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Allein auf weiter Flur. Der Dax-Konzern Fresenius hatte die Rechnung ohne die Konkurrenz gemacht. Doch Asklepios, Sana und B. Braun haben Anteile an Rhön-Klinikum gekauft und den Bad Homburgern die Übernahme von Rhön so gehörig vermiest.

© dpa

Fresenius: Operation gescheitert

Der Konzern Fresenius wollte mit Rhön den größten privaten Klinikkonzern schmieden. Jetzt gibt er auf. Die Konkurrenz hat den Dax-Konzern umzingelt.

Berlin - Im Übernahmekampf um die private Klinikkette Rhön streckt der Gesundheitskonzern Fresenius die Waffen. „Fresenius wird den Aktionären der Rhön-Klinikum-AG bis auf Weiteres kein neues Übernahmeangebot unterbreiten“, teilte der Dax-Konzern am Montag mit. Während die Fresenius-Aktie von der Ankündigung profitierte, ging das Rhön-Papier auf Talfahrt. Die Aktie verlor rund 20 Prozent, weil die Anleger mit einem neuen Angebot von Fresenius gerechnet hatten. Doch das wird es auf absehbare Zeit nicht geben. „Jede unserer Investitionen muss bei beherrschbaren Risiken Wert schaffen“, sagte Fresenius-Chef Ulf Schneider. Vor diesem Hintergrund sei „ein erneutes Angebot nicht vertretbar“.

Der Rhön-Vorstand bedauerte die Absage. „Der Vorstand teilt weiterhin die strategische Logik des Zusammenschlusses zweier großer privater Klinikbetreiber in Deutschland“, betonte Rhön-Chef Wolfgang Pföhler. Doch seit Montag ist klar: Für die von Pföhler gelobte Megafusion wird es keinen zweiten Anlauf geben. Der erste Versuch war bereits im Sommer gescheitert.

Fresenius hatte den Rhön-Aktionären im April 3,1 Milliarden Euro geboten. Der Konzern wollte die Klinikkette übernehmen und in die eigene Krankenhaustochter Helios, die ihren Sitz in Berlin hat, integrieren. Hätte das Vorhaben geklappt, wäre der mit Abstand größte private Krankenhauskonzern Deutschlands entstanden.

Schneider hatte das Übernahmeangebot jedoch an die Bedingung geknüpft, mindestens 90 Prozent der Rhön-Anteile zu erwerben. Eine solche Mehrheit ist für alle wichtigen Entscheidungen bei Rhön nötig. Die Klausel hatte Rhön-Gründer Eugen Münch, dessen Familie 12,45 Prozent an der Klinikkette hält, in der Satzung verankern lassen. Obwohl Münch Fresenius unterstützt hatte, scheiterte der Konzern an der Übernahmeschwelle. Ende Juni, kurz vor Ablauf der Übernahmefrist, hatte der Hamburger Konkurrent Asklepios in letzter Minute mehr als fünf Prozent der Rhön-Anteile aufgekauft und Fresenius den Deal vermasselt.

Schneider hatte daraufhin über eine zweite Offerte nachgedacht, bei der sich Fresenius mit deutlich weniger Anteilen – die Rede war von etwas über 50 Prozent – zufriedengegeben hätte. Allerdings hatte der Konzern weiterhin die unternehmerische Führung bei Rhön angestrebt. Auch das hat sich jetzt zerschlagen. „Leider konnte keine hinreichend verlässliche Grundlage für die Verwirklichung der unternehmerischen Ziele geschaffen werden“, betonte Fresenius am Montag.

Denn inzwischen hat sich fast die gesamte private Klinikkonkurrenz bei Rhön eingekauft. Asklepios-Eigner Bernard Broermann soll seinen Anteil weiter aufgestockt haben. „Wir bleiben langfristig investiert“, sagte ein Sprecher am Montag, „an unseren wesentlichen Plänen hat sich nichts geändert“. Doch wie die aussehen, das behält Broermann weiterhin für sich. Beim Bundeskartellamt hat Asklepios jedoch vorsorglich angefragt, ob er seinen Anteil auf über zehn Prozent aufstocken dürfte. Ob das einen realen Hintergrund hat oder nur das Ziel hatte, Fresenius zu verschrecken, wird sich zeigen.

Auf dem privaten Klinikmarkt machen sich mit Helios, Rhön und Asklepios – Jahresumsätze jeweils zwischen 2,6 bis 2,7 Milliarden Euro – drei etwa gleich starke Anbieter Konkurrenz, auf Platz vier folgt Sana mit 1,6 Milliarden. Sana ist in den Händen der privaten Versicherungswirtschaft und soll inzwischen ebenfalls Rhön-Aktien gekauft haben. Das Unternehmen selbst äußert sich nicht. Anders als der Medizinlieferant B. Braun, der kürzlich mitteilte, dass er etwas mehr als fünf Prozent der Anteile an Rhön erworben hat.

Aber auch Fresenius will das Feld nicht kampflos räumen. Zwar glaubt Schneider, dass Helios auch allein bestens positioniert sei, „die führende Stellung im deutschen Krankenhausmarkt auszubauen“, dennoch will er bei Rhön einen Fuß in der Tür behalten. Die Beteiligung von derzeit fünf Prozent minus einer Aktie soll in begrenztem Umfang aufgestockt werden. Das soll dem Konzern Handlungsmöglichkeiten bei einer weiteren Konsolidierung im Krankenhausmarkt offenhalten, hieß es.

Den Krankenhausmarkt teilen sich in Deutschland private Anbieter, konfessionelle und öffentliche Betreiber zu etwa gleichen Teilen auf. Die kommunalen Kliniken haben den Übernahmekampf um Rhön stets kritisch gesehen. Der gescheiterte Übernahmeversuch werfe „ein Schlaglicht auf die Gefahren der Privatisierung von Krankenhausleistungen als Teil der Daseinsvorsorge“, sagte Bernhard Ziegler, Vorsitzender des Interessenverbandes kommunaler Krankenhäuser in Deutschland (IVKK), dem Tagesspiegel. „Die Übernahme ist gescheitert, weil sich verschiedene private Klinikbetreiber in ihrem Wettbewerb gegenseitig blockieren.“ Die Politik müsse Konsequenzen aus dem monatelangen Übernahmepoker ziehen. „Der Gesetzgeber ist aufgerufen, diese Gefahren durch klare gesetzliche Regelung zur Verwendung von Gewinnen aus dem Betrieb von Kliniken zu begrenzen“, forderte Ziegler am Montag.

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