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Wirtschaft: Luftbuchungen bei Nici

Chef des Maskottchenherstellers soll Umsatz und Kunden erfunden haben

Berlin - Der entlassene Chef und Gründer des Plüschtierherstellers Nici, Ottmar Pfaff, steht im Verdacht, Umsätze vorgetäuscht und die Banken mit Scheinrechnungen an erfundene Kunden getäuscht zu haben. Die Staatsanwaltschaft Hof teilte am Freitag mit, sie habe Ermittlungen gegen Pfaff wegen Betrugs eingeleitet. Der Hersteller des WM-Maskottchens Goleo hatte am Dienstag wegen Zahlungsunfähigkeit Insolvenz angemeldet. Anders als vermutet scheint nicht der schleppende Verkauf des hosenlosen WM-Löwen für die Pleite verantwortlich zu sein, sondern der möglicherweise groß angelegte Bilanzbetrug.

Nach verschiedenen Hausdurchsuchungen seien im Geschäftsverkehr des Unternehmens „erhebliche finanzielle Unregelmäßigkeiten“ festgestellt worden, sagte der Leiter der Staatsanwaltschaft, Gerhard Schmitt, am Freitag. Er bestätigte, dass am Donnerstag sechs Geschäftsräume und das Privathaus von Pfaff durchsucht und „eine Menge Geschäftsunterlagen“ beschlagnahmt worden seien. „Wir haben mehrere Umzugskisten gefüllt“, sagte Schmitt dem Tagesspiegel. Die Unterlagen müssten nun erst ausgewertet werden, bevor man sich zu konkreten Vorwürfen gegen Pfaff äußern könne. „Wir halten uns an die Fakten.“ Die Prüfung werde geraume Zeit in Anspruch nehmen.

Nici hatte im vergangenen Jahr die Lizenz des Weltfußballverbands Fifa zur Herstellung des Maskottchens vom Medienunternehmen EM.TV erworben. Nici vermarktet seine Produkte international in mehr als 40 Ländern und betreibt allein in Deutschland 37 eigene Nici-Shops. Beschäftigt werden 576 Mitarbeiter. 2005 hatte Nici bei einem Umsatz von 155,8 Millionen Euro einen Verlust von mehreren Millionen Euro erzielt. Noch 2004 wurde ein Gewinn von 12,2 Millionen Euro bei einem Umsatz von 130 Millionen Euro erwirtschaftet.

In den vergangenen Tagen hatte es zum Teil widersprüchliche Mitteilungen des Unternehmens gegeben. „Die waren alle sehr überrascht, als klar wurde, was wirklich hinter den finanziellen Problemen steckt“, hieß es am Freitag im Umfeld des Unternehmens. So soll Pfaff, der die nicht börsennotierte Nici AG 1986 mit seiner Exfrau Marina gründete, Scheinrechnungen an Kunden ausgestellt haben, die es gar nicht gab. Die fiktiven Forderungen sollen später an Factoring-Gesellschaften von Banken verkauft worden sein. Hier fiel der Betrug aber offenbar nicht auf. „Da hätten die Banken etwas genauer hinschauen müssen“, sagte ein Beobachter.

Der Schwindel flog erst bei der Prüfung des Jahresabschlusses 2005 auf. Wirtschaftsprüfer bei Nici ist die Nürnberger Gesellschaft Rödl & Partner, die sich am Freitag zu den Vorkommnissen auf Anfrage nicht äußern wollte. Dem Vernehmen nach stellten die Wirtschaftsprüfer kein Testat für den Jahresabschluss 2005 aus, weil sie auf die fingierten Rechnungen gestoßen waren. Daraufhin wurde umgehend der Aufsichtsrat von Nici informiert, der Pfaff seines Amtes enthob. Die Banken kündigten Nici in der Folge die Zusammenarbeit, was die Aktiengesellschaft in finanzielle Turbulenzen brachte. Unklar ist noch, wie groß der Schaden ist, der Nici und den Banken durch den mutmaßlichen Bilanzbetrug entstanden ist. Die Rede ist von mehreren zehn Millionen Euro.

Die Nici AG hatte zunächst mitgeteilt, der schleppende Verkauf des WM-Maskottchens Goleo sei für die Insolvenz verantwortlich. Dies wies der Insolvenzverwalter Michael Jaffé inzwischen zurück. „Wir verkaufen mit Hochdruck. Der Vertrieb im In- und Ausland läuft reibungslos“, sagte Jaffé der Nachrichtenagentur AP. Es sei nun wichtig zu klären, „welche Zahlen wirklich in den Büchern stehen“. Inzwischen haben sich nach Jaffés Angaben zahlreiche Kaufinteressenten aus dem In- und Ausland gemeldet. Es sei aber noch zu früh, um über einen Verkauf oder einen Investor zu entscheiden.

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