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Wie lange noch? Nach jetzigem Stand beendet Opel die Autoproduktion im Bochumer Werk, wo derzeit 3600 Personen arbeiten, spätestens 2016.

© dpa

Opel: Planspiele für Bochum

Nach dem Rücktritt vom Karl-Friedrich Stracke steht Opel wieder bei Null. Der neue Chef muss Kapazitäten abbauen und neue Modelle auf den Markt bringen.

Die schlechte Nachricht ist gar keine. „Wir nehmen die Entscheidung von General Motors zum personellen Umbau positiv zur Kenntnis.“ Zu dieser Klarstellung sah sich IG-Metall-Chef Berthold Huber am Freitag veranlasst, nachdem die Abberufung des Opel-Vorstandsvorsitzenden Karl-Friedrich Stracke am Donnerstag für Aufregung in der ganzen Republik gesorgt hatte: GM habe keine Geduld mehr mit der deutschen Tochter, jetzt schlage die Stunde der beinharten Sanierer aus Detroit und das  Bochumer Opel-Werk würde bald geschlossen.

Tatsächlich hat es Einvernehmen gegeben zwischen Huber und GM-Vize Stephen Girsky über die Ablösung Strackes. Dieser war erst im April 2011 an die Spitze gerückt – und war dort überfordert.

Übergangsweise führt nun Girsky selbst die schwerkranke Tochter aus Rüsselsheim mit weiteren Werken in Bochum, Kaiserslautern und Eisenach. Bis Oktober soll ein Sanierungskonzept ausgehandelt sein – ausgerechnet in einer Zeit, in der der europäische Automarkt wegen der Finanzkrise einbricht und vor allem die auf Europa konzentrierten Hersteller (neben Opel noch Fiat, Peugeot und Citroen) hohe Überkapazitäten haben. PSA hat gerade die Schließung einer Fabrik bei Paris bekanntgegeben.

Und Opel? Ende 2010 rollte im Werk Antwerpen der letzte Opel vom Band. Doch noch immer hat das Unternehmen mit Montagewerken in Spanien, England und Polen viel zu viel Kapazität.

Garrelt Duin

© dapd

Vor zwei Monaten entschied der Vorstand, den nächsten Astra nur noch in England und Polen zu bauen. Das geht zulasten des modernen Stammwerks in Rüsselsheim, das künftig jedoch mit der Van-Produktion ausgelastet werden kann – wenn die aus Bochum abgezogen wird. Das rund 3600 Mitarbeiter zählende Werk im Ruhrgebiet ist damit mal wieder akut gefährdet.

Bis 2016 ist die Produktion des Zafira sicher, doch für die Zeit danach gibt es noch kein Modell. Betriebsrat, IG Metall und Landesregierung tüfteln an Ideen, um Bochum als Produktionsstandort zu retten: Wenn schon kein Auto mehr gebaut wird, dann wenigstens Autoteile. Also ein GM-Komponentenwerk. Und wenn auch das nicht geht und die Amerikaner den Standort unbedingt loswerden wollen, dann vielleicht ein eigenständiges Werk, das alle möglichen Auftragsfertigungen für Autozulieferer und Hersteller erledigt. Es wird viel getüftelt in diesen Wochen. Vor allem in NRW.

Bildergalerie: Opels Firmengeschichte

„Für Opel insgesamt ist die Situation schwierig“, sagt der neue Düsseldorfer Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) auf Anfrage. „Wir als Landesregierung gehen der Frage nach, ob und wie wir den Standort fit für die Zukunft machen können.“ Das Autowerk steht auf einem ehemaligen Bergbaugelände mit Industriebrachen und alten Gebäuden, die womöglich so hergerichtet werden können, dass sie vermarktbar sind. Das wiederum führte zu einer Aufwertung des gesamten Geländes, so die Hoffnung.

Doch in Wirklichkeit ist nicht viel möglich für die Politik. „Opel hat die alleinige Verantwortung für die Markenentwicklung. Für uns stehen die Arbeitsplätze im Vordergrund“, sagt Duin. Und das werden mit Sicherheit weniger. Wenn zum Beispiel das Autowerk in ein Komponentenwerk verwandelt würde, rechnet die IG Metall mit dem Verlust von drei Vierteln der Belegschaft. Dann doch lieber Autos bauen. Aber welche?

„Opel braucht eine Produktpalette, die die Leute vom Hocker reißt“, meint Duin. „Das letzte Modell, mit dem Opel vorne lag, war der Minivan Zafira.“ Tatsächlich haben die ständigen Führungswechsel, vor allem aber der Einfluss aus den USA, die inkonsistente Strategie der Mutter, den Rüsselsheimern in den letzten 20 Jahren nicht gut getan.

Und die ständigen Sanierungen und Diskussionen über die Zukunft haben das Markenimage auch nicht gerade gehoben. Bochums Betriebsrat Rainer Einenkel fordert eine „Öffnung der außereuropäischen Märkte und eine Modelloffensive“. Beides ist richtig. Opel ist auf den wichtigsten Märkten, den USA und China, nicht vertreten. GM erlaubt das nicht, um andere Konzernmarken zu schützen.

Und neue Autos wären auch nicht schlecht. Corsa, Astra und Insignia können durchaus mit den Wettbewerbern mithalten. Aber es gibt nichts in der Oberklasse und keine Geländewagen. Doch gerade mit den SUV verdient VW richtig gutes Geld. „Ohne eine erneuerte und breitere Modellpalette wird es für Opel schwierig“, sagt NRW-Minister Duin.

Vielleicht eine Aufgabe für Thomas Sedran. Der 46-Jährige ist erst seit April Opel-Vorstand, und zwar für den Bereich „Operations, Geschäftsentwicklung und Unternehmensstrategien“. Sedran kommt jedenfalls als Stracke-Nachfolger in Frage, wenn Girsky keine Lösung außerhalb von Opel finden sollte. Doch Sedran ist nur zweite Wahl: Zu unerfahren und dazu auch noch gelernter Unternehmensberater. Die erfolgreichsten Autofirmen werden von Ingenieuren geführt.

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