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Schön und effizient. Das Stadtbad Neukölln wurde im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft energetisch saniert. Foto: Mike Wolff

© Mike Wolff

Wirtschaft: Nicht richtig dicht

Die energetische Gebäudesanierung bleibt weit unter den Erwartungen / Mieterbund kritisiert Regierung.

Berlin - Große Worte für eine kleine Reform. Man wolle einen „schlafenden Riesen“ wecken und endlich Schwung in die energetische Gebäudesanierung bekommen, prahlte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) am Mittwoch. Das wird auch Zeit, denn die Gebäude verbrauchen hierzulande rund 40 Prozent der gesamten Energie; und alte Gebäude dreimal so viel wie Neubauten. Es gibt reichlich altes Gemäuer, zwei Drittel der Häuser in Deutschland wurden vor 1979 gebaut, als die erste Wärmeschutzverordnung in Kraft trat; 70 Prozent davon haben keine Dämmung. Das alles weiß die Bundesregierung natürlich. Damit sie ihre Klimaziele erreicht, will sie deshalb bis 2050 den Energiebedarf der Häuser um 80 Prozent reduzieren. Dazu müssten jedes Jahr zwei Prozent des Bestands saniert werden – doch bislang ist es nicht mal ein Prozent.

Aber jetzt geht es los. Am Mittwoch hat die Regierung den Referentenentwurf zur Reform des Mietrechts verabschiedet, um die Modernisierung zu erleichtern. Mieter können diese künftig nicht mehr durch Widerspruch blockieren. Und die Vermieter können die Kosten für den Einbau einer neuen Heizungsanlage und jede andere „bauliche Veränderung, durch die Endenergie oder nicht erneuerbare Primärenergie nachhaltig eingespart wird“, auf die Miete umlegen. Die Minderung der Miete wegen Lärm und Staub während des Umbaus ist künftig erst ab drei Monaten möglich. Dafür wird an der Höhe der Umlage der Umbaukosten nicht gerüttelt: maximal elf Prozent der Investitionskosten im Jahr. Mieter, die trotzdem die anschließende Mieterhöhung nicht zahlen wollen, können der Erhöhung später widersprechen – und die Gerichte anrufen.

Von einem „ausgewogenen Entwurf, der die Lasten gleichmäßig aufteilt“, spricht der Berliner CDU/CSU-Bundestagsabgeordnete und Rechtsexperte Jan- Marco Luczak. Er gibt allerdings auch zu, dass die Mieter bei der Finanzierung der energetischen Maßnahmen stärker als bisher herangezogen werden können. Aber „die globale Erwärmung ist im vollen Gange, und wir haben uns nicht umsonst ehrgeizige Klimaziele zu deren Bekämpfung gesetzt“, sagte der Abgeordnete auf Anfrage.

Ganz andere Töne kamen vom Deutschen Mieterbund. „Der Energiewende im Gebäudebereich geht die Luft aus, bevor sie richtig angefangen hat“, sagte Mieterbund-Direktor Lukas Siebenkotten am Mittwoch bei den Berliner Energietagen im Ludwig-Erhard-Haus. Tatsächlich konnte sich die Regierung auch am Mittwoch nicht mit den Bundesländern auf eine steuerliche Förderung der Gebäudesanierung verständigen. „Hier drängt die Zeit“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach dem Treffen. Seit fast einem Jahr streiten Bund und Länder über die Kosten der Förderung. „Wer glaubt, doppelt so viele Wohnungen wie bisher mit einer niedrigeren öffentlichen Förderung modernisieren zu können, irrt“, maulte der Mieterbund. Notwendig seien öffentliche Fördermittel von „mindestens fünf Milliarden Euro“ im Jahr; zurzeit gibt es 1,5 Milliarden Euro.

Überhaupt drücke sich die Regierung um die Frage herum, wer die Kosten der Gebäudesanierung tragen solle. Nach geltendem Recht können die Vermieter auch künftig elf Prozent der Sanierungskosten auf die Jahresmiete aufschlagen. Nach Angaben der Wohnungswirtschaft, auf die sich der Mieterbund stützt, kostet eine durchschnittliche energetische Modernisierung 300 Euro pro Quadratmeter. Die Miete für eine 80 Quadratmeter große Wohnung würde um 220 Euro im Monat steigen – die monatlichen Heizkosten aber nur um 76 Euro sinken. Der Mieterbund schlägt eine Drittelung der Sanierungkosten vor: Mieter (wegen geringerer Heizkosten), Vermieter (Wertsteigerung der Immobilie) und Staat (Klimaziele) sollten sich beteiligen.

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