auslandshandelskammer in den Emiraten, Oliver Parche, beobachtet täglich, wie es immer stärker gelingt, „den Welthandel über Dubai umzulenken“. Faszinierend findet er dabei vor allem „die Geschwindigkeit, mit der sich das vollzieht“. Mit dem Einstieg in den Hafen Puerto Cabello in Venezuela und der Eröffnung einer direkten Flugverbindung nach Brasilien wird nun auch Lateinamerika fest angebunden. Damit wird voraussichtlich auch der Frankfurter Flughafen Einbußen hinnehmen müssen. Als große Verlierer sieht Parche die Finanzplätze London und Bahrain, da immer mehr islamisches Banking in Dubai und an der neuen Dubaier Börse abgewickelt wird. Auch die Messegesellschaften würden das Nachsehen haben, wenn sie nicht mit Dubai kooperieren, das sich als Zentrum für Ausstellungen etabliert. So hat 2006 erstmals die Blumenmesse International Plants Expo Middle East stattgefunden – mitorganisiert von der Messe Essen. Ein ebenso großer Erfolg ist die von der Messe Hannover seit 2006 in Dubai organisierte Ausstellung zu Fußbodenbelägen, die Domotex.

Mit dem absehbaren Abschluss der Megabauprojekte wird sich Dubai dennoch weiter verändern. Vor allem in der Bevölkerungszusammensetzung. Die vielen hunderttausend Arbeiter aus Indien und Pakistan, die teilweise unter sklavenähnlichen Bedingungen auf den Baustellen schuften, werden mittelfristig nicht mehr gebraucht. Doch angesichts der hohen Inflation, die inoffiziell bei mehr als zwölf Prozent liegen soll, und Steigerungen bei Mietpreisen und Schulkosten von um die 40 Prozent jährlich wird es auch schwieriger werden, mittelständische Unternehmen in Dubai zu halten. Der Trend geht dazu, dass weltweit operierende Unternehmen ihre Regionalsitze oder gar Hauptquartiere nach Dubai verlegen. So wie kürzlich die amerikanische Ölförderfirma Halliburton ihren Sitz von Texas an den Golf verlegt hat.

Die einzig absehbare Bedrohung könnte also nur weitere politische Unruhe in der Region sein, etwa ein amerikanischer Angriff auf Iran. Doch dies wird in Dubai offiziell gelassen gesehen. „Selbst eine militärische Auseinandersetzung in Iran wird keine bedeutenden Auswirkungen auf das Geschäft in Dubai haben“, glaubt Mannam von der Tourismusbehörde. Man habe den 11. September und die Kriege in Afghanistan und Irak nicht nur unbeschadet überstanden, sondern habe seit 2001 ständig expandiert – auch im eigentlich anfälligen Tourismus.

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