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Katerstimmung. Italienische Bürger demonstrieren am Sonntag in Rom gegen die Arbeitsmarktreform, die Matteo Renzi plant. Der Ministerpräsident steht zwischen ihnen und den Kritikern von EU-Kommission und EZB.

© AFP

Nach dem Banken-Test: Italien im Stress

Die italienischen Märkte reagieren hart auf den Stresstest. Die Aktien der Traditionsbank Monte dei Paschi wurden zeitweise vom Handel ausgesetzt. Derweil zeigt die Regierung etwas Demut.

18 Milliarden Euro Überschuss – wo gibt’s denn so was? In Italien. Bei den zwei größten Banken des Landes: Intesa und UniCredit haben mit dieser Marge den Stresstest der Europäischen Zentralbank (EZB) bravourös bestanden. Bei der Konkurrenz sieht das allerdings anders aus. Mit neun Instituten stellt Italien beim Bankenstresstest der EZB die meisten Durchfaller. Und das hat am italienischen Finanzmarkt am Montag für Turbulenzen gesorgt.

So wurde die Aktie der Traditionsbank Monte dei Paschi aus dem toskanischen Siena nach einem Kurseinbruch vom Handel ausgesetzt. Das Institut, das als älteste Bank der Welt gilt, braucht nach EZB-Berechnungen rund 2,1 Milliarden Euro frisches Kapital. Auch die Aktie der Banca Carige aus Genua stürzte um fast 18 Prozent ab. Dieser Bank fehlen 814 Millionen Euro.

"Im Prinzip ist das Bankensystem solide"

„Während Spanien in den vergangenen Jahren viel unternahm, um seine Volkswirtschaft auf Vordermann zu bringen, blieb Italien auf der Strecke. Der Stresstest ist vor allem also auch ein Warnruf an die italienische Regierung“, sagte Thomas Gitzel, Chefökonom der VP-Bank- Gruppe. Italiens Finanzminister, Pier Carlo Padoan, bemühte sich am Montag, die Märkte zu beruhigen. „Im Prinzip”, sagte er, „ist das italienische Bankensystem solide“. Und das praktisch ohne Staatshilfen, ergänzt in Rom die Nationalbank: Während Deutschland 250 Milliarden Euro in seine Geldinstitute gepumpt habe, seien es in Italien nur vier Milliarden Euro gewesen.

Padoan hat ein anstrengendes Wochenende hinter sich. Und das lag nicht nur am Banken-Test, sondern auch am Haushaltsstreit mit der EU-Kommission. Diese hatte den Italienern vorgeworfen, mit voller Absicht gegen die europäischen Stabilitätsziele verstoßen zu wollen; es lag gar eine formelle Zurückweisung der italienischen Finanzpläne in der Luft – und damit eine Abfuhr für Regierungschef Matteo Renzi, der am Samstag sowieso schon unter dem Druck von ein paar hunderttausend Demonstranten in Rom stand.

Die Steuererleichterungen fallen geringer aus

Am Montag indes verzogen sich auch diese Wolken fürs Erste wieder: Finanzminister Padoan schrieb nach Brüssel, man wolle zwar angesichts der „außerordentlich schwierigen“ konjunkturellen Lage ein viertes Jahr der Rezession unter allen Umständen vermeiden – bitte aber darum, die Maastricht-Kriterien so flexibel wie möglich handhaben zu dürfen. Zugunsten des angemahnten Defizitabbaus willigte Padoan aber in Kompromisse ein.

Das heißt: Die Steuererleichterungen, mit denen die Regierung Renzi bei den Firmen Investitionen und bei den Familien den Konsum fördern will, fallen nicht so üppig aus wie versprochen. Von 18 Milliarden werden sie auf 14,7 Milliarden Euro gekürzt.

Im italienischen Bankensektor könnte es bald zu Fusionen kommen

Katerstimmung. Italienische Bürger demonstrieren am Sonntag in Rom gegen die Arbeitsmarktreform, die Matteo Renzi plant. Der Ministerpräsident steht zwischen ihnen und den Kritikern von EU-Kommission und EZB.
Katerstimmung. Italienische Bürger demonstrieren am Sonntag in Rom gegen die Arbeitsmarktreform, die Matteo Renzi plant. Der Ministerpräsident steht zwischen ihnen und den Kritikern von EU-Kommission und EZB.

© AFP

Währenddessen nimmt – wenn auch auf einem für Italiens Linke unerhört hohen Niveau – das Vertrauen in die Regierung Renzi von Umfrage zu Umfrage leicht ab. Bei 45 Prozent lag es vergangenen Freitag; noch im Sommer hatten 50 Prozent und mehr dem Ministerpräsidenten „viel oder ausreichend” Vertrauen entgegengebracht. Zur Gänze geschwunden übrigens ist das Vertrauen der Familien in eine positive Entwicklung der Konjunktur: Es liegt wieder auf dem Stand vom Jahresanfang, also bevor Renzi ins Amt kam, und der ohnehin schon notleidende private Konsum, vor allem bei langlebigen Gütern, geht weiter zurück. Auch das werten die Statistiker als Misstrauen gegenüber der weiteren Entwicklung.

Gleichzeitig offenbaren diese aktuellsten Umfragen aber auch eine fundamentale Unschlüssigkeit der Italiener. Unzufrieden, wie sie offenbar sind, hätten sie sich ja dem linken Gewerkschaftsbund CGIL anschließen können, der am Samstag die Massendemonstrationen gegen Renzi in Rom organisierte. Überraschenderweise aber, so das Forschungsinstitut Ixe in seiner wöchentlichen Studie, lehnen 52 Prozent der repräsentativ Befragten diese Kundgebung ab; nur 36 Prozent finden sie gut; der Rest äußert sich unentschieden.

Die Probleme bei der Monte dei Paschi sind hausgemacht

Derweil könnte der Stresstest bei den Banken nach Meinung vieler Kommentatoren schon bald zu Fusionen führen. Damit könnte auch ein schwarzer Fleck von Renzis Sozialdemokraten verschwinden. Das heute am finanzschwächsten dastehende Institut, die Monte dei Paschi gilt als Inbegriff für linken Filz. Durch Kungeleien, Bestechung, verlustreiche Derivatgeschäfte hatte sich das Institut selbst in seine hochgefährliche Lage manövriert; gleichzeitig diente es der traditionell rot regierten Toskana als Geldautomat für alle möglichen Wohltaten.

Zwar ist die Sanierung des Instituts in den letzten zwei Jahren offenbar weit vorangeschritten – sonst hätte die Monte dei Paschi die drei Milliarden Euro Staatshilfe nicht vorzeitig zurückzahlen können. Für die Europäische Zentralbank aber klafft in Siena immer noch ein Loch von 2,1 Milliarden Euro. Allein, so ist die weit verbreitete Meinung, wird es die älteste noch funktionierende Bank des Landes wohl nicht mehr weit bringen. mit dpa, rtr

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