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© dpa

Währung: In einzelnen Teilen

Athen hat sich mit einer Staatsanleihe ein wenig Luft verschafft. Aber andere Krisenherde bedrohen den Euro. Wie kann die europäische Währung geschützt werden?

Operation gelungen – Anti-Euro-Spekulation tot. So soll sie bald lauten, die Traum-Überschrift für Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Griechenlands Premier Giorgos Papandreou und alle anderen, die in diesen Tagen versuchen, die Haushaltsprobleme Griechenlands in den Griff zu bekommen und die Möglichkeit eines Euro-Zerfalls im Keim zu ersticken. Während sich die Griechen in der vergangenen Woche mit der erfolgreichen Platzierung einer Anleihe über fünf Milliarden Euro am Kapitalmarkt fürs Erste Luft verschafften, geht die Diskussion weiter, welche Lehren aus der Griechenlandkrise zu ziehen sind.

Welche Fehler haben die Europäer seit der Einführung des Euro gemacht?

Das wichtigste Instrument gegen eine Aufweichung des Euro ist der Stabilitätspakt. Er sieht vor, dass die jährliche Neuverschuldung der Euro-Staaten 3,0 Prozent des Bruttoinlandsproduktes nicht überschreiten darf. Der Euro sollte genauso hart werden wie die D-Mark.

Doch spätestens seit März 2005 ist das Geschichte. Die EU-Finanzminister weichten den Stabilitätspakt auf und beschlossen, dass „ausnahmsweise und vorübergehende“ Verstöße gegen die Defizitgrenze möglich sind. Der Vorschlag ging von Deutschland selbst aus.

Nicht nur der Stabilitätspakt hat sich in der Vergangenheit als zahnlos erwiesen, sondern auch die EU-Statistikbehörde Eurostat mit Sitz in Luxemburg. An diese Adresse müssen die Mitgliedsländer der Gemeinschaftswährung regelmäßig Daten über ihre Neu- und Gesamtverschuldung mitteilen. So auch Griechenland, das 2001 Mitglied der Eurozone wurde. Dass es bei den von Athen gelieferten Daten nicht mit rechten Dingen zugehen konnte, war Eurostat intern bekannt. Allerdings verfügt das Luxemburger Statistikamt nicht über Kontrollrechte in den Mitgliedstaaten: Nach den Worten von Europas oberstem Statistiker Walter Radermacher hat Eurostat keine Möglichkeit zu überprüfen, ob die gelieferten Daten korrekt sind. Im Fall Griechenland waren sie ganz offensichtlich gefälscht.

Was soll sich in Zukunft ändern?

Die Reformdiskussion dreht sich auch um die Frage, wie solche Fälschungen von Daten künftig verhindert werden können. Eurostat-Chef Radermacher verlangt von den Mitgliedstaaten, sein Amt mit mehr Kontrollbefugnissen auszustatten, die auch eine Buchprüfung vor Ort ermöglichen würden. Ob es dazu kommt, ist ungewiss. Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, Eurostat in eine unabhängige Aufsichtsbehörde umzuwandeln. Einen ähnlichen Vorstoß gab es bereits vor einigen Jahren – umgesetzt wurde er aber nicht.

Unklar ist auch noch, welche Chance der Vorschlag von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat, eine Art Europäischen Währungsfonds (EWF) zu gründen. Bis Ende April wolle Schäuble dazu konkrete Vorschläge vorlegen, hieß es im Finanzministerium. In Frankreich stieß die Idee auf Zustimmung. „Europa muss sich eine Institution geben, um solche Krisen zu meistern“, sagte der Vorsitzende des Finanzausschusses des französischen Senats Jean Arthuis dem „Handelsblatt“. Er plädiert dafür, einen EWF mit weitreichenden Kompetenzen auszustatten. Der Fonds solle EU-Mitglieder „wie ein Konkursverwalter“ zu schmerzhaften Reformen zwingen können. Dazu müssten zwar die EU-Verträge geändert werden. Der Schritt sei aber alternativlos.

Daniel Gros, Leiter des Centre for European Policy Studies (CEPS) und Deutsche-Bank-Chefvolkswirt Thomas Meyer hatten ebenfalls eine EWF-Gründung vorgeschlagen. Solch ein Fonds solle bei finanziellen Engpässen die Schulden des Landes mit einem Preisabschlag aufkaufen und wäre dann einziger Gläubiger, mit entsprechend besseren Einfluss- und Sanktionsmöglichkeiten. Bislang gibt es im gemeinsamen Währungsraum der 16 Euro-Staaten keinen Mechanismus, einem Staat in Zahlungsschwierigkeiten zu helfen.

Gegen einen EWF hat sich der frühere Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) ausgesprochen. Er verweist auf den Internationalen Währungsfonds (IWF). „Warum ist Europa mit seinen Ländern Mitglied im IWF, wenn dann nur noch Ländern in Latein- und Südamerika oder in Afrika und Asien geholfen wird?“, sagte der Ex-Finanzminister dem „Handelsblatt“.

Gegen welche Euro-Länder richtet sich die Spekulation sonst noch?

Es gibt fünf Staaten in der Eurozone, die den wenig schmeichelhaften Spitznamen „Piigs“ – in Anlehnung an das englische Wort für „Schwein“ – tragen und die sich derzeit gegen Spekulation wehren müssen: Neben Griechenland sind das Portugal, Italien, Irland und Spanien. Allerdings ist es falsch, die Defizite der „Piigs“-Staaten über einen Kamm zu scheren. Während Irland vor allem von der Bankenkrise betroffen war, haben die Südstaaten mit ihren strukturellen Defiziten zu kämpfen: mangelnde Wettbewerbsfähigkeit und vergleichsweise hohe Lohnstückkosten. Das ist vor allem für Spanien und Italien ein Problem. Während Rating-Agenturen wie Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch aber Italien als insgesamt stabil bewerten, könnten die Spekulanten demnächst Spanien in den Blick nehmen. Dort beträgt das Haushaltsdefizit mittlerweile zehn Prozent.

Gibt es Möglichkeiten, die Spekulation gegen einzelnen Euro-Länder einzudämmen?

Spekulanten konzentrieren sich derzeit auf Griechenland und – außerhalb der Eurozone – auf das britische Pfund. Als Ursache für die Anti-Euro-Hysterie hat die Politik die Wetten auf Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps/CDS) als Ursache ausgemacht. Kanzlerin Merkel fordert, dass es keine ungehinderten Spekulationen mit CDS mehr geben dürfe. Ohne Hilfe der USA ist eine Eindämmung der CDS-Spekulationen allerdings nicht denkbar. Immerhin verlangt auch US-Regierungsberater Paul Volcker mehr Transparenz im CDS-Handel – ein weiteres Indiz dafür, dass die Spekulationen mit den Versicherungen aus dem Ruder gelaufen sind. mit HB

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