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Ein häufiges Bild: Bei Aldi Nord, dm, Rossmann, Edeka und in vielen Tankstellen gab es Probleme. Bei einigen dauern sie noch an.

© dpa/Sina Schuldt

Panne mit Kartenzahlungen: Ohne Bargeld geht es nicht

In einigen Läden kann man jetzt wieder mit Karte zahlen, bei der Bahn gibt es aber noch Probleme. Die Panne zeigt, wie anfällig das System ist.

Nur Bares ist Wahres. Das mussten zahlreiche Kunden in den vergangenen Tagen erleben, als sie bei Aldi, Netto, dm oder Rossmann nicht mit Karte zahlen konnten. Die dort eingesetzten Kartenterminals H5000 des Herstellers Verifone waren gestört, statt mit Girokarte (der früheren ec-Karte) oder Kreditkarte konnte nur derjenige einkaufen, der Bargeld dabei hatte.

Nun scheint sich die Lage zu entspannen. Die Edeka-Discounttochter Netto meldet, man habe die Terminals ausgetauscht, Kartenzahlung sei ab sofort wieder in allen Filialen möglich. Aldi Nord – Aldi Süd war nicht betroffen – wechselt ebenfalls die gestörten Geräte aus. Ein Teil der Märkte sei bereits am Wochenende umgestellt worden, „die restlichen folgen in den nächsten Tagen“, betonte ein Sprecher.

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Deutschlands größte Supermarktkette Edeka gibt für Berlin Entwarnung: „Unserer Kenntnis nach hat es in den Berliner Märkten keine Fälle technischer Störungen der EC-Cash-Geräte gegeben“, sagte eine Sprecherin dem Tagesspiegel. In anderen Regionen, die wie Berlin und Brandenburg zum Verbreitungsgebiet Minden-Hannover gehören, habe man die EC-Cash-Geräte ausgetauscht.

Bei dm funktionieren Kreditkarten noch nicht

Die Drogeriekette dm betont, dass in allen Märkten jetzt wieder mit der Girokarte bezahlt werden kann. Man stehe im engen Austausch mit dem Terminal-Hersteller, damit bald auch wieder die Zahlung mit Kreditkarte möglich ist, berichtet Finanz-Geschäftsführer Martin Dallmeier. Neben Barzahlung und Girokarte können Kunden auch mit Payback Punkten, PaybackPay, AliPay und mit Hilfe von dm-Geschenkkarten zahlen, sagte Dallmeier dem Tagesspiegel. Darüber hinaus können Kunden über den Service „Express-Abholung“ online im dm-Markt einkaufen und bezahlen und anschließend die Bestellung im Markt abholen.

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Probleme gibt es auch noch bei der Bahn. "Leider kann es aktuell beim Bezahlen per EC- und Kreditkarte in den DB-Reisezentren zu technischen Einschränkungen kommen", bestätigte eine Sprecherin gegenüber dem Tagesspiegel. Die Bahn arbeite mit Hochdruck an einer Lösung. Fahrkarten könne man alternativ auf bahn.de, im DB Navigator sowie an den Ticketautomaten buchen.

Nur Bares ist Wahres: Viele Bundesbürger bunkern auch Geld zuhause.
Nur Bares ist Wahres: Viele Bundesbürger bunkern auch Geld zuhause.

© dpa/Marijan Murat

Die Software-Panne bei Verifone ruft nun auch alternative Zahlungsdienstleister auf den Plan, die bislang nicht im Einzelhandel aktiv sind. Dazu gehört die einstige Corona-Kontakterfassungs-App Luca. Die Macher der Luca-App kündigten am Montag an, ihren digitalen Bezahldienst neben der Gastronomie nun auch für den Einzelhandel anzubieten. Die Luca-App kommt ohne Karten-Terminal aus und funktioniert mit Hilfe von QR-Codes, die mit dem Smartphone erfasst werden.

Immer mehr Umsätze werden mit Karte gemacht

Die Kartenpanne bei den Verifone-Terminals war am vergangenen Dienstag aufgetaucht. Sie trifft den Handel deshalb so stark, weil inzwischen immer mehr Kunden bargeldlos zahlen. 58,8 Prozent des Einzelhandelsumsatzes entfielen im vergangenen Jahr auf Kartenzahlungen, wie eine im Mai veröffentlichte Untersuchung des Kölner Handelsforschungsinstuts EHI ergab. Vor allem in den vergangenen zwei Corona-Jahren hat das Zahlen mit Bargeld einen enormen Schub erlebt, heißt es beim Handelsverband HDE. Aber: Schaut man nicht auf den Umsatz, sondern auf die Zahl der Transaktionen, hat das Bargeld mit einem Anteil von fast 61 Prozent doch noch die Nase vorn.

Verbraucherschützer fordern Recht auf Barzahlung

Vielleicht sollte das auch besser so bleiben. Verbraucherschützer halten den jüngsten Vorfall nämlich für ein Warnsignal. Die Probleme führten „die Risiken vor Augen, die eine zu starke Abhängigkeit unserer Wirtschaft von unbaren Zahlungsinstrumenten mit sich bringt“, warnt Claudio Zeitz-Brandmeyer vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV). „Auch wenn bargeldlose Verfahren immer mehr an Bedeutung gewinnen, bleibt das Bargeld als sichere Alternative wichtig.“ Den Trend weg vom Bargeld sieht der Verbraucherschützer kritisch. Er fordert ein Gesetz, damit überall im Einzelhandel in der Regel Bargeldzahlungen möglich sein müssen.

Kartenzahlung kann Gebühren kosten

Hinzu kommt etwas, das viele Verbraucher nicht wissen: Je nachdem, welches Kontomodell man hat, kann das Zahlen mit Karte auch Gebühren nach sich ziehen. Das zeigt eine Untersuchung des Internetportals Biallo aus dem vergangenen Jahr. Beim Einsatz der Girokarte können pro Zahlvorgang bis zu 80 Cent anfallen, fand das Portal bei einem Gebührenvergleich im Februar 2021 heraus. Damals kassierten mindestens 463 von gut 1200 regionalen Geldhäusern bei ihren Kunden. „Je Zahlvorgang beim Bäcker, beim Friseur oder im Handel sind es zwischen 0,02 und 0,75 Euro, durchschnittlich immerhin 35 Cent“, warnt das Portal.

Ein Durchschnittskunde, der dreimal am Tag die Karte einsetzt, zahle rund 30 Euro im Monat beziehungsweise 360 Euro im Jahr – zusätzlich zu den anderen Bankgebühren. Ob man betroffen ist, kann man etwa in den „Entgeltinformationen gemäß Zahlungskontengesetz/ZKG“ nachlesen. Man sollte aber auch aufmerksam werden, wenn plötzlich unklare „Buchungsgebühren“ im „Preisaushang“, im „Preisleistungsverzeichnis“ oder auf der Webseite in Zusammenhang mit bestimmten Girokonten-Modellen auftauchen.

Geht wieder: Aldi tauscht die Terminals aus.
Geht wieder: Aldi tauscht die Terminals aus.

© dpa/Rolf Vennenbernd

Viele Bundesbürger hängen am Bargeld. Vor allem in Krisenzeiten steigt die Wertschätzung der Menschen für Geld, das man anfassen – und in den heimischen Tresor legen kann. Corona hat zu einer verstärkten Nachfrage nach Euro-Scheinen geführt. Am Ende des vergangenen Jahres waren 884 Milliarden Euro als von der Bundesbank ausgegebene Euro-Banknoten im Umlauf. Der überdurchschnittlich starke Anstieg des Banknotenumlaufs in den Corona-Jahren gehe „fast ausschließlich auf den Aufbau von Beständen für die Wertaufbewahrung in Form großer Banknotenstückelungen zurück“, heißt es im Bundesbankbericht von April. Die verstärkte Nachfrage nach Banknoten sei ein „typisches Phänomen in Krisenzeiten.“ Möglicherweise haben aber auch die Strafzinsen ihren Teil dazu beigetragen, denen Anleger mit dem Bunkern von Bargeld entgehen wollten. mit dpa

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