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Schokoherzen mit Air Berlin Logo - werden seit Jahren ab Bord verteilt.

© Angelika Warmuth/dpa

Partnerschaft mit Air Berlin: Warum Etihad der Kummer-Airline treu bleibt

Air Berlin hat 2015 fast eine halbe Milliarde Verlust eingeflogen: Trotzdem weiß Aktionär Etihad, was er an der Airline hat. Der Chef James Hogan rechnet es vor

Am Persischen Golf war diese Nachricht am Donnerstag eine größere Meldung wert: „Etihads Partnerschaft mit Air Berlin bringt Abu Dhabi 630 Millionen Dollar ein“, schrieb die Zeitung „The National“ im Internet. Der Bericht zitiert James Hogan, den Chef der arabischen Fluggesellschaft Etihad Airways aus einer Mitteilung: Air Berlin bringe direkte Umsätze in Höhe von über 150 Millionen Dollar (133 Millionen Euro) pro Jahr, erklärt Hogan. Darüber hinaus profitiere man von umfassenden Kostensynergien von über 100 Millionen Dollar.

Die Leser der englischsprachigen Zeitung aus Abu Dhabi erfahren auch den Umstand, dass Air Berlin zusätzlich einen Beitrag von mehr als 630 Millionen Dollar zur Wirtschaft des Emirats leitet. In Hotelzimmern, Shops und Freitzeitparks. Wer hätte das gedacht? Umgerechnet 580 Millionen Euro (Kurs Ende 2015) Wirtschaftseffekt durch eine hochverschuldete Fluggesellschaft mit einem Börsenwert von gerade einmal 86 Millionen Euro.

Air Berlin ist am Markt nicht mehr Wert als ein einziger fabrikneuer Mittelstrecken-Airbus, von denen die Firma fast 150 in der Flotte hat.

„Darum bekennen wir uns weiterhin zu dem Umbau dieser Gesellschaft“, erklärt der Etihad-Chef. Und weiter: „Sogar mit einem Investment wie das in Air Berlin – bei dem es länger als angenommen gedauert hat, nachhaltige Rentabilität zu erreichen – verzeichnen wir unglaublich hohe Renditen, die direkt in unser Geschäft fließen und die weit über unseren Erwartungen liegen“. So habe man bereits direkte Erträge in Höhe von über 500 Millionen Dollar für Etihad Airways erwirtschaften können.

Die Scheichs sind nicht dumm. Sie vertrauen ihrem vor Jahren aus Australien eingekauften Topmanager und lassen ihn langfristig walten. Er soll Etihad gegen die Lokalrivalen Emirates und Qatar zur Nummer eins am Persischen Golf – und irgendwann der Welt - aufbauen. Und Hogan weiß offenbar, wie ihm die vermeintlich kleine 29-Prozent-Beteiligung an Air Berlin dabei hilft: Mit Air Berlin, deren Geschicke er als Mitglied im Verwaltungsrat maßgeblich mitbestimmt, verbrennt er – aber auch die anderen Investoren und Aktionäre – Geld. Fast eine halbe Milliarden Euro allein 2015, wie aus dem jetzt veröffentlichen Geschäftsbericht hervorgeht.

Gleichwohl behält Hogan mit dieser formal fast wertlosen Airline einen recht großen Fuß in der wirtschaftlich potenten „DACH-Region“ (Deutschland, Österreich, Schweiz). Einen weiteren hat er südlich mit der knapp 50-prozentigen Beteiligung an dem italienischen Marktführer Alitalia. Mit dem soll Air Berlin eng kooperieren.

Air Berlin ist wichtig für Etihad – vor allem, so lange die beiden Partner gemeinsame Flüge unter verschiedenen Flugnummern nach Codeshare-Prinzip durchführen können. Die hat ein Gericht – sehr zum Ärger der Lufthansa und des Bundesverkehrsministeriums – Anfang des Jahres weitgehend genehmigt. Es kann also weitergehen mit dem Austausch von Passagieren. Auch deshalb haben die Araber den Berlinern rund um Vorstandschef Stefan Pichler jetzt noch mal ein Darlehen über 75 Millionen Euro eingeräumt. Zu welchen Konditionen, mochte der bei der Vorlage der tiefroten Geschäftszahlen für 2015 am Donnerstag indes nicht verraten.

Pichlers Begründung: Beim Kerosinpreis verzockt

Bei aller Weitsicht und Freude dürfte es dem Großaktionär in Abu Dhabi nicht egal sein, was er da wieder aus Berlin lesen musste: Einen Verlust über 447 Millionen Euro flog Air Berlin im Gesamtjahr 2015 ein. Negativrekord. Dazu lasten weiter die hohen Schulden, das Eigenkapital ist stark negativ. Pichlers Verteidigungsstrategie: Er legt nahe, dass auch Pech dabei war. Beziehungsweise Schuld seines Vorgängers, den er erst im Februar 2015 abgelöst hatte.

Ende 2014 habe man sich einen großen Teil des für 2015 benötigten Flugbenzins zu fixen Konditionen gesichert, erklärten Pichler und sein Finanzchef. Das sollte unerwarteten Preissprüngen vorbeugen. Tatsächlich aber waren die Rohölpreise – und damit auch die für Kerosin – stark gesunken. Unternehmen wie Lufthansa oder Easyjet, die andere Hedging-Strategien wählten, konnten davon profitieren, ihre Kosten senken und Gewinne einfliegen. Nicht aber Air Berlin. Zum Jahreswechsel habe man die Strategie geändert.

„Im Jahr 2016 werden wir von der relativ günstigen Kerosinpreisentwicklung in Höhe von 250 Millionen Euro profitieren“, kündigte Pichler an. Als weitere Gründe für das Rekordminus 2015 nannte er einen ungünstigen Wechselkurs zwischen Euro und Dollar sowie Kosten für die Neuausrichtung des Unternehmens.

Air Berlin soll eine klassischen Netzwerk-Fluglinie werden und Service für Geschäftsreisende bieten. Auch mehr Beinfreiheit, sagte Pichler. Es scheint aber nicht so, dass er oder seine Partner viel investieren wollen. „2016 müssen wir die Kosten senken. Daran führt kein Weg vorbei“.

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