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31.01.2024, Frankreich, Paris: Ein Sport Utility Vehicles (SUV) fährt auf dem Avenue Champs Elysees, in der Nähe des Arc de Triomphe.

© Michel Euler/AP/dpa

Erfolgreicher Bürgerentscheid: Paris verdreifacht Parkgebühren für SUV – ein Vorbild für Deutschland?

Seit Jahren treibt Paris eine Verkehrswende voran, die den Platz für Autos verknappt. Nun werden Parkgebühren für SUV nach einer Bürgerbefragung erhöht. Das gilt aber nur für Besucher.

| Update:

Seit Jahren kämpft die Pariser Stadtverwaltung für eine Verkehrswende und weniger Autoverkehr – nun sind SUV von einer drastischen Entscheidung betroffen, die auch in Deutschland aufhorchen lässt.

Bei einer Bürgerbefragung hat sich eine Mehrheit am Sonntag für eine Verdreifachung der Parkgebühren für schwere Stadtgeländewagen ausgesprochen.

  • Damit setzte sich die Stadtverwaltung mit ihrem Plan durch, für einstündiges Parken von SUV und anderen schweren Autos im Zentrum 18 Euro statt üblicherweise 6 Euro zu verlangen.
  • Sechs Stunden Parken im Zentrum kosten gar 225 Euro statt bislang 75 Euro.
  • In den Außenbezirken werden zwölf Euro statt 4 Euro fällig.

Die neue Regelung soll ab dem 1. September greifen.

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Rund 1,3 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner der Hauptstadt waren zu der Abstimmung unter dem Motto „Mehr oder weniger SUV in Paris?“ aufgerufen. Rund 54,5 Prozent stimmten für die Erhöhung der Parkgebühren, rund 45,5 Prozent dagegen.

Entscheidung sei gut für Umwelt und Gesundheit

Die Beteiligung an der Abstimmung lag allerdings nur bei knapp sechs Prozent. Einwände, dass das Ergebnis damit kaum repräsentativ sei, wollte die Stadtverwaltung nicht gelten lassen. Schließlich hätten Zehntausende Menschen die Möglichkeit der direkten Bürgerbeteiligung genutzt.

Die Pariser sind die Avantgarde einer Bewegung, viele Städte werden sicher nachziehen“, sagte Bürgermeisterin Anne Hidalgo nach dem Entscheid. „Sie wollen diesen schweren Autos in den Straßen den Platz nehmen, aus Umweltgründen und wegen der Sicherheit.“

Die Entscheidung sei gut für den Planeten und für die Gesundheit. Die schweren Karossen sorgten für eine erhöhte Umweltverschmutzung, beanspruchten viel öffentlichen Raum und gefährdeten die Verkehrssicherheit, argumentiert die Stadt. Dieselben Kritikpunkte werden auch in Deutschland immer wieder vorgebracht.

Anwohner, Handwerker und Pflegedienste ausgenommen

Den Sondertarif für SUV in Paris sollen ausschließlich Besucher bezahlen. Anwohner sollen ebenso ausgenommen werden wie Handwerker und Pflegedienste. Greifen soll der Tarif für Verbrenner- und Hybridmodelle mit einem Gewicht ab 1,6 Tonnen und Elektromodelle ab zwei Tonnen Gewicht. Für private Parkhäuser gilt die Regelung nicht.

In Paris ist der Kampf gegen SUV Teil einer Verkehrswende, die schon seit Jahren von der sozialistischen Bürgermeisterin Hidalgo und der rot-grünen Stadtregierung vorangetrieben wird.

Bisher nicht erläutert wurde, wie die Überwachung der neuen Parkgebühren genau funktionieren wird. Wer in Paris parkt, gibt am Parkautomaten das Kennzeichen seines Wagens ein und bezahlt für die gewünschte Zeit. Politessen sind seit einigen Jahren Geschichte.

Videokontrollwagen fahren durch die Straßen und erfassen die Kennzeichen aller abgestellten Fahrzeuge. Wer nicht gezahlt hat, bekommt ein Knöllchen zugeschickt. Bei diesem System müsste es mit dem Kennzeichen künftig auch Zugriff auf den Fahrzeugtyp geben - und wie es sich mit ausländischen Kennzeichen verhält, ist eine weitere Frage.

Deutschland schaut hin

Auch Deutschland schaut auf die Pläne in Paris. Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) etwa plädiert dafür, das Parken für SUV zu verteuern. Die Pariser Bürgerbefragung zeige, dass die Debatte um den knappen öffentlichen Raum und eine angemessenere Bepreisung fürs Parken geführt werden müsse, sagte er. Vor dieser Herausforderung stünden alle europäischen Großstädte.

Ebenfalls mit Blick nach Paris hatte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) jüngst alle deutschen Städte dazu aufgerufen, höhere Parkgebühren für immer größer werdende Stadtgeländewagen festzulegen. „Diese Monster-SUV blockieren zunehmend Gehwege und Grünflächen und gefährden Menschen, die zu Fuß oder auf dem Rad unterwegs sind“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.

Der Allgemeine Deutsche Automobilclub (ADAC) hält höhere Parkgebühren dagegen für keine geeignete Lösung. Sein Einwand: Betroffen davon wären auch Fahrzeuge, bei denen es sich nicht um klassische SUV handelt.

Skeptisch äußerte sich der Deutsche Städte- und Gemeindebund. Eine Staffelung von Parkgebühren nach Fahrzeuggröße sei in der Praxis schwer umzusetzen und werde bislang von nur wenigen Städten angestrebt.

Das Bundesverwaltungsgericht habe 2023 festgestellt, dass Gebührensprünge orientiert nach Fahrzeuglänge nicht zu groß sein dürften. Eine rechtswidrige Ungleichbehandlung müsse ausgeschlossen sein.

CDU-Verkehrsexperte rät von höheren Parkgebühren in Deutschland ab

Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Verkehrsexperte der Unionsfraktion, Christoph Ploß, hat von einer Erhöhung der Parkgebühren in Deutschland nach Pariser Vorbild abgeraten. Das sagte er der Zeitung „Welt“ laut einer Vorabmeldung.

Bemerkenswert ist an der Abstimmung in Paris die sehr niedrige Wahlbeteiligung: Nur rund drei Prozent der Wahlberechtigten haben für die extreme Erhöhung der Parkgebühren für sogenannte SUVs gestimmt. Diese sind von der Regelung zudem selbst gar nicht betroffen, da sie nur für Besucher gilt“, sagte Ploß demnach.

„Das zeigt zum einen, dass man bei Volksabstimmungen Quoren benötigt, um nicht kleinen Minderheiten zu viel Einfluss zu verschaffen. Zum anderen wird deutlich, dass das Interesse der Pariser an diesem Thema gering war und hier ein eher marginales Thema sehr viel Aufmerksamkeit bekommt. Für Deutschland halte ich wenig davon, Parkgebühren massiv zu erhöhen, denn dadurch würde in Zeiten von Inflation das Leben nur weiter verteuert. Zudem sind viele Menschen auf das Auto angewiesen, gerade Ältere und Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen – vor allem für sie würde der Besuch in der Stadt dadurch noch teurer.“

SPD-Verkehrsexperte zeigt sich offen für höhere Parkgebühren

Der Mitbegründer der Klima-Union, Heinrich Strößenreuther (CDU), würde höhere Parkgebühren für große Fahrzeuge in Deutschland hingegen begrüßen. „Aus Sicht der Steuerzahler ist es sehr gut zu begründen, in Städten die Halter von großen und schweren Pkw finanziell stärker zu belasten. Denn solche Fahrzeuge beanspruchen wegen ihres Gewichts die Infrastruktur der Straßen deutlich mehr als kleine Autos“, sagte Strößenreuther der „Welt“. Da sie mehr Platz und eben auch mehr Parkraum als kleinere Pkw benötigten, sorgten sie für mehr Stau und Parkplatzprobleme der Fahrer kleiner Autos.

„Zudem schränken SUVs in den Städten wegen ihrer Höhe die Sichtmöglichkeiten von Fußgängern und Radfahrern ein und machen den Verkehr gefährlicher“, sagte Strößenreuther. Wegen ihrer Breite hielten die großen Autos in schmaleren städtischen Straßen beim Überholen von Radfahrern sehr oft nicht den erforderlichen Sicherheitsabstand ein, so das CDU-Mitglied. „Da SUVs zudem den Fahrern nicht das Gefühl für das tatsächliche gefahrene Tempo vermitteln, halte ich es für geboten, durch faire Anreize wie gerade in Paris sie aus den Städten herauszuhalten.“

Auch Mathias Stein, stellvertretender verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, zeigt sich offen für höhere Parkgebühren für SUV. „In vielen Städten und Gemeinden ist die zunehmende Zahl an SUV ein großes Problem, weil die Fahrzeuge häufig mehr Platz beanspruchen, als in der vorhandenen Parkplatz-Infrastruktur vorgesehen ist“, sagte Stein der „Welt“. „Dass Kommunen auf diese Problematik auch bezüglich der Preisgestaltung für Parkplätze reagieren wollen, ist nicht nur verständlich, sondern kann aus meiner Sicht auch sinnvoll sein.“

Kommunen sollten grundsätzlich vor Ort verkehrspolitisch mehr entscheiden können. Dafür habe sich die SPD-Bundestagsfraktion bei der Reform des Straßenverkehrsgesetzes eingesetzt, sagte Stein. „Ich hoffe, dass wir den Vermittlungsausschuss bald anrufen und das Gesetz zu einem guten Abschluss bringen können, damit die Novelle der Straßenverkehrsordnung in Kraft treten kann. Wie der Bürger-Beschluss in Paris konkret umgesetzt wird, müssen wir uns dann genauer anschauen.“ (dpa, Tsp)

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