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Schmutzige Geschäfte: Mittelständler unterschätzen Wirtschaftskriminalität

Rund 20 Milliarden Euro Schaden verursachen Diebstahl, Unterschlagung und Betrug bei deutschen Mittelständlern. Ganz unschuldig sind die betroffenen Firmen daran nicht, wie eine Studie zeigt.

Die Gefahren der Wirtschaftskriminalität werden von vielen Mittelständlern unterschätzt. Dabei beläuft sich der Schaden aus Diebstahl, Unterschlagung, Betrug und Korruption in Deutschland nach Angaben der Unternehmensberatung KPMG jedes Jahr auf rund 20 Milliarden Euro. In dieser Summe sind mögliche Folgekosten für Rechtsstreitereien, Reputationsverluste oder der Ausschluss von Ausschreibungen noch nicht enthalten.

Im Schnitt entstehen für jedes Unternehmen jährlich Verluste von gut 317 000 Euro, jeder Fall schlägt mit 30 000 Euro zu Buche. Gut 80 Prozent der Mittelständler halten ihre Schutzmaßnahmen einer neuen KPMG-Studie zufolge gleichwohl für ausreichend. „Dabei war jedes vierte Unternehmen in den vergangenen zwei Jahren selbst Opfer von Wirtschaftskriminalität“, sagte KPMG- Partner Frank Hülsberg am Dienstag in Frankfurt. „Das ist alarmierend.“

Auch bei der Einschätzung der größten Gefahren liegt der Mittelstand nach Ansicht der KPMG daneben: Die Unternehmen glauben, dass vor allem Datendiebstahl und -missbrauch sowie die Verletzung von Schutz- und Urheberrechten für sie gefährlich sind. Tatsächlich, so Hülsberg, seien die Firmen überwiegend von Diebstahl, Unterschlagung, Betrug und Untreue betroffen, die in jedem Einzelfall Schäden zwischen 16 000 und gut 23 000 Euro verursachten.

Angreifbar machen sich mittelständische Unternehmen, weil ihre Unternehmenskulturen nach Erkenntnissen der KMPG häufig allein auf Vertrauen basieren. Sogenannte Compliance-Regeln, Kontrollmechanismen oder das einfache Vier-Augen-Prinzip gehörten in vielen Firmen nicht zur täglichen Praxis oder würden vernachlässigt, sagte KPMG- Experte Frank Weller. Dies sei umso bedenklicher, als häufig gerade jene Mitarbeiter eine Gefahr darstellten, auf die man sich besonders verlasse. „50 Prozent der Täter kommen aus dem eigenen Unternehmen. Weitere 20 Prozent der Vergehen resultieren aus der Zusammenarbeit von Mitarbeitern mit Externen.“

Einen Hinweis darauf, dass Mittelständler das Risiko unterschätzen, gibt laut KPMG auch die Tatsache, dass die Hälfte der Delikte nur durch Zufall aufgedeckt werden. Es sei deshalb bedenklich, dass die Firmen kaum in den Ausbau von Präventionsmaßnahmen investierten, sagte Weller. Er kennt Fälle, in denen Firmen aufgrund von Wirtschaftskriminalität in Existenznöte gerieten, weil sie durch Verstöße oder durch Ermittlungen bei vermeintlichen Verstößen über Jahre hin von wichtigen Exportmärkten ausgeschlossen würden.

Bei Großunternehmen sind die Risiken, von kriminellen Handlungen getroffen zu werden, zwar größer. Dort seien allerdings auch die Vorsichtsmaßnahmen erheblich besser. Hier gelten vor allem Datendiebstahl und Produktpiraterie als größte Gefahren. Weller zufolge gibt es bei Großbanken zum Teil pro Tag 30 000 Attacken auf die Rechner, etwa indem über Phishing-Mails Kundendaten abgefragt und dann missbräuchlich genutzt würden. Datenklau sei generell die größte Herausforderung der Zukunft, warnte Weller.

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