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Wirtschaft: Jetzt die Kultur

Michael Schindhelm, bis vor kurzem noch Generaldirektor der Opernstiftung in Berlin, sitzt im schummrigen Hotelrestaurant und denkt darüber nach, wie er wohl Hochkultur an den Persischen Golf bringen kann. Fürs Nachdenken wird er von der Regierung von Dubai bezahlt, heute war sein erster Arbeitstag.

Michael Schindhelm, bis vor kurzem noch Generaldirektor der Opernstiftung in Berlin, sitzt im schummrigen Hotelrestaurant und denkt darüber nach, wie er wohl Hochkultur an den Persischen Golf bringen kann. Fürs Nachdenken wird er von der Regierung von Dubai bezahlt, heute war sein erster Arbeitstag. „Das wird eine langfristige Aufgabe“, sagt er und blickt sich um. Das einzige Anzeichen von Kultur in seinem Blickfeld ist der philippinische Barsänger, der sich selbst zu Beatles-Songs an der Elektroorgel begleitet. „Einer der nächsten Klassik-Weltstars soll sagen: Mein Zuhause ist Dubai!“ sagt Schindhelm kämpferisch, und der Philippiner singt wie zur Bestätigung „Love, love me do!“

Der Umzug von Schindhelm ist eines der deutlichsten Zeichen für den neuesten Trend am Golf: Nachdem die Scheichs mit Ölgeld Inseln ins Meer, Skipisten in die Wüste und Städte ins Nichts gebaut haben, ist jetzt die Kultur dran. Abu Dhabi hat sich ein Museum vom Louvre und eins von Guggenheim gekauft, in Doha entsteht eine Philharmonie. Und in Dubai eröffnet in der gleichen Woche, in der Schindhelm eintrifft, die „Gulf Art Fair“, die erste Messe für zeitgenössische Kunst in der Region.

Im Kongresscenter am Fuße der Hotel- Ikone „Burj Al Arab“ stellen Galeristen aus aller Welt aus. Vor dem Kunstwerk namens „The Fear“ („Die Furcht“) treffen ein Galerist aus London und ein Mann in weißem traditionellen Gewand der Golfaraber aufeinander. Das Werk ist eine Installation des britischen Topstars Damien Hirst: In einem großen Medizinschrank mit Glastüren hat er Schachteln von Arzneimitteln arrangiert.

Der Besucher fragt den Galeristen: „Können Sie mir erklären, was es bedeutet?“ – „Damien redet selten darüber, was er ausdrücken will“, sagt der, sich etwas windend. Fragt der Scheich: „Hat es vielleicht etwas mit der Anordnung der Schachteln zu tun?“ – „Bestimmt!“, sagt der Galerist erleichtert. „Wir mussten es hier auch genau nach seinen Anweisungen aufbauen.“ – „Was kostet das Kunstwerk denn?“, fragt der Gast. „Eins- Komma-sechs Millionen Dollar“, sagt der Galerist trocken. „Das kann ich mir ja für 160 Dollar selber bauen“, sagt da der Besucher beim Weggehen. Der Galerist ist mit der Messe am ersten Abend trotzdem zufrieden: „Es ist eben ein Erziehungsprozess – für beide Seiten.“

Der Autor (45) betreibt eine Medienfirma in Dubai und lebt abwechselnd dort und in Berlin.

ein Geschäftsmann

aus Berlin, erzählt von Arabien

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