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Wirtschaft: „MM“ sitzt mitten im Schlamassel

Vorstandschefin der KfW sieht sich mit „Triggern“ und anderen komplizierten Dingen konfrontiert

Frankfurt am Main - Naivität und Unerfahrenheit kann man Ingrid Matthäus- Maier wahrlich nicht vorhalten. Seit acht Jahren sitzt die Juristin im Vorstand der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), seit Oktober 2006 leitet sie die Bank als Vorstandschefin. Und davor saß die heute 62-Jährige 23 Jahre lang für FDP und SPD im Bundestag und galt als ausgewiesene Finanzexpertin. Von „Triggern“ hatte aber selbst Matthäus-Maier bis vor wenigen Wochen noch nie etwas gehört. Auch sie muss seit dem Ausbruch der Finanzkrise in diesem Sommer dazulernen.

Die KfW trifft es derzeit besonders heftig, weil die IKB, an der die KfW 38 Prozent der Anteile hält, hochriskante Geschäfte mit so genannten strukturierten Finanzprodukten abgeschlossen hat. Dafür die die KfW mittlerweile mit 4,8 Milliarden Euro geradestehen. Das Problem sind Papiere im Volumen von rund 17 Milliarden Euro, die die IKB über ihren nicht in der Bilanz aufgeführten Ableger Rhineland Funding abgeschlossen hat. Festgehalten ist dies in 140 einzelnen Verträgen, von denen 72 mit jenen Triggern versehen sind. Diese Fußnoten besagen, dass die Papiere ab einer bestimmten Schwelle verkauft werden müssen. „400 Seiten sind die einzelnen Verträge dick. Und auf Seite 92 stehen klein gedruckt diese Trigger“, sagt Matthäus-Maier. Selbst Fachjuristen hätten Schwierigkeiten, da durchzusteigen. Zweites Problem: Quasi hinten herum habe die IKB zusätzliche Verlustgarantien gegeben, von denen man bis vor wenigen Wochen nichts gewusst habe.

Am Freitag wird Matthäus-Maier dem 37-köpfigen Verwaltungsrat der KfW mit den Bundesministern Peer Steinbrück (SPD) und Michael Glos (CSU) an der Spitze die Lage erläutern müssen. Es wird der bisher schwerste Gang für die KfW- Chefin, die in den vergangenen Wochen erkennbar gestresst wirkt. Zumal sie auch den Eindruck zurückweisen muss, dass das eigentliche Geschäft der KfW leidet und möglicherweise sogar der Steuerzahler leiden muss. Dass sie mit solchen Situationen konfrontiert werden würde, konnte Matthäus-Maier nicht ahnen. Auf Förderkredite für Mittelstand, Wohnungsbau, Umwelt- und Klimaschutz und damit die nachhaltige Unterstützung der deutschen Wirtschaft und auf die Hilfe für Entwicklungsländer hatte sich Matthäus-Maier eingestellt, als sie zur KfW kam, nachdem sich ihr Traum, zur Finanzministerin aufzusteigen, zerschlagen hatte. Von ihrem Vorgänger Hans Reich übernahm sie im Herbst 2006 eine hervorragend aufgestellte Bank. In diesem Jahr wird die KfW die deutsche Wirtschaft mit Krediten im Volumen von rund 80 Milliarden Euro unterstützen, so viel wie nie zuvor.

„MM“ wie sie in der Branche genannt wird, muss jetzt sehen, wie sie die KfW wieder aus dem Schlamassel bringt. Dass sie sich durchbeißen kann, hat Matthäus-Maier immer wieder bewiesen. Die einzige deutsche Top-Bankerin genießt in Bankenkreisen höchstes Ansehen. Auch international: Das US-Wirtschaftsmagazin „Fortune“ führt sie auf Platz 31 der 50 wichtigsten Manager weltweit. Rolf Obertreis

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