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Umweltpolitik: Politik in der Biosprit-Klemme

Die Regierung will die Biodiesel-Förderung einschränken und den Beimischungsanteil reduzieren. Die eigenen Fraktionen stellen sich quer.

Berlin - Je mehr Bio desto besser – das gilt spätestens seit Freitag nicht mehr. Da saß die Kanzlerin mit den wichtigsten Wirtschaftsführern zusammen und sagte in der Runde, dass sich ihre Regierung jetzt endgültig von dem Ziel verabschiedet hat, den Anteil von pflanzlichem Biosprit am herkömmlichen Kraftstoff auf zehn Prozent anzuheben. Beobachter überraschte Angela Merkels Äußerung kaum, denn schon seit Monaten versucht die Bundesregierung eine neue Regelung für den Biodiesel zu finden, die die Interessen der Industrie, der Umwelt und der Autofahrer besser auspendelt. Der Streit schwelt schon seit 2006, als der Bundestag das Biokraftstoffquotengesetz verabschiedete. Es sieht vor, dass die Mineralölindustrie ihrem fossilen Kraftstoff jedes Jahr etwas mehr Biosprit beimischen muss. Dies sollte die Abhängigkeit der Wirtschaft von fossilen Rohstoffen verringern und der Umwelt helfen. Zudem gab es den deutschen Biodieselproduzenten, die meist Rapsöl verarbeiten, Planungssicherheit.

Je höher der Biospritanteil, desto besser, sagen viele Abgeordnete. So einfach ist es nicht, argumentiert man dagegen im Umweltministerium, das diesmal eine ungewöhnliche Allianz hinter sich weiß, die von Umweltschützern bis zur traditionellen Mineralöl-Lobby reicht. Letztere will lieber ihren Sprit aus Erdöl möglichst ungepanscht verkaufen. Und die Ökologen weisen darauf hin, dass in Deutschland gar nicht genug Raps angebaut wird, um die immer weiter steigenden Biodieselquoten zu erfüllen. Also müssen die Hersteller Palm- oder Sojaöl aus dem Ausland einkaufen. Um diese Öle zu gewinnen, würden aber in einigen tropischen Regionen Regenwälder abgeholzt – nur um Sprit, nicht aber Lebensmittelpflanzen anzubauen. Wegen dieser Debatte hatte Umweltminister Gabriel seinen Plan, den Bioethanolanteil an Benzin auf zehn Prozent zu erhöhen, schon im vergangenen Jahr aufgeben müssen.

Nun ist der Biodiesel dran. Die Pflichtbeimischungsquote zu fossilem Diesel soll laut Gesetzentwurf nicht so stark steigen, wie vorgesehen. Statt 6,25 Prozent Biodiesel müssten die Mineralölunternehmen dem Sprit im Jahresdurchschnitt 2009 nur 5,25 Prozent Biodiesel beimischen. Zudem sollte die Steuer auf reinen Biodiesel leicht erhöht und die steuerliche Bevorzugung von Palm- oder Sojaöl aufgehoben werden.

Ausgerechnet diesen Punkt des Gesetzes, der de facto einen deutschen Importstopp von Palm- und Sojaöl bedeutet hätte, wies die EU-Kommission im Januar als nicht binnenmarktkonform zurück. Zwar signalisierte das Gabriel-Ministerium bereits, dass man das Gesetz auch ohne Nachhaltigkeitsfaktor einbringen könnte. Doch dann sehen Abgeordnete auch keinen Grund mehr zuzustimmen. „Das Umweltministerium soll uns möglichst schnell sagen, wie man Nachhaltigkeitsverordnung und Beimischungsquote unter einen Hut bringt“, sagte die Energiepolitikerin Maria Flachsbart (CDU) dem Tagesspiegel. Sie würde sich wünschen, dass ein „vernünftiger Gesetzentwurf“ noch vor der Wahl eingebracht wird.

In der SPD-Fraktion scharen sich die Widerständler um den Umweltfachmann Ulrich Kelber. Und sein Parteifreund Hermann Scheer wettert ganz grundsätzlich gegen die Steuern auf Biokraftstoffe. „Die im Jahr 2006 eingeführte Besteuerung von Biodiesel hat sich verheerend ausgewirkt. Ganz ohne Finanzmarktkrise wurde einer aufstrebenden Branche nahezu der Garaus gemacht.“ Über die Aussichten von Gabriels Gesetz sagte Scheer dem Tagesspiegel: „Die Stimmung ist klar dagegen.“

Am heutigen Montag könnte sich der Unions-Fraktionsvorstand bei seinem Treffen entschließen, dass man sich den Biosprit-Fans der SPD-Fraktion anschließt und damit gegen die Kanzlerin und ihren SPD-Umweltminister stellt. Ungewöhnliche Konstellationen.

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