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Die Bundeswehr will ihre "Leopard 2"-Panzer sukzessive ausrangieren.

© dpa

Konsolidierung in der Rüstungsbranche: Deutscher Panzerbauer sucht Schulterschluss mit Frankreich

Der bayrischer Panzerbauer Krauss-Maffei Wegmann will mit dem französischen Unternehmen Nexter Systems fusionieren. Kritiker sind alarmiert.

Der deutschen Rüstungsindustrie steht eine spektakuläre Fusion ins Haus: Der bayerische Panzerbauer und europäische Marktführer Krauss-Maffei Wegmann (KMW) will sich mit dem französischen Konkurrenten Nexter Systems zusammenschließen. Ein entsprechender Vertrag soll dem Vernehmen nach in der kommenden Woche abgeschlossen werden. Allerdings wäre der Zusammenschluss dann noch nicht perfekt: Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) unter der Federführung von Sigmar Gabriel (SPD) muss innerhalb eines Monats prüfen, ob der Deal mit dem Außenwirtschaftsgesetz vereinbar ist. Kommen in dieser Zeit keine Einwände, gilt die Genehmigung als erteilt. Das Ministerium könnte die Fusion aber auch komplett ablehnen oder einem Zusammenschluss nur unter Auflagen zustimmen.

Zusammen kommen beide Unternehmen auf einen Jahresumsatz von zwei Milliarden Euro

Sollten KMW und Nexter ihre Pläne ohne Änderung umsetzen dürfen, entstünde unter dem Dach einer Holding und mit Firmensitz in Amsterdam Europas größter Panzerbauer: Addiert man die aktuellen Eckdaten der beiden Rüstungsunternehmen, hätte der Großkonzern rund 6000 Mitarbeitern und käme auf einen Jahresumsatz von knapp zwei Milliarden Euro. Der Zusammenschluss soll Doppelarbeit bei Forschung und Entwicklung sparen, Einkauf und Vermarktung bündeln und so die Kosten senken. Vor allem aber hoffen KMW und Nexter darauf, gemeinsam im Ausland zu expandieren.

Noch ist Nexter in staatlicher Hand

Nexter Systems ist derzeit noch in staatlicher Hand, kann aber aufgrund einer entsprechenden Gesetzesänderung in der vergangenen Woche nun privatisiert werden. Aktuell beschäftigt das Unternehmen an neun Fertigungsstätten in Frankreich rund 3000 Menschen. Sie produzieren neben dem Kampfpanzer „Leclerc“ auch Minenräumfahrzeuge, kleinere geschützte Fahrzeuge und Artilleriegeschütze. Allerdings halten Politik und Wirtschaft die Rüstungsfirma in dieser Konstellation langfristig offenbar nicht für wettbewerbsfähig: Von der Fusion mit KMW erhofft man sich vor allem ein zusätzliches Exportgeschäft.

KMW ist Europas Marktführer im Panzerbau

Das Münchner Familienunternehmen ist nach eigenen Angaben derzeit Europas größter Panzerbauer. Es beschäftigt in München, Kassel und an kleineren Standorten insgesamt 3200 Mitarbeiter. Mit dem Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall baut KMW den Radpanzer „Boxer“ und den Schützenpanzer „Puma“. Das Aushängeschild des Hauses ist der Kampfpanzer „Leopard 2“, von dem die Bundeswehr 328 Stück besitzt und der weltweit heiß begehrt ist. Allerdings gelten in Deutschland für solche Güter strenge Ausfuhrregeln.

Kritiker befürchten einen Ausverkauf der deutschen Rüstungsindustrie

Rainer Arnold, Bundestagsabgeordneter und Verteidigungsexperte der SPD, fürchtet, dass die restriktiven Auflagen bei einer Fusion von Nexter mit KMW aufgeweicht werden könnten – und einen Ausverkauf der deutschen Rüstungsindustrie zur Folge haben könnte. Vor allem hält es der Politiker für sehr wahrscheinlich, dass deutsche Spitzentechnologie ins Nachbarland abwandert. „Man will zusammengehen, um seine Produkte dann beliebig exportieren zu können“, sagte Arnold dem Tagesspiegel. Er geht davon aus, dass vor allem deutsche, mittelständische Zulieferbetriebe aus dem Markt gedrängt werden könnten, wenn der geplante Zusammenschluss über die Bühne ist.

Die Branche befindet sich in einer Konsolidierungsphase

Die aktuellen Fusionspläne von KMW und Nexter sind ein Paradebeispiel für die Konsolidierungsphase, die Europas Rüstungsindustrie seit dem Ende der Kalten Krieges durchläuft. Weil Nationalstaaten wie Deutschland deswegen und aufgrund einer generellen Sparpolitik ihre Wehretats immer weiter zurückgeschraubt haben, findet die hiesige Industrie immer weniger Abnehmer. Während die Bundeswehr sowohl aus geopolitischen als auch finanziellen Gründen heute weit weniger für Rüstung ausgibt, würden Länder wie Saudi-Arabien, das Arabische Emirat Katar oder Indonesien gerne sechsstellige oder noch höhere Beträge in deutsches Wehrgut investieren. Doch nicht selten scheitert der Export an deutschen Gesetzen.

Die strengen Exportregeln sollen weiter laut Wirtschaftsministerium weiter gelten

Die strengen Regeln sollen laut Wirtschaftsministerium auch mit Blick auf die mögliche Fusion von Krauss-Maffei Wegmann und Nexter weiter gelten. Allerdings diskutiert man in Frankreich schon seit geraumer Zeit darüber, wie man sie ganz legal umgehen könnte und beruft sich dabei auf eine 1973 unter den damaligen Verteidigungsministern Helmut Schmidt und Michel Debré geschlossene Vereinbarung. In deren Artikel zwei sicherten sich die Regierungen beider Länder zu, die jeweils andere nicht daran zu hindern, Rüstungsgüter in dritte Länder zu exportieren, die in Kooperation entwickelt und hergestellt wurden. Notfalls, so ist jetzt in Paris zu hören, müsse dieser Artikel neu verhandelt werden. mit hhb

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