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Wirtschaft: Großrazzia bei Bahn-Lieferant

Baustellenfirma soll den Staatskonzern in großem Stil betrogen haben – sie rechnete Leistungen ab, die es gar nicht gegeben hat.

Berlin - Die Deutsche Bahn ist offenbar mit Hilfe überhöhter Rechnungen um eine Menge Geld gebracht worden. Am Dienstag durchsuchte die Bundespolizei zwölf Objekte in acht Bundesländern, auch in Berlin. Im Fokus der Ermittlungen wegen besonders schweren Betrugs steht ein 49-Jähriger, der seit Jahren über seine Firmen Bahn-Baustellen abgesichert hat, wie die Bundespolizei mitteilte. Die Justiz wirft ihm vor, mehr Leistungen abgerechnet zu haben, als seine Leute tatsächlich erbracht haben.

300 Beamte seien an den Razzien beteiligt gewesen, die morgens um sechs Uhr begonnen hätten, heißt es. Sie hätten in fünf Firmensitzen und einer Privatwohnung umfangreiche Unterlagen und Speichermedien sichergestellt, die nun ausgewertet werden. Die Firma ist nach Angaben der Bundespolizei in Karlsruhe ansässig und unterhält ein weit verzweigtes Netz von Tochter- und Schwesterfirmen. Der Hauptverdächtige, der auf freiem Fuß ist, soll die überhöhten Einnahmen aus den Unternehmen gezogen haben. Ob er sich zu den Vorwürfen äußert, war nach Angaben der Karlsruher Staatsanwaltschaft zunächst unklar. Bereits seit August 2013 laufen die Ermittlungen gegen ihn. Auslöser sei ein anonymer Hinweis an den Konzern gewesen.

Weder die Bahn noch Staatsanwaltschaft oder Bundespolizei konnten den Schaden für das Unternehmen am Dienstag näher beziffern. „Das ist aber keine Kleinigkeit“, hieß es bei der Justiz. Eine Bahn-Sprecherin verwies auf das jährliche Einkaufsvolumen des Staatskonzerns von mehr als 20 Milliarden Euro. Mit rund 16 000 Lieferanten und Dienstleister im In- und Ausland unterhält die Bahn Geschäftsbeziehungen. „Diese riesige Summe birgt das Risiko, durch Wirtschaftskriminalität geschädigt zu werden, gegen die wir konsequent vorgehen“, hieß es weiter.

Bei der Bahn gibt es wie in vielen großen Firmen ein Hinweissystem, bei dem sowohl Bahn-Mitarbeiter als auch Externe telefonisch, schriftlich oder auch über Ombudsleute Tipps über Straftaten und Unregelmäßigkeiten geben können. Das können sie auch anonym tun.

Immer wieder wird die Bahn das Opfer von Betrügern. Im vergangenen Jahr mussten sich vier leitende Angestellte von Gleisbauunternehmen im brandenburgischen Neuruppin vor Gericht verantworten. Unter anderem sollen zwei von ihnen die Bahn um 630 000 Euro betrogen haben, indem sie für Winterdienstarbeiten auf Bahnhöfen rund um Berlin Arbeitsstunden in großem Umfang abgerechnet haben, die ihre Firma aber nie erbracht hatte, etwa für das Schneeräumen auf Bahnsteigen. Bei Reinigungsfirmen, die in den Stationen tätig sind, kenne man dieses Problem ebenfalls, heißt es im Konzern. Auch ein Kartell von Schienenherstellern hatte die Bahn und den Steuerzahler geschädigt. Die Firmen hatten in der Vereinigung „Schienenfreunde“ über ein Jahrzehnt die Preise für Schienen abgesprochen. Carsten Brönstrup

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