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Ein wahrer Mentor treibt seinen Schüler zu Höchstleistungen an – wie der Jedi-Meister Yoda den jungen Luke Skywalker in „Star Wars“.

© imago

Mentoring für Schüler: Volle Rückendeckung

Mentoring-Programme leisten, was viele Schulen nicht schaffen: Sie helfen Jugendlichen, den Sprung ins (Berufs-)Leben zu meistern.

Es klingt zunächst ein wenig konspirativ: Zwei Komplizen treffen sich einmal im Monat und schmieden einen Plan. Auf den ersten Blick haben sie kaum etwas gemeinsam. Nikola Trivic, 15 Jahre, zehnte Klasse, Kapuzenpulli. Stefan Trachte, 39, Vertriebswirt bei der Daimler AG. Trotzdem nennt Nikola Stefan seinen „erwachsenen Freund“. Mal verabreden sie sich im Museum, mal gehen sie essen. Was geht hier bloß vor?

„Ich bin immer noch unentschlossen, in welche Richtung ich nach dem Abi gehen soll“, sagt Nikola. Stefan will ihm helfen, das herauszufinden. Die beiden sind ein Coachingpaar bei dem Mentoring- Programm „Die Komplizen“. Die Initiative bringt bundesweit Schüler und Berufstätige zusammen. Neben Tandems stehen auch Netzwerktreffen und Arbeitsbesichtigungen auf dem Plan. Nikola freut sich schon auf seinen nächsten Termin bei der Lufthansa direkt am Flughafen Tegel. Wie oft hat man sonst die Gelegenheit, einem Piloten im Cockpit über die Schulter zu schauen?

„Es ist ein Coaching fürs Leben“, sagt Stefan Trachte. Seit sechs Monaten steht er seinem Mentee inzwischen zur Seite. Gemeinsam überlegen sie, wo Nikolas Stärken liegen und welcher Beruf der richtige für ihn ist. Keine leichte Aufgabe für einen 15-Jährigen. Doch der Zehntklässler ist gut dabei. Er war Praktikant bei einer Bank, begeistert hat ihn der Job aber nicht. Ein Baumanagement-Studium könnte er sich gut vorstellen. Und ein Austauschjahr in Frankreich. „Französisch liegt mir“, schmunzelt er. Sein Mentor sucht mit ihm geeignete Studienangebote, schickt ihn zu Jobmessen und hilft, die mitgebrachten Prospekte auszuwerten. „Noch vor einem halben Jahr habe ich mich damit überhaupt nicht beschäftigt“, sagt der Schüler. Erst durch das Mentoring mache er sich Gedanken.

Wie wichtig das ist, zeigt eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung McKinsey: In der Schule würden Jugendliche nicht gut genug auf den Beruf vorbereitet, heißt es dort. Nur jeder dritte Azubi würde sich wieder für seine Lehre entscheiden. Zwei Drittel fühlen sich im Nachhinein falsch über ihren Beruf informiert.

Mentoring-Programme setzen genau dort an, wo viele Angebote zur Berufsorientierung offenbar zu kurz greifen: Sie leisten eine intensive, individuelle Betreuung. Und stoßen damit auf große Resonanz. Allein die Komplizen haben in neun Jahren über 10 000 Schüler begleitet.

Freiwilligkeit ist die Grundvoraussetzung

Ähnliche Projekte gibt es viele. Bei „Rock your Life!“ etwa helfen Studenten Schülern, ihre berufliche Zukunft zu meistern. „Arbeiterkind.de“ ermutigt junge Menschen aus nicht-akademischen Familien, ein Studium anzupacken. Und das Mentoring-Projekt „Sista Abla“ unterstützt junge Frauen mit Migrationshintergrund auf ihrem Weg zum Abitur und an die Uni. Aufgrund der guten Erfahrungen wurde das Projekt inzwischen um eine männliche Zielgruppe („Brotha-Abi“) erweitert.

Für alle Programme gilt: „Freiwilligkeit ist die Hauptvoraussetzung“, sagt Ursula Rettinger, die das Mentoren-Projekt der Bürgerstiftung Neukölln koordiniert und eng mit vier Neuköllner Schulen zusammenarbeitet. „Wir nehmen weder die Guten, noch die Schlechten, sondern die Motivierten.“ 230 Schüler nahmen bis heute an dem Projekt teil. Rettinger wünscht sich, es wären mehr. Doch dafür fehlten die Kapazitäten, das Programm sei auf Sponsoren angewiesen.

Die Neuköllner Tandems treffen sich einmal pro Woche. Bei der Bewerbung spielen Noten keine Rolle. Für viele Jugendliche, die in dem Problembezirk aufwachsen und nur selten den Schulabschluss schaffen, bedeutet das neue Perspektiven. „Die meisten kennen nur wenige Berufe: Koch, Friseuse, Kosmetikerin“, sagt Rettinger. Mentoren öffnen ihnen den Horizont, spornen sie an, und geben Rückendeckung.

Ein Erfolgsrezept gibt es nicht. „Jedes Tandem ist anders“, sagt Mentor Stefan Trachte. Es komme auf die individuellen Ziele an. Genau das macht es aber so spannend. Ein Mentoring ist eben ein großes Abenteuer – für beide Seiten.

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