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Wirtschaft: Motive per Doppelklick

Bei Mikrostock-Fotoportalen gibt es Millionen günstige Dateien zur Auswahl

Berlin - Seinen hochdotierten Job bei Lufthansa hängt Luis Alvarez an den Nagel. Der Berliner will sich mit seinen Hochglanzfotoarbeiten selbstständig machen, die er über das Fotoportal Istockphoto (www.istockphoto.de) verkauft. Dieses sogenannte Mikrostockportal ist eine riesige Datenbank, aus der sich Kunden zu geringen Beträgen lizenzfreie Fotos und Videos herunterladen können. Fotos gibt es bei Istock, das sieben Millionen Dateien im System hat, ab rund einem Euro, Videos ab 20 Euro. Die Fotografen erhalten je nach Status und Zahl der Downloads bis zu 45 Prozent Provision.

Istock wirbt mit seiner lebendigen Community, in der sich die rund 100 000 Anbieter weltweit kennenlernen, austauschen und sich gegenseitig helfen. An diesem Wochenende treffen sich einige Istock-Videoanbieter in Berlin, um zu drehen und zu diskutieren. „Video hat das größte Wachstumspotenzial“, sagt Dittmar Frohmann, Europachef von Istock. „Im Moment werden alle Werbefotos durch bewegte Bilder ersetzt“, erklärt er. Schon jetzt ist Istock ein erfolgreicher Betrieb. Die hundertprozentige Tochter der Agentur Getty Images hat 2009 laut „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ rund 200 Millionen US-Dollar (144 Millionen Euro) Umsatz gemacht. Das Unternehmen selbst nennt seine Zahlen nicht.

Geschichten wie die von Luis Alvarez verbreitet Istock gern. Sie zeigen, dass auch Hobbyfotografen mit ihren Bildern im Netz fünfstellige Monatsbeträge erwirtschaften können. Aber das ist die Ausnahme. Für die meisten Fotografen sind diese Einkünfte ein kleiner Nebenverdienst, auch bei Fotolia, dem deutschen Marktführer unter den Portalen (www.fotolia.de). „Der große Bauch unserer Fotografen verdient monatlich dreistellige Beträge“, sagt Murat Erimel, Sprecher von Fotolia Deutschland. Das Portal zählt bundesweit 500 000 Mitglieder und 35 000 Anbieter.

Der Berliner Anbieter Photocase (www.photocase.de) richtet sich an andere Kunden. Das Portal, dass 2001 von Grafikern gegründet wurde, hat sich auf künstlerische Motive spezialisiert „Wir konkurrieren nicht mit der Masse. Unsere Fotos sind kreativer, ästhetischer“, sagt Geschäftsführer Frank Erler. Nur zehn Prozent des eingeschickten Materials wird in die Datenbank von 200 000 Fotos aufgenommen.

Doch es gibt auch Kritik an den Mikrostockportalen. Fotografen werfen ihnen vor, sie hätten die Preise gedrückt. Die Portalbetreiber halten dagegen, dass sie den Markt erweitert haben. „Bei uns kaufen heute das Restaurant um die Ecke, die Physiotherapeutin oder der Handwerkerbetrieb Fotos für ihre Webseite oder einen Flyer ein. Die wären früher nie zu einer klassischen Fotoagentur gegangen“, sagt Erimel. Außerdem würden klassische Kunden wie Werbeagenturen fast alle bei Fotolia kaufen – weil es billiger sei.

„Je mehr Bilder es gibt, umso preiswerter werden sie“, sagt auch Lutz Fischmann, Geschäftsführer des Fotografenverbands Freelens. Durch die Fotoportale sei aber zum Beispiel der Markt für professionelle Reisefotos weggebrochen. „Aber Sie können sich bei Hobbyfotografen nicht darauf verlassen, dass die Bildbeschriftung stimmt. Steht das abgebildete Haus nun in Schweden oder Norwegen?“, fragt er.

Langfristig werden aber auch bei den Mikrostockportalen die Preise steigen. Schon jetzt gibt es auf Istock Bilder für über 100 Euro. Constance Frey

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